Da es keine Liebe ist, wird alles sehr bemüht sein! Es wird ein einziger Krampf.
1993 Die Protagonistin, die nach eigenen Angaben viele Züge der Autorin trägt, wächst in der ehemaligen DDR auf und fühlt sich in der Pubertät zu dem rätselhaften Jan Pajak hingezogen, der auf einem angeblich verfluchten Anwesen, eben der Brandstatt, lebt und vormals, unausgesprochen, der Liebhaber der Mutter war. Neben Gesprächen über das Reparieren von Fahrrädern und Taschenuhren und einer sich entwickelnden Obsession für den rätselhaften Mann, folgt die Entjungferung der Erzählerin und das Verschwinden eines Mädchens aus dem Dorf, für das der nun geliebte Jan verantwortlich gemacht wird und dieser flieht. Schnitt.
2009 Annie ist aus dem Dorf nach Berlin und verliert sich in der Großstadt, wie die Autorin in ihrer Geschichte. Man sieht förmlich wie die Dörflerin sich staunend dem Kaff durch den Ortswechsel allein enthoben fühlt, die immer bei der Nennung jeder Berliner Heimstatt das Viertel angeben muss. Als sie zurück nach Hause kommt, trägt sie extra den Rollkoffer, weil ihre Absätze schon den städtischen Besuch ankündigen. Dass die Zeiten, in denen alles aus, an und um Berlin per definitionem angesagt und hipp sind, vorbei sind, scheint sich zu dem in der Stadt lebenden Dorfmädchen noch nicht rumgesprochen zu haben, dass man aus eigenen Neurosen durch einen Wohnortwechsel ausbrechen kann, ebenfalls nicht.
Statt Verliebtheit rumorte die Qual der Ungewissheit, ob nach dem letzten Fick jemals wieder ein Anruf folgen würde, der die erlösende Aussicht auf einen weiteren Coitus Infernale bot.
Dazu kommt die nun über den Leser hereinbrechende Obsession zu Leo, dem Weltmenschen und Intellektuellen, zu dem sich die kleine Bäuerin hingezogen fühlt. Wie Kaugummi zieht sich diese Abhängigkeit, die Beschreibung der Sex Szenen dagegen sind derartig gewollt, dass sie schlicht plump sind. Zeiten, in denen der Gebrauch der Wörter ficken und Schwanz ausreichte um zu schocken, amüsieren oder hinter dem Ofen vorzuholen, ja auch die sind, für Anousch Müller leider, vorbei.Stattdessen verliert sie sich in Belanglosigkeiten und dem Versuch modern zu schreiben, ihr Selbstmitleid langweilt. Nota bene: Jan taucht im Gewühl der Großstadt wieder auf und stellt das Leben von Annie auf den Kopf, aber das kann den Roman an dieser Stelle auch schon nicht mehr retten.
Die Zeit verstrich, zäh, dumpf, bleiern.
Und so geht auch die Lektüre voran. Die Geschichte bleibt belanglos, die Autorin zu bemüht, von angepriesener schöner, bildhafter Sprache ist außer der Beschreibung von Klischees nichts zu entdecken. Das Dorf scheint nicht nur im Kopf der Erzählerin, sondern auch der Autorin fest verankert zu sein. Lächerliches Namedropping (z.B. von Davidoff Cool Water!) runden den Erstlingsroman einer schwärmenden Fünftklässlerin ab. Ein belangloses Buch ohne Mehrwert!