Hier ist Österreich

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Ein Paar, das sich trennt, weil, kurz bevor die gemeinsame Tochter geboren wird, die Geister der Vergangenheit wieder zurückkehren, im Zentrum Steiner, der übermächtige Großvater, der einst mit der Familie aus den Karpathen nach Österreich floh: Das ist der neue Roman von Constantin Göttfert, der jetzt im Verlag C.H. Beck erschienen ist.

Im Erzählband In dieser Wildnis waren es noch kurze, brutale Geschichten, nicht selten mit tödlichem Ausgang; dann ging es mit dem ersten Roman nach Finnland, schwarze Katzen strichen umher und jede Menge Alkohol floss. Nach einer Zwischenstation in Detroit, wohin ein Roadtrip unter Brüdern führte, kehrt Constantin Göttfert nun nach Österreich zurück.

Es ist eine bedrückende Geschichte, die er hier erzählt: Über eine Familie, in der die Gewalt regiert, den Schulalltag, in dem Schüler ihre Lehrer terrorisieren und ein Land, in Furcht vor dem Fremden erstarrt.

Das Marchfeld blieb alles schuldig, dachte ich. Riesige Plakatwände flankierten immer noch die Bundesstraßen. Ein Parteichef im weißen Hemd stand mit verschränkten Armen vor einem herabgelassenen Schlagbaum. Hier ist Österreich, hieß dieser Blick, hier kommt keiner rein!

Dass Constantin Göttfert, der schon immer einen Blick für die düsteren Seiten der menschlichen Seele, schwierige Familienkonstellationen und das groteske Detail hatte, nun in seinem neuen Buch den ganz großen Bogen von der österreichischen Nachkriegsgeschichte bis heute schlägt, verwundert nicht. Steiners Geschichte ist kein Buch für schwache Nerven, aber eines, das sehr genau und unerbittlich entschlüsselt, wie die ungelösten Konflikte der Vergangenheit ein unbeschwertes Leben in der Gegenwart verhindern. Also tief Luft holen und loslesen!

Constantin Göttfert: Steiners Geschichte. C.H. Beck Verlag, 479 Seiten, 19,90 €