Kategorie: Allgemein

Das Feuilleton lügt nicht!

Den im Feuilleton hochgelobten Pop-Künstlern sollte man mit Bedacht gegenübertreten. Jedes ihrer Wort wird so interpretiert, dass sie möglichst gut da stehen – sie können gar nichts falschen denken/sagen/tun, denn den intellektuellen Anspruch kann man bereits in minimalen Gesten erahnen. Ein solcher Liebling der Kulturteile ist Sophie Hunger. Die Tochter der Schweizer Großbürgerfamilie Welti (Papa Diplomat, Opa Reporter, Schauspieler, Autor etc. pp. und mit den beiden Albert Weltis verwandt) geistert seit 2008 als Geheimtipp und inzwischen als von höchsten Stellen anerkannter Popstar durch die Spalten. Damals habe ich in ihr künstlerisches Schaffen reingehört und war nur mittelmäßig begeistert: zu ätherisch, verwaschen. Da sie aber nicht wieder verschwunden ist, der Spiegel sie 2010 als “Pop-Hoffnung” feierte und jedes ihrer weiteren Alben gelobt wird, gab es Chance Nummer 2, jetzt eine richtige, mich zu bekehren.
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#echtebücher

BibliophilesManifest_thumb.jpgGanz harmlos habe ich gestern bei Twitter auf einen Tweet über eBooks geantwortet. Harmlos ist vielleicht das falsche Wort, denn ich habe plakativ und provokant die Daseinsberechtigung des eBooks angezweifelt. Ein Thema das mir schon länger unter den Nägeln brennt und natürlich weder in 140 Zeichen, noch ad hoc umfassend beantwortet werden kann. Über kurz oder lang werde ich in der bereits bestehenden Rubrik “Schöne Bücher” vielleicht den ein oder anderen Gedanken dazu zu niederschreiben. (Bereits der erste Punkt, der die eBook-Ablehnung unglaubwürdig macht, müsste ja eigentlich Bloggen sein, weil ziemlich digital und eBookmäßig). Weiterlesen

Paris – Ein Fest fürs Leben

07_11_Hemingway3.jpg.511539_thumb.jpgIn weniger als einem Monat fahre ich mit meiner Jungsclique nach Paris und habe mir als Vorbereitung nicht nur letzte Woche in Freiburg Reclams Kunstführer für Paris und Versailles gekauft und die üblichen Reiseführer zusammengeliehen, sondern heute auch noch Hemingways “Paris – Ein Fest fürs Leben erworben”.

Bin auf die Lektüre gespannt, weil ich bis jetzt nur einmal in Paris war damals auch nur im Schülerdurchgang durch die Stadt getrieben wurde. Erhoffe mir durch die direkte Lektüre der Sekundärliteratur die Entdeckung von Geheimtipps, falls aber einer meiner Leser einen solchen bereits parat hat, her damit, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich das Pensum bis dahin schaffe.

Warum wir in alten Büchern unsere Gegenwart neu erkennen

Ein sehr schöner Artikel im Literatur-Ressort der Zeit, der kurz und an Hand des Beispiels Effi Briests (bei mir noch auf dem Stapel) darstellt, warum Klassiker immer wieder und zu jeder Zeit gelesen und wiedergelesen werden können/sollen/müssen.

Und hier liegt der Zauber hermeneutischer Dialektik. Ein Roman aus der Vergangenheit macht die Differenz zur Gegenwart sichtbar und diese somit interpretierbar.

Also bitte diesen Artikel lesen!

Schneckenmühle von Jochen Schmidt

Zugegebenermaßen war mir Jochen Schmidt kein Begriff, aber es gibt Verlage, denen ich vertraue, von denen ich mich belehren lasse und gerne lerne. Der C.H.Beck Verlag feiert dieses Jahr nicht nur 250 Jahre seines Bestehens, sondern ist völlig zu Recht einer der deutschen Vorzeigeverlage und das nicht nur im Belletristik-Betrieb – im Gegenteil sind bei mir bisher vielmehr ihrer Sachbücher durch die Hände gegangen. Nun also das Werk dieses (mir) Unbekannten: Weiterlesen

Erich mit beiden Händen in der Wäsche

clapton-306-1359473322Die drei prägendsten Gitarristen der Rockmusik? Hendrix, Page und Clapton!
Letzterer geht wieder einmal auf Tour, die Tickets für seine Gastspiele in Hamburg und Köln habe ich mir bereits gesichert, nun auch das zu “betourende” Album: Old Sock. Ähnlich rätselhaft wie der Titel ist auch das Cover des Albums, das vielmehr an den Schnappschuss des 15-jährigen Jungen im Urlaub erinnert, als an die Verpackung eines ernstzunehmenden Tonträgers, fehlt nur noch die Grimasse oder die gespielte Coolness. Aber der Inhalt zählt ja..

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Wagner: Der Ring – Vierteilige Dokumentation

[Die Dokumentation ist hier abrufbar.]

Ich gebe zu mich in der Welt der Oper, trotz Musik-LK, trotz prinzipieller Offenheit, trotz durchaus vorhandener E-Musik-Begeisterung, nicht besonders gut auszukennen.
2013 ist aber Wagner-Jahr, der große Komponist wäre am 22.5. diesen Jahres 200 geworden; der Mann der nicht einfach gemocht oder nicht gemocht werden, sondern nur gehasst oder geliebt, ja vergöttert, werden kann. Eingestimmt habe ich mich bereits mit der Lektüre des Zeit Geschichte Hefts zu Wagner und bin gestern durch Zufall auf eine Dokumentation auf 3sat gestoßen, die wirklich eine richtig starke Einführung in die Welt des Rings bietet. Statt sich das monumentale Opus unkommentiert zu Gemüte zu führen, arbeiten Pianisten, Literaturwissenschaftlicher, Dirigenten, Autoren und Journalisten dieses häppchenweise auf: die zugrundeliegende Geschichte wird erzählt, Themen und Musik am Klavier vorgestellt und erläutert, Orchesterproben und letzlich verschiedene Inzinierungen gezeigt, sich alles chronologisch an der Geschichte entlanghangelnd.

Für Einsteiger, wie mich, genau die richtige Mischung; für Kenner und Liebhaber, sicher auch neues Hintergrundwissen und neue Bilder.

Der erste Teil zum Rheingold lief gestern auf 3sat um 20.15 Uhr und ist hier abrufbar: http://www.3sat.de/mediathek/index.php?display=1&mode=play&obj=35696
Der zweite Teil (Die Walküre) läuft nächsten Samstag dem 13. April ebenfalls um 20.15 Uhr auf 3sat
Teil drei (Siegfried) und vier (Götterdämmerung) die darauffolgenden Samstage (20./27.) gleiche Stelle, gleiche Welle.

[Der erste Teil ist leider nicht mehr abrufbar, dafür aber nun (noch) der zweite unter: http://www.3sat.de/mediathek/index.php?display=1&mode=play&obj=35686 schnell sehen bevor auch dieser verschwindet und am Samstag um 2015 die nächste Folge nicht verpassen!]

Urlaubsanschaffungen

Angetreten mit “Der Kartause von Parma” von Stendhal und “Der Wendepunkt” von Klaus Mann, bin ich mit einer Tasche voller Bücher aus meinem Osterurlaub in den Schwarzwald zurückgekehrt; vor lauter Aktivitäten habe ich es nicht mal geschafft den schon angebrochenen Stendhal zu beenden. Nach dem Auspacken stapeln sich bei mir jetzt folgende neue Bücher: Weiterlesen

Die schönste Buchhandlung Deutschlands

Die Negativschlagzeilen über Amazon, aber auch die Notwendigkeit seinen Wohnort als Wirtschaftsstandort zu unterstützen habe ich bereits ansatzweise in meinem Artikel Global denken, lokal kaufen verarbeitet, trotzdem bin ich weiterhin sprunghaft in meinem Kaufverhalten. Bin ich zwar standhaft geblieben keine Bücher mehr über Amazon zu bestellen, fehlt mir für das konsequente lokale Kaufen der Buchhändler, bei dem ich mich richtig wohl und aufgehoben fühle. In Münster gibt es zwar mit Poertgen-Herder einen sehr gut sortierten Buchhandel, der allerdings von Thalia geschluckt wurde und daher ein gewisses “Geschmäckle” hat, in den kleineren Buchhandlungen war mir z.T. der Service zu unfreundlich, die Auswahl nicht nach meinem Geschmack. In Dortmund, wo ich arbeite, kenne ich nur die Mayersche, die zwar die Fahne der Tradition sehr hochhängt, aber auch viel Nippes feilbietet und starke Großbuchhandlungsanwandlungen hat. In Bad Hersfeld ist die Stadt wohl leider zu klein und Amazon zu übermächtig, als dass sich eine Buchhandlungskultur abseits des Mainstreams halten könnte (die Hoehlsche schlägt sich zumindest tapfer).

Nun, im Osterurlaub im Schwarzwald, habe ich die Buchhandlung gefunden. Die Buchhandlung zum Wetzstein in Freiburg zeigt wie es gemacht wird! Eine Buchhandlung in der grundsätzlich (!) alle (!) Bände der Bibliothek Suhrkamp, Insel Bücherei, Manesse Bibliothek, auch in Leder, die Bibliothek Deutscher Klassiker, ebenso auch in Leder, und die Bände der Reihe Winkler Weltliteratur in Dünndruckausgaben vorgehalten werden und mir beim Betreten schon die gesamte Reihe der Hanser Klassiker-Neuübersetzungen anbietet, kann (bei mir) nur gewinnen. Dazu kommen einige wenige ausgewählte Weine und wunderschöne Skulpturen, die aber nicht, wie bei Thalia, ihren eigenen Wühltisch mit Handytaschen und Knetgummi teilen, sondern sich in den Regalen fast verstecken – das Buch bleibt immer im Vordergrund. Zu der erlesenen Auswahl aus dem Klassikerbestand kommen im vorderen Teil des Ladens ausgesuchte Neuerscheinungen; ausgewählte antiquarische Bücher muss man nicht erst aus einem Wust von Reiseführern der Ukraine von 1964, Salatkochbüchern der 50er und vergilbten Krimis suchen, sondern auch hier haben Herr Bader und sein Team bereits sortiert – jeder Griff ein Treffer.

Gerade diese Auswahl ist es, die eine solche Buchhandlung abhebt, denn man braucht eben nicht ein Angebot von allem, sondern man hat seinen Buchhändler der aus den Neuerscheinungen, Klassikern und antiquarischen Büchern bereits ausgewählt hat.

Weitere Vorzüge im Schnelldurchlauf: es gibt eigene Sondereditionen der Buchhandlung zum Wetzstein im Rahmen der 5plus Buchhandlungen, einer Empfehlungsgemeinschaft einer kleinen Gruppe von Buchhandlungen, viele aktuelle signierte Bücher (z.B. von Coetzee, Enzensberger, Nooteboom, Rushdie u.v.a.m.), einen regelmäßig erscheinenden Wetzsteinbrief mit Empfehlungen und Lesungen von Hochkarätern wie Bruno Ganz oder Cees Nooteboom.

Aber, und hier gebe ich zu, ohne zu übertreiben, hatte ich fast Tränen in den Augen, was in so mancher Vitrine in dieser “Buchhandlung” (ein Begriff, der spätestens jetzt nicht mehr passt) steht, liegt und hängt, lässt einem nicht nur das Herz höher schlagen, sondern jagt einem eine Gänsehaut über den Rücken: Briefe von Erika, Heinrich und Thomas Mann, eine Postkarte von Thomas Bernhard, ein Brief von Ingeborg Bachmann, Briefe von Heidegger und ein Brief von Friedrich dem Großen, um nur einige Highlights zu nennen; in weiteren Vitrinen eine Reihe von Erstausgaben Thomas Manns und Werkausgaben vieler weiterer großer deutschsprachiger Schriftsteller, bewacht von dem berühmten Goethebild von Joseph Karl Stieler und auch hier die Liste nicht annähernd abschließend.

Weiteres Highlight handgeschriebene Gedichte und Zitate großer deutscher Lyriker, die es käuflich als einzelne Bögen, aber auch in Mappen zu erwerben gibt; dieselbe wunderschöne Handschrift ziert auch die Preisschilder, die kleinen Informationen, die manchen Bücherstapel schmücken und die Kategoriewegweiser der Regale.

Zu guter Letzt ist das Team der Buchhandlung zum Wetzstein nicht nur freundlich und zuvorkommenden, sondern, wie man bereits an deren Vorauswahl sieht, äußerst kompetent und hilfsbereit. Bei meinen zwei Besuchen habe ich mich in einer Atmosphäre der Gleichgesinnten sehr wohl gefühlt und lägen nicht 543 km zwischen meinem Wohnort und meinem Bestimmungsort – ich käme täglich und sei es nur zum musealen Schauen und Verweilen.

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Ich danke Herrn Bader und seinem Team für die beiden freundlichen Gespräche und vor allem dafür, dass es einen solchen Laden in Deutschland noch gibt – möge er uns erhalten bleiben. Falls Nachwuchs gesucht wird, bin ich gerne zu einem Umzug nach Freiburg bereit!

Zum Nachruf auf Thomas Bader