Bereits die dritte Rezension zu einem Bruno Krimi von Martin Walker, es wird die dritte, die nicht so richtig wohlwollend, aber auch nicht niederschmetternd für den in Washington und im Périgord lebenden Schotten wird.
Für die tl;dr-Fraktion, ich bleibe meinem Urteil der letzten beiden Besprechungen treu:
Walker ist kein großer Stilist und die Reminiszenzen an die vorherigen Bücher und die Vorgeschichten der Personen sind, zum Teil etwas zu sehr mit dem Holzhammer eingefügt worden. Aber darum geht es bei einer solchen Lektüre auch nicht, sondern um leichte Unterhaltung im Sommer, die Lust auf den ersten/nächsten Urlaub im Perigord macht und einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.
[“Wasser im Mund zusammenlaufen lassen” das habe ich geschrieben? Ich bin wohl in die Plattitüden-Schreibschule bei Martin Walker gegangen!]
Ingesamt will Walker zu viel und kann zu wenig. Es drängt sich leider das Gefühl auf, dass er mit Voranschreiten der Reihe schriftstellerisch und stilistisch eher abbaut, denn dazulernt. So war schon Femme Fatale arg konstruiert, Reiner Wein fehlt dazu noch die Spannung. Wenn man aber, so wie ich, mit niedrigen Erwartungen an die literarischen Qualitäten diese Bücher liest und nur auf leichte (diesmal fast seichte) Unterhaltung aus ist, wird man nicht enttäuscht.
Die Notizen, die ich mir während der Lektüre gemacht habe, enthalten wieder Hinweise auf alle Fehler, die Walker schon in den letzten Bänden gemacht hat. Bereits nach den ersten Seiten möchte man dem Autor zurufen sich nicht wieder zu viele zu heiße Themen auf einmal vorzunehmen: Islamismus, Dschihad und Anschläge in Europa – brandheiß! – zusammen einem Erzählstrang um die Judenverfolgung im zweiten Weltkrieg in Frankreich – in der Kombination kaum zu händeln – und dann auch noch sexuelle Belästigung von Professoren an Universitäten, das ist doch mindestens ein Sujet zu viel! Und natürlich kann der Autor diesen Themen nicht in Gänze gerecht werden, die Auflösung um den übergriffigen Dozenten wird im Schnelldurchlauf abgehandelt und ebenso selbstverständlich lösen sich alle Probleme der Personen, der Region, ja des ganzen Landes zum Ende hin in Luft auf. Es fehlt insgesamt einfach an Struktur.
Der Stil Walkers macht aus diesem Buch dazu ein ziemlich schlechtes: er reiht Gemeinplatz an Gemeinplatz, wiederholt unablässig vor zwei Seiten Gesagtes und die Geschichte der Vorgängerbände. Wer seine fünf Sinne beisammen hat und auf Seite 300 noch nicht begriffen hat, dass Bruno Soldat war, kann wahrscheinlich gar nicht lesen (ACHTUNG: Dieses Buch enthält keine Bilder [außer auf Vorder- und Rückseite]!) Dazu kommt eine gewisse Vorhersehbarkeit auch für den ungeübten Krimileser, die nicht nur die Story an sich betrifft, sondern auch Details; ein Kampfmesser wird erwähnt [ohoh, denkt sich der Dorfpolizist, der doch aber Soldat war (!), hoffentlich muss ich das nicht einsetzen, könnte er ja aber, weil er ja Soldat war (!!)] klar, dass das nochmal irgendwie verwendet wird [aber nicht im Nahkampf, was für Bruno, der Soldat im Bosnienkrieg war, aber kein Problem gewesen wäre].
Dabei sehe ich Walker förmlich vor mir: Der Mann liebt Frankreich und erarbeitet sich immer wieder historische Themen des Landes. So hatten wir natürlich schon den Algerienkrieg, Resistance, das Vichyregime (kam nicht auch der Krieg in Indochina irgendwie mal vor?) diese Themen kombiniert er mit Tagesaktuellem (Homoehe in Frankreich, die Gefahr von islamistischen Anschlägen) und pfeffert dazu noch weitere landestypische Dinge mit rein (Trüffel, Wein, Käse), die wahlweise in Gefahr sind oder zur Mordwaffe werden. Der Frankreichliebhaber, der Gourmet und Schwärmer wird es ihm verzeihen, der Liebhaber von guter Literatur nicht.
So und jetzt bitte sehr, möge man mir verraten warum ich auch den siebten Band dieser Reihe gelesen habe und den achten lesen werde! Irgendwas muss es ja haben. Ist es nur der Soap-Opera-Trick, möchte man immer nur wissen wie es mit den überzeichneten Figuren weitergeht? Normalerweise würde ich laut wehklagen und ein Schreibverbot für Martin Walker fordern, aber bitte Kerl schreib weiter (lass Dir vielleicht ein bisschen was bei Stil und Konstruktion helfen, nimm ein bisschen den Fuß vom Gemeinplätze-Gas und wiederhole Dich nicht ständig), ich bleib Dir treu – warum auch immer!