PROSANOVA 2020

Das Motto: Glätte & Reibung (Bild: Instagram)

Es ist wieder soweit und doch ist alles ganz anders: Prosanova, das Festival für junge Literatur, das alle drei Jahre von der Redaktion der Zeitschrift Bella Triste in Hildesheim ausgerichtet wird, findet dieses Jahr als reine Digital-Veranstaltung statt.

Grund ist natürlich die noch immer nicht überwundene Corona-Pandemie, die schon jetzt den gesamten Literaturbetrieb auf den Kopf gestellt hat: Buchläden waren geschlossen, Verlage verschieben ganze Programme auf den Herbst, Lesungen wandern ins Netz.

Für ein Festival, das das einzige seiner Art ist, wie sich Prosanova seit der Gründung 2005 versteht – in Anlehnung an Musikfestivals sollte die Lesung aus dem klassischen Wasserglasformat herausgeholt und völlig neue, kreative Formate, Literatur zu erleben, erdacht werden – besteht hier natürlich ein gewisser Erwartungsdruck: Kann die digitale Lesung, wie wir sie über Twitch-, Instagram- und Facebook-Streams qua Corona verinnerlicht haben, nun noch einmal revolutioniert werden?

In einem Beitrag für das Logbuch Suhrkamp beantwortet Clara Hegnon, eine der sechs Organisatorinnen von Prosanova, diese Frage ganz entspannt:

PROSANOVA 2020 ist anders, als es 2017 war und 2023 sein wird. Es ist keine Revolution des Literaturfestivals, so wie alle aus der Situation entwickelten Formate das physische Beisammensein und gemeinschaftliche Erleben von Kultur nicht ersetzen können. Ich bin gespannt, was sich aus der Corona-Zeit etablieren wird und welche Alternativen verebben. Vielleicht finden sich beim nächsten PROSANOVA Gedanken wieder, vielleicht ist drei Jahre später auch vieles schon selbstverständlich. Wir sind gespannt.

Und was das Programm, das dieses Mal unter dem Motto „Glätte & Reibung“ steht, inhaltlich hergibt, kann seit Montag dieser Woche auf der Festival-Webseite erkundet werden: Vom Empowerment-Workshop bis zur Instagram-Challenge #IdareyouPROSANOVA und mit Beteiligung von namhaften Autor*innen wie Jackie Thomae, Raphaela Edelbauer und Isabelle Lehn, Debütant*innen wie Ronya Othmann und Marius Goldhorn, Hildesheim-Alumni wie Benjamin Quaderer und Laura Naumann, und noch ganz unbekannten Namen wie Rosa Engelhardt, Jan Seibert und Kim de l’Horizon, den Gewinner*innen des deutsch-schweizerischen Lyrikwettbewerbs Textstreich.

Drei Programmpunkte klingen nach einer ersten Durchsicht besonders interessant:

  • Der „Confession Room“, für den sich jeweils zwei Autor*innen schon einen Monat vor Festivalbeginn zusammengetan haben und in einer multimedialen Korrespondenz „unliterarische sowie literarische Geständnisse teilen, bis der Beichtstuhl zerbricht“ (mit dabei: Helene Bukowski & Isabelle Lehn, Karen Köhler & Florian Kessler, Corinna T. Sievers & Judith Keller)
  • Das Format „Was bleibt“, in dem Özlem Özgül Dündar, Jennifer Sabel und Alexandru Bulucz die Texte der jung verstorbenen Schreibenden Julian Amankwaa, Semra Ertan, Thien Tran und Aglaja Veteranyi vorstellen
  • Schließlich „Übersetzen durch die Zeit“: Hier treffen Milena Adam, die Übersetzerin von Sandra Newmans ausuferndem Pandemie-Roman Ice Cream Star und der Mediävisten und Lyriker Tristan Marquardt aufeinander.

Dann bleibt nur noch zu hoffen, dass die Internetverbindung hält! Tickets gibt es ab 10 € – nach Wahl kann ein Festivalkit gebucht werden, das T-Shirt, Poster und diverse Goodies enthält.

PROSANOVA 2020. Festival für junge Literatur, von 11.-14. Juni, online unter www.prosanova.net

Voten für die HOTLIST

Bei PROSANOVA 2017 war sie eine der drei Kandidaten für den Ingebach-Borgmann-Preis der Literaturpreise: Die HOTLIST, die die besten Bücher aus unabhängigen Verlagen präsentiert, geht in eine neue Runde.

Auf der Wettbewerbsseite können ab sofort per Publikumsvoting aus dreißig Kandidaten drei bestimmt werden, die unter die besten zehn kommen sollen – die restlichen sieben werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt. Die spannendsten Kandidaten: Maren Kames mit Halb Taube Halb Pfau aus dem Secession Verlag, die bei Kookbooks erschienene Lyrik-Anthologie all dies hier, Majestät, ist deins, Brigitta Falkners lyrische Graphic Novel Strategien der Wirtsfindung, die vor kurzem bei Matthes & Seitz erschienen ist; unter den Newcomern dieses Mal: ars vivendi aus Cadolzburg mit dem letzten Band einer aufwändigen Neuübersetzung aller Shakespeare-Dramen und GolubBooks aus Karlsruhe mit Srdjan Srdićs aus dem Serbischen übersetzten Kurzgeschichtenband Espirando.

Das Besondere: Der Preis, gegründet von einer kleinen Gruppe von Independent-Verlegern im Jahr 2009 als Gegenveranstaltung zum Deutschen Buchpreis, dient als Aufmerksamkeits-Generator für unabhängige Verlage überhaupt. Deshalb sind auf der Webseite auch alle 184 Kandidaten zum diesjährigen Wettbewerb abrufbar, was einen schönen Katalog der aktuellen Buchproduktion jenseits der großen Konzerne ergibt.

Die Preisverleihung findet übrigens im Rahmen der Frankfurter Buchmesse am Messefreitag im Literaturhaus Frankfurt statt. Und wer die HOTLIST unterstützen will, kann hier Mitglied des Förderkreises werden.

Prosanova-Prequel 3: Literaturfetisch

prosanova

Am 29. Mai beginnt in Hildesheim zum vierten Mal das deutschlandweit größte Festival für junge Literatur: PROSANOVA 2014. Zur Einstimmung erscheinen an dieser Stelle in den kommenden Wochen, willkürlich, ungeordnet und streng subjektiv, Fundstücke und Eindrücke aus den vergangenen Jahren.

Wie man aus Literatur einen regelrechten Fetisch machen kann, hat die zum Prosanova-Festival 2011 erschienene 30. Ausgabe der BELLA triste gezeigt: Ein Zauberkasten, eine Wundertüte, groß wie eine Cornflakes-Packung, dem die Bezeichnung „Zeitschrift“ kaum noch gerecht wurde. Mit Fraktur von Judith Schalansky, Soundchip aus China und einem kleinen Beutel, in dem sich – übrigens nach drei Jahren kein bisschen gealtert – ein Stück Baumrinde versteckte. Die obligatorische Bildergalerie:

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BELLA triste – Zeitschrift für neue Literatur

Prosanova-Prequel 2: On Photography

prosanova

Am 29. Mai beginnt in Hildesheim zum vierten Mal das deutschlandweit größte Festival für junge Literatur: PROSANOVA 2014. Zur Einstimmung erscheinen an dieser Stelle in den kommenden Wochen, willkürlich, ungeordnet und streng subjektiv, Fundstücke und Eindrücke aus den vergangenen Jahren.

Juliane Henrich hat das Bild der jungen Gegenwartsliteratur entscheidend mitgeprägt: ihre Autorenfotos von Katharina Hartwell, Thomas Pletzinger, Kevin Vennemann und zahllosen anderen sind auf Buchumschlägen und in Zeitungsporträts verewigt, die jeder schon einmal in der Hand gehabt haben müsste. In den Jahren 2008 und 2011 war Juliane Henrich auch auf dem Prosanova-Festival in Hildesheim und hat festgehalten, was sie gesehen hat. Und das ist, gerade im Rückblick, großartig anzuschauen: Die Bilder von 2008, die mit ihrem leichten Gelbstich locker noch einmal zehn Jahre älter aussehen; wie ein blutjunger Finn-Ole Heinrich seinen Teller leerschaufelt, Mara Genschel über einen winzigen Lautsprecher aus ihrem Debüt Tonbrand Schlaf liest und Ann Cotten abenteuerlustig in die Ferne schaut; und auch die Wiese in der Mackensen-Kaserne 2011, die Schreibmaschinen und die Kühlschrankpoesie scheinen auf einmal ziemlich weit weg zu sein, aufgehoben in einem fernen, guten Traum.

Mehr Literaturfotografie auf Juliane Henrichs Portfolio-Seite litpic.net

Prosanova 2011
Prosanova 2011 © Juliane Henrich

Prosanova-Prequel 1: Behördengang mit Parschtschikow

prosanova

Am 29. Mai beginnt in Hildesheim zum vierten Mal das deutschlandweit größte Festival für junge Literatur: PROSANOVA 2014. Zur Einstimmung erscheinen an dieser Stelle in den kommenden Wochen, willkürlich, ungeordnet und streng subjektiv, Fundstücke und Eindrücke aus den vergangenen Jahren.

Der Prosanova-Freitag 2011, 12.30 Uhr. Noch etwas scheu und zaghaft versammeln sich Neugierige in dem einer Amtsstube nachempfundenen Wartesaal irgendwo auf dem Festivalgelände, es werden Nummern ausgegeben, eine strenge Dame im Kostüm bellt Ordnungsrufe und weist übereifrige Fotografen zurecht. Dann wird man (schnell, schnell, das ist hier schließlich kein Kaffekränzchen) mit vielleicht zehn anderen Personen in einen kahlen Raum mit Betonwänden bugsiert, mittendrin ein riesenhafter, geradezu ätzenden Gestank verströmender Ölkanister. Hendrik Jackson tritt an das Lesepult. Liest, erst in dröhnendem Russisch, dann auf deutsch aus Alexej Parschtschikows Erdöl-Gedichten. Und alles passt zusammen.

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Lesung via Soundcloud anhören – Dank an litradio!