Vanitas - Lichtgestalten
ØØØØ
CCP Records
(Ö/7. 6. 204)
Tiefsinnig und vielschichtig: nicht nur die Musik, auch Texte und Artwork zählen. Wie diese heilige Dreifaltigkeit funktioniert, zeigt wieder einmal eine österreichische Band. 02.10.2004
Vanitas sind ohne Zweifel eine bemerkenswerte Band. Sie benötigen keine musikalischen Extravaganzen, um eigenständig zu klingen; ihr Metal braucht nicht schleppend zu sein, um Gothic-Fans zu gefallen; und Gitarrist/Frontman Andreas Schärfinger muß mit seiner Stimme keine galaktischen Oktavenbreiten überbrücken können, da er mit seinen gruntigen Vocals ebensoviel Emotion in die Songs bringt wie ausgebildete Sänger. Den besten Beweis liefert er auf "Tausende Quadrate", wenn er "ich war nie so glücklich" dahergrunzt und man ihm das voll und ganz abnimmt. Natürlich ist das Tüpfelchen auf dem i Sängerin Maria Dorn, die auf dem neuen Album mehr Variationen aus ihrer Stimme herausholt und den idealen Konterpart zum markant-männlichen Organ von Andreas darstellt.
"Lichtgestalten" ist ihr dritter Longplayer. Und er überrascht. War das Vorgängeralbum "Schatten einer Existenz" eher sanft, extrem melodiös und räumte klassischen Parts höheren Spielraum ein, so scheinen sich Vanitas nun von allem Beiwerk befreit zu haben. Sicher spielen noch Keyboards eine Rolle, manchmal sogar eine tragende, doch die Konzentration liegt nun auf den rauhen Riffs, und die Eingängigkeit vermitteln wiederkehrende, einfache Gitarrenakkorde. Das könnte vielleicht jene Leute mit Weltschmerz in der Brust abschrecken, aber dadurch wurde das Hauptaugenmerk aufs Songwriting noch mehr gesteigert. Außerdem bleiben Gothic-Fans die elektronischen Passagen in den Songs, Marias Gesang und - was viel wichtiger ist, auch für Liebhaber intelligenter Lyrik - die Texte. Vanitas präsentieren Goth-Themen in modernem Gewand: Wiederholungen und endloses Sterben aus cineastischer Sicht bietet der Opener "Endlosschleife"; die uniformierte Massengesellschaft wird in "Lebenslauf" auf erfrischend moderne Weise aus der Sicht eines Außenseiters beschrieben; die ureigensten Lebenswünsche schildern "Tausende Quadrate" in abstrakter Form; die "Sammelleidenschaft" beginnt aus der Sicht eines Opfers unter einem Schauglas, das gefangen wurde von einem nach Liebe Suchenden und durch die Einsamkeit krank Gewordenen, der natürlich durch sein Sammeln Leiden schafft.
In den Texten von Andreas Schärfinger gibt es überall Doppeldeutigkeiten, seien es die beschriebenen Schreie in "Re:inkarnation", die vor Schmerz oder Glück ausgestoßen sein könnten. Der Respekt vor Geboten wird in "Missverstanden" behandelt, das trotzdem in den Wunsch mündet, frei von Zwängen zu sein und auch Sünden begehen zu können.
Komplettiert wird die heilige Dreifaltigkeit von Vanitas durch Gerhard Simaders Artwork. So wie die Band mit verschiedenen Bedeutungen jongliert, schafft er es, düstere und Goth-Themen mit der Moderne zu verbinden. Das beginnt mit dem Cover, das eine Glühbirne zeigt, in der ein Mensch statt den Drähten steckt und für Licht sorgt; und es geht weiter mit einer Filmrolle, die einen zum Schrei geöffneten Mund zeigt - bis hin zu dem engelhaften Mädchen, das mit seiner Hand zwei blutige Striche auf kalten, weißen Fliesen zieht.
Wer also gern genauer hinhört, wird in der Musik viel Variationsreichtum finden. Wer auf intelligente Texte steht, kommt an Vanitas sowieso nicht vorbei. Und wer auch noch etwas fürs Auge haben möchte, der ... Machen wir es kurz: Vanitas ist wieder einmal ein ungewöhnliches Album gelungen. Es ist Gothic, ohne wirklich viele Goth-Elemente zu haben, es ist metallen, es ist kalt und warm gleichzeitig. Und es begeistert, wenn man ihm eine Chance gibt.
Vanitas - Lichtgestalten
ØØØØ
CCP Records
(Ö/7. 6. 204)
Die einstigen Crossover-Helden aus Braunschweig zeigen, daß sie auch musikalisch noch am Leben sind und retten sich damit vor der Bedeutungslosigkeit.
Im Jahr 2000 wurden sie gefeiert. Dann lösten sie sich einfach auf. Oder machten eine Zwangspause. Und jetzt sind sie wieder da.
Powermetal mit Humor gibt es nicht? Dann sollten Sie in die vorliegende Platte reinhören. Die kann es noch dazu mit fast jedem Klassiker des Genres aufnehmen.
Der Mensch wird zum Tier. Denn Urgewalten rasen aus den Lautsprechern, wenn im Laufwerk die neueste Scheibe der Ungarn rotiert.
Kann das denn sein, find ich den Reim nicht? Was ist bloß los, ich bin doch famos, nicht? Denn ich mach HipHop und bin immer top. Oder?
Viele Bands erleben mit neuen Musikern ihren zweiten Frühling. Leider scheint in Wales immer noch tiefster Winter zu herrschen.
Kommentare_