Kino_Alamo Drafthouse - Summer of 1982

Class of Eighty-Two

Das texanische "Alamo Drafthouse Cinema" erinnert dieser Tage an den US-Kinosommer des Jahres 1982. Es ist die Würdigung einer bemerkenswerten Intensivphase des phantastischen Kinos der 80er Jahre, der sich Dietmar Wohlfart gerne anschließt.    30.04.2012

Vor 30 Jahren waren Steven Spielberg und George Lucas dabei, der Post-New Hollyood-Ära ihren unauslöschlichen Stempel aufzudrücken: Wunderkind Spielberg hatte innerhalb von gerade einmal sechs Jahren mit "Der Weiße Hai" (1975), "Unheimliche Begegnung mit der dritten Art" (1977) und "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981) gleich drei amerikanische Klassiker geschaffen, die sich gleichermaßen als langlebige Kulturphänomene und Gelddruckmaschinen etablierten.

 

George Lucas war 1977 seinerseits mit "Krieg der Sterne" über die Ruinen der New Hollywood-Epoche hinweggefegt. Mit Lucas auf dem Produzentenstuhl fügte Veteran Irvin Kershner dem bunten Weltraummärchen drei Jahre später eine unwiderstehliche, düstere Deluxe-Fortsetzung ("Das Imperium schlägt zurück") hinzu.

Als Gemeinschaftsprojekt gestalteten Spielberg (Regie) und Lucas (Story, Produktion) schließlich den Haudraufarchäologen "Indiana Jones", der nach seinem grandiosen Einstand den "Tempel des Todes" (1984) aufsuchen und einst noch in den "Letzten Kreuzzug" (1989) ziehen sollte.

 

Aufstieg des Phantastischen

 

Nischengenres feierten - beeinflußt durch den Erfolg der beiden Jungvisionäre - ein Monster-Revival, während das neu geschaffene effektschmiedende Kreativzentrum "Industrial Light & Magic" (ILM) auf Hochtouren lief und die Revolution der digitalen Trickkünste forcierte.

Von der Spielberg-Lucas-Connection mit auf den Weg gebrachte Entwicklungen - die Jahre später mit inflationärem Ideenrecycling, Sequel-Orgien, Vermarktungsexzessen und einem allgemeinen Special Effect-Overkill bizarre Ausmaße annehmen sollten - begünstigten die Entstehung einiger Standardwerke des zu jener Zeit unterentwickelten Science Fiction- und Fantasyfilms.

Im Kielwasser des "Star Wars"-Erfolgs erfüllte sich so das Schicksal unzähliger Trekkies, deren kultige Lieblingsserie es 1979 im Feature Film-Format doch noch auf die Leinwand schaffte, wenngleich das Endergebnis der galaktischen Erwartungshaltung kaum gerecht werden konnte. Auch das Konzept der Comic-Helden-Adaption setzte sich langsam durch: So folgte der überambitionierten englischen Großproduktion "Superman" (1978) ein überlegener Nachfolger ("Supermann II - Allein gegen alle").

Zum Ende des Jahrzehnts hin, schlug dann Tim Burtons "Batman" (1989), getragen von einer gewaltigen Marketingwelle, ein. Zuvor betrat schon ein Comic-Heroe gänzlich anderen Schlages die Bühne: "Conan der Barbar" versetzte der Karriere Arnold Schwarzeneggers einen Schub und trieb den hollywoodschen Domestizierungsprozeß der bunten Sprechblasenhelden weiter voran.

 

Meilensteine der Tricktechnik

 

Um den Vertretern des Phantastischen Films und ihren Artverwandten ein ansprechendes und innerhalb der Grenzen des Genres glaubhaftes Erscheinungsbild zu verleihen, mußte erst noch das nötige Rüstzeug erfunden werden. Die ILM-Mannen leisteten in dieser Hinsicht ganze Arbeit: "Krieg der Sterne" markierte den Beginn ihrer Führungsrolle in der Welt der Spezialeffekte mit einem Paukenschlag.

Zwanzig Jahre lang dominierten die Lucas-Leute fortan ihre Branche, perfektionierten althergebrachte Techniken und schufen gleichermaßen neue, wobei der Vorstoß in den Bereich der computergenerierten Effekte diesbezüglich die nachhaltigsten Verwerfungen mit sich bringen sollte. Der sogenannte "Genesis-Effekt" aus "Der Zorn des Khan" (1982) setzte einen Markstein der Computeranimation: Erstmals versetzte eine längere storyrelevante, komplett aus dem Rechner stammende Sequenz das Kinopublikum in Staunen.

CGI ("Computer-Generated Imaginery") avancierte zum geflügelten Begriff. Noch heute wird der Technik-Term gerne mit der seinerzeit geleisteten Pionierarbeit aus dem Hause Lucasfilm in Verbindung gebracht. Dieser Tage läßt der anhaltende Niedergang des Genres die frühen Erfolge von Spielberg, Lucas, Scott oder Zemeckis freilich noch heller erstrahlen, während unregelmäßig vom Stapel laufende, seelenlose Big Budget-Monstrositäten reihenweise im hanebüchenen Effektbombast ihrer eigenen Inszenierung implodieren.

 

That old feeling

 

Es sind ikonische Bilder, die unweigerlich einen nostalgischen Schauer der Emotionen auslösen: Der in luftigen Höhen im Mondschein entlangradelnde Elliott; Captain Kirks dramatisches Versteckspiel im purpurnen Mutara-Nebel; Kevin Flynns Überlebenskampf auf dem digitalen Spielraster. Doch bei aller Kunstfertigkeit der dafür verantwortlichen Modellbauer, Animationsexperten und Matte-Painter beruht die zeitlose Großartigkeit dieser Werke doch vor allem auf dem Wirken der verantwortlichen Regisseure und Drehbuchautoren, die vor 30 Jahren einen Höhepunkt ihrer Schaffenskraft erreichten und die Filmwelt mit Glanzstücken aus der Welt des Popcornkinos reich beschenkten.

Längst zum Schmähwort verkommen, stand der Begriff "Blockbuster" seinerzeit für aufregendes Eventkino und träumerischen Eskapismus. Die verantwortlichen Protagonisten von einst leuchten noch heute - mit unterschiedlicher Strahlkraft - als Fixsterne am Firmament Hollywoods; wenngleich im Falle des unverbesserlich technikbesessenen George Lucas die Analogie mit einem - vom üppigen Effektbudget bis zum Ticketpreis des gestraften Kinogängers - allesverschlingenden Schwarzen Loch ebenso ihre Berechtigung hat.

 

Eine texanische Programmkinokette ehrt nun in ihrer Reihe "Summer of 1982" die Schöpfungen der Herren Milius, Miller, Stallone, Hooper, Meyer, Spielberg, Carpenter, Lisberger und Scott - und zwar an genau jenen Wochenenden, an denen sie 30 Jahre zuvor ihre Premiere gefeiert hatten.

Wer in den nächsten Wochen nicht gerade zufällig in Texas weilt, dem sei der Gang in eine hiesige Videothek dringend empfohlen ...

 

 

         

Dietmar Wohlfart

Alamo Drafthouse - Summer of 1982

The Greatest Summer of Movies ... Ever


Termine (Auswahl):

 

11. Mai 2012: Conan the Barbarian

18. Mai 2012: Mad Max 2 - The Road Warrior
25. Mai 2012: Rocky III
1. Juni 2012: Poltergeist
3. Juni 2012: Star Trek II - The Wrath of Khan
8. Juni 2012: E.T. the Extra-Terrestrial
22. Juni 2012: The Thing
6. Juli 2012: Tron
(TBA): Blade Runner

 

Information der Veranstalter:
(Anm. d. Red.: Hiesigen Kinobetreibern ins Stammbuch geschrieben!)

Cold beer, hot movies, and delicious snacks and meals; The Alamo Drafthouse is dinner, drinks, movies and events, all under one roof. Our attention to detail in film presentation and programming has made us a second home to movie fans all over the planet and earned accolades from the likes of Entertainment Weekly ("#1 theater in America"), Wired.com ("Coolest Movie Theater in the World") and Fandango.com ("One of the Best Theaters in the Country").
We have zero tolerance for talking or cell phone use of any kind during movies, and we aren't afraid to kick anyone rude enough to start texting their friends during a show right out of the theater. We also hate it when other movie theaters make you watch advertisements after you've already paid to see the movie, so we're vigilant about never letting ads hit our screens - we've even turned down PSAs for great causes because we don't want ANYTHING to disrupt your experience of the show. Instead of ads or mind-numbing content named after the number of minutes you have to sit through it if you get to the theater early, we create custom preshows with content themed to most of the features we program.

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