“scheisse alles scheisse hass” – so knapp kann Claudia Starik sich ausdruecken. Ausserdem schreibt sie alles klein, beachtet die neue Rechtschreibung nicht, erfindet ungehemmt Neologismen und bricht Saetze gern mitten im Entstehen ab: “kommt mir, wie meistens, zu gleichen teilen einleuchtend und ueberkompliziert vor, irgendwie ausgedacht, aber ich sags nicht, sonst faengt er wieder mit seiner dialektik an, die ich auch nicht versteh”. Klingt nach Alltag und irgendwie auch nicht. Diese Claudia Starik ist uebrigens keine neue Bloggerin, die live aus ihrer verrueckten Welt berichtet, sondern die Ich-Erzaehlerin in Dietmar Daths neuem Roman.
In >Waffenwetter< unternimmt die Neunzehnjaehrige zusammen mit ihrem Grossvater eine abenteuerliche Reise ans Ende der Welt – nach Alaska. Dort wollen die beiden das mysterioese HAARP-Projekt des US-Militaers unter die Lupe nehmen. Claudia glaubt zwar den Verschwoerungstheorien der Spinner
nicht so richtig aber sie ist halt neugierig. Der Text dieser Reise: skizzenhafte Eintraege mit staendigen Gedan- kenspruengen wie beim Zappen durchs Fernsehen. Vor dem naechsten Abschnitt brechen die Saetze unvermittelt ab. Kommunistensprech findet seinen Platz genauso wie Versatz- stuecke des American English und physikalische Fachbegriffe.
Denkt, redet und schreibt so wirklich jemand der 19 ist? Nee. Aber darum gehts auch nicht. Selbst wenn Claudias Sprache vertraut scheint – man meint sie aus Foren, Weblogs, Emails und SMS zu kennen – ist sie weit entfernt von jedem Netzjargon, eher eine Literarisierung desselben. Claudia kann kritzelkronengipfel
mit supergirlscheinwerferaugen
sehen und ihr Auto steht in flockigzerrissenem feuer
. Der Autor selbst bringt ein, dass diese Sprache >nicht nachahmt, wie Claudia Starik denkt, wie sie redet oder schreibt (
), sondern wie sie ist.< Davon ergibt sich auf den 288 Seiten des Romans ein sehr organisches und zugleich sehr artifizielles Bild.
12 Kommentare zu
@samson: ich borg dir das buch ja gern aus!
Kommst du bei mir vorbei oder darf ich es mir abholen?
@sebastian: puh, jetzt hab ich schon ärger zuhause, weil das buch nicht meines ist, sondern der redaktion gehört ^^ Panik!
Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt!
wir freuen uns, dass du immer noch so interessante Rezensionen verfasst! Wir erinnern uns gern an die Rezensionen, die du in der Schülerzeitung der Gesamtschule P. veröffentlicht hast. Bitte mach weiter so!
Viele Grüße
Frau Wulff und Herr Lewerenz
im übrigen finde ich das nachwort des autors ist nicht überzubewerten bzw. generell: als leser steht man im dialog mit dem text, was der autor zu "seinem" text sagen hat, ist ein weiterer text, zu dem ich mich in ein dialogisches verhältnis begebe und kein autoritiver schlüssel für meinen dialog als leser; eher noch eine zusätzliche verschlüsselung des ganzen...