Als Liebhaber moderner amerikanischer Literatur, der Autoren wie Philip Roth, Jonathan Franzen, John Updike, Richard Ford, Cormac McCarthy, T.C. Boyle und manch anderen schätzt, bin ich immer begeistert, wenn ich einen Schriftsteller entdecke, den ich noch nicht kannte und den ich nach dem Lesen in einem Atemzug mit den Aufgezählten nennen möchte. Steve Tesich ist so ein Autor. In Jugoslawien geboren, aber bereits mit vierzehn Jahren in die USA gekommen, verstarb er leider mit 53 Jahren sehr früh. Tesich war Literaturwissenschaftler und verfasste Stücke und vor allem Drehbücher. Lediglich zwei Romane bleiben dem Leser, davon der hier vorliegende posthum veröffentlicht. Diese beiden aber - der zweite ist "Ein letzter Sommer" - gehören in die erste Reihe zeitgenössischer US-amerikanischer Literatur.
Der Protagonist Saul Karoo, den man laut Umschlag kennen lernt und so schnell nicht mehr vergessen wird, ist Drehbuchautor wie Tesich auch. Allerdings einer, der keine eigenen Drehbücher verfasst, sondern mehr oder weniger missglückte Werke rettet. Ein "Skriptflicker", wie er sich selbst nennt. Karoo ist Anfang fünfzig, getrennt lebend von seiner Frau, reich, dicker werdend und kann keine allzu große Nähe zu anderen Menschen ertragen, auch nicht zu seinem Adoptivsohn. Die ersten vier Kapitel sind aus der Sicht von Saul Karoo geschrieben, also in der Ich-Form, das fünfte Kapitel dann aus der Sicht eines allwissenden Erzählers. Und so erlaubt uns der Großteil des Romans einen Blick in das Innenleben eines erfolgreichen Gescheiterten, der selbst auf die größte Katastrophe in seinem Leben hinarbeitet, in dem er eine Art Biographieflicker" wird oder werden möchte. Nur ist das Leben eben kein Drehbuch und so misslingt seine Absicht auf ganzer Linie.
In einer von vielen Restaurantszenen, in der er sich in diesem Fall mit seiner Noch-Ehefrau zum Essen trifft, in der mal wieder nicht verwirklichten Absicht, auf eine Scheidung hinzuarbeiten, entwickelt sich einer der großartigen Dialoge (vielleicht können amerikanische Drehbuchautoren noch bessere Dialoge schreiben als amerikanische Romanautoren), die das Buch unter anderem prägen. In dessen Verlauf brüllt der einen Betrunkenen mimende Saul Karoo, dass bestimmt sogar einer wie er es verdient, in seinem Leben ein wenig glücklich zu sein. Worauf Dianah sagt: "Nein, nicht jeder." In diesem Dialogausschnitt steckt so etwas wie der rote Faden der gesamten Handlung. Saul Karoo kann nicht glücklich werden, egal was er macht. Und gerade weil er macht.
Abgesehen von der bedauerlichen Tatsache, dass ich mit diesem Roman das Prosawerk von Steve Tesich nun schon zur Gänze kenne, genoss ich "Abspann" noch mehr als "Ein letzter Sommer". Tiefsinnig, humorvoll, tragisch, lebensklug. All das ist dieser Roman. Saul Karoo werde ich jedenfalls so schnell nicht vergessen. Und Steve Tesich auch nicht. Überzeugte fünf Sterne. Mehr geht ja nicht.
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