Video_Seraphim Falls

Die Rache ist mein

Liam Neeson jagt Pierce Brosnan in David Von Anckens Neowestern - einer auf das bloße erzählerische Basisfundament heruntergebrochenen, bitteren Rächerfabel.    12.12.2007

Drei Jahre nach dem offiziellen Ende des amerikanischen Sezessionskriegs trägt der ehemalige Südstaatenoffizier Carver (Liam Neeson) mit seinem Yankee-Gegenstück Gideon (Pierce Brosnan) eine sehr persönliche Schlacht aus: Der Nordstaatler ist zumindest indirekt für die Auslöschung von Carvers Familie verantwortlich - und das macht den Ex-Rebellen-Colonel verständlicherweise ziemlich wütend. Carver, der von vier Kopfgeldjägern unterstützt wird, hetzt Gideon erbarmungslos. Der schafft es jedoch immer wieder, seinen Häschern durch die Finger zu schlüpfen, und erweist sich als gewiefter Guerillakämpfer, der seine Verfolger gezielt dezimiert. So läuft die anfängliche Treibjagd auf einen mörderischen Zweikampf der beiden Erzfeinde hinaus.

In "Seraphim Falls" verschlägt es die beiden Hauptdarsteller Pierce Brosnan und Liam Neeson in ein wunderschön photographiertes Wildwest-Panorama. Der Tradition klassisch romantisierender US-Western fühlt sich Regisseur Von Ancken allerdings nicht verpflichtet, verpaßt er seinem Rachedrama doch eine unübersehbar parabelhafte Färbung.

Der blanke Haß treibt Carver, der nichts unversucht läßt, Intimfeind Gideon bluten zu lassen. In der Rolle des auf Rache sinnenden Witwers agiert Neeson mit seiner in zahlreichen Glanzrollen perfektionierten, typischen Mischung aus Autorität, Prinzipientreue und Willensstärke. Doch auch die treffende Darbietung des Charaktermimen vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, daß seine Figur keinerlei Entwicklungsprozeß durchläuft. Ähnlich verhält es sich mit seiner Nemesis, dem verwilderten Gideon, der ebenfalls einem simplen Muster entsprechend handelt: Er ist sich seiner Schuld zwar durchaus bewußt, leidet körperlich und seelisch, entzieht sich jedoch der Auseinandersetzung mit seinem Verfolger und will Krieg, Carver und die Geister der umgekommenen Familie hinter sich lassen.

 

"Seraphim Falls" reduziert sich auf das alles entscheidende Duell der beiden ewigen Kontrahenten, die durch die Tragödie um den Feuertod der Carvers in einer perfiden Schicksalsfügung zusammengeschweißt und voneinander abhängig wurden. Daher ist der Film nur noch als Parabel einigermaßen funktionstauglich. Für Carver und Gideon bildet die Bilderbuchszenerie dabei ein gemeinsam zu durchschreitendes Fegefeuer. Die wenigen Präriebewohner, denen sie dabei begegnen (vor allem Farmer, Pilger oder Bahnarbeiter), wirken fassadenhaft.

Keine der Nebenfiguren interveniert auf den ersten Blick ernstlich - und wenn doch, so dient die vermeintliche Einmischung vor allem dazu, die Feinde ihrem letzten Duell näherzubringen. So stellt beispielsweise ein mysteriöser Indianer das Gleichgewicht der Kräfte wieder her, indem er dem dürstenden Yankee Wasser verkauft und dafür eines von dessen Pferden einfordert. Wenig später wird der ebenfalls merklich entkräftete Carver gutes Geld für eben jenen Gaul bezahlen und so wieder die Verfolgung aufnehmen können. Anjelica Huston als diabolische Deus-ex-machina-Figur setzt diesem Prinzip in der Endphase des Films schließlich die Krone auf.

Dietmar Wohlfart

Seraphim Falls

ØØØ

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Highlight Video (USA 2006)

DVD Region 2
108 Min., dt. Fassung oder engl. OF

Regie: David Von Ancken

Darsteller: Pierce Brosnan, Liam Neeson, Anjelica Huston u. a.

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