Games_The Warriors

Straßenkrieger

"Könnt ihr zählen? Wir sind 100.000 Bandenmitglieder, und uns stehen nur 20.000 Polizisten gegenüber. Diese Stadt gehört uns. Ich frage euch: Könnt ihr zählen?"    01.12.2005

"Nur 48 Stunden", "Straßen in Flammen", "Red Heat" und "Johnny Handsome" - das sind nur einige der großartigen Filme des Action-Regisseurs Walter Hill. Sein 70er-Jahre-Kultstreifen "The Warriors" ist daneben leider ziemlich in Vergessenheit geraten. Das ist durchaus verständlich, da dieses Stück Zelluloidgeschichte über heimische Leinwände flimmerte, als ein Großteil der EVOLVER-Leser- und Autorenschaft noch das kleine Einmaleins lernte. (Der Herausgeber hat den Film damals im Kino gesehen, weil er notorisch den Nachmittags-Turnunterricht schwänzte - und es war gut so. Anm. des Hrsg.)

Damals war der Streifen ein Hit - vor allem, weil die wohlmeinenden Jugendschützer unter den Kritikern ihn recht aufgeregt verrissen: Hill, so schrieben sie, stifte die Jugend zum gewalttätigen Unfug an. In Wahrheit zeigte der Regisseur eine Seite der Bandenkriminalität, die keineswegs nur das Böse-dumme-Jungs-Klischee bediente. Er schafft es in seinem Film vielmehr, das Publikum auf die Seite der Außenseiter zu ziehen und sie dem Zuschauer als junge Menschen darzustellen, die durchaus profunde Einsichten zu Themen wie Freundschaft und Loyalität haben.

Jahre später nahm sich auch Francis Ford Coppola in "The Outsiders" dieses Themas an und verbuchte einen großen Erfolg, da er im Gegensatz zum Vorbild nur weiße Darsteller hatte (Hill wollte seine Warriors ausschließlich mit Schwarzen besetzen, doch da hatte die Produktionsfirma Paramount etwas dagegen) und seine Geschichte mit viel Schmalz servierte.

Es verwundert kaum, daß Tony Scott ("True Romance") gerade ein Remake von "The Warriors" dreht, das nächstes Jahr in die Kinos kommen soll. Zuvor bringen die Entwickler von Rockstar, die laut eigener Aussage selbst große Fans des Films sind, allerdings noch alten und neuen Straßenkriegern die Geschichte der jungen Wilden in Spielform näher.

 

Spiel und Film erzählen die Geschichte vom Schicksal der New Yorker Straßenbande The Warriors. Ihr Revier ist das Coney Island der späten 70er Jahre. Hier sind sie zu Hause, hier regieren sie. Doch im Untergrund der Millionenmetropole wütet ein erbitterter Kampf zwischen den Gangs. Es geht um Macht, Einfluß und Kontrolle - und in einer Nacht soll das alles entschieden werden.

Cyrus, Anführer der größten Gang von New York, plädiert bei einem Treffen im Central Park offen für den Waffenstillstand zwischen den rivalisierenden Banden, fällt aber kurz danach einem Attentat zum Opfer. Als die Warriors fälschlicherweise für den Mord verantwortlich gemacht werden, beginnt eine Jagd, wie sie sie noch erlebt haben. Die Mitglieder der Gang kämpfen ums nackte Überleben und müssen sich innerhalb einer Nacht ihren Weg durch fremde Territorien zurück ins eigene Revier bahnen, ehe sie der blinden Aggression der rachedurstigen Konkurrenz-Gangs zum Opfer fallen.

Die enge Zusammenarbeit mit Paramount ermöglichte es Rockstar, die ersten fünf Minuten des Films eins zu eins zu übernehmen und zu animieren. Daher ist das Intro des Spiels identisch mit dem Beginn des Kinovorbilds, was sehr zur Stimmung beiträgt. Auch den hervorragenden, leicht psychedelisch angehauchten Soundtrack von Barry de Vorzon durften sich die Entwickler übrigens ausleihen.

Nach dem Intro beginnt der Spieler jedoch 90 Tage vor der denkwürdigen Nacht und bekommt im Laufe des ersten Drittels die Hintergründe vermittelt, die das Treffen überhaupt erst möglich machten. Bonusmissionen gewähren darüber hinaus Einblicke in die Entstehungsgeschichte der härtesten Gang New Yorks, ihre Gründung und die Geschichte der ersten Mitglieder. Nebenbei gilt es das Leben eines Bandenbuben richtig auszukosten: Das Territorium muß verteidigt, Geld beschafft und generell Chaos gestiftet werden, wobei die Handlungsfreiheit in dieser Beziehung nicht linear ausgefallen ist und man die Stadt beziehungsweise einzelne Gebiete vollkommen frei erkunden darf.

 

Ab dem Tod von Cyrus ändert sich der Aufbau des Spiels allerdings merklich: Die Handlungsfreiheit wird deutlich beschnitten, und man muß die im ersten Drittel erlernten Fähigkeiten sinnvoll einsetzen, um den weiten Weg durch den gefährlichen Großstadtdschungel zurück nach Coney Island unbeschadet zu überstehen. Ab jetzt ist nicht nur Muskelkraft, sondern auch Taktik gefragt. Wer wilde Schlägereien anfängt, sieht sich bald einer schieren Übermacht feindlicher Gangs gegenüber. Am besten ist es, dem Feind vollkommen aus dem Weg zu gehen; wenn das nicht funktioniert, muß der Gegner eben ausgeschaltet werden, bevor er Alarm schlagen kann.

Die Protagonisten sind ihren realen Vorbildern wie aus dem Gesicht geschnitten - so mancher wird die Schauspieler dahinter erkennen, wobei James Remar wohl der bekannteste ist. Die Steuerung der jungen Helden der Nacht geht wunderbar einfach von der Hand, und den Konsolen ist Slowdown, selbst wenn es von Gang-Mitgliedern nur so wimmelt, ein absolutes Fremdwort. Graphik und Sound können nur als Rockstar-typisch, nämlich exzellent, bezeichnet werden. Somit liefert die GTA-Spielefirma wieder einmal einen Titel ab, der sich aus der Masse hervorhebt und über allen anderen thront. Ein absoluter Pflichtkauf.

Dragan Andjelkovic

The Warriors

ØØØØØ


(Rockstar/Take2)

Erhältlich für: PS2 & Xbox

 

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