Akzente_Konzert-Tip: Uri Caine
Verdi goes Electronic
Im Theater an der Wien sind nicht nur Klassiker zu hören, sondern auch experimentelle Musiker. Am 20. Oktober führt der amerikanische Komponist und Jazzer Uri Caine im Haus an der Wienzeile seine Sicht von Giuseppe Verdis Oper "Otello" vor.
16.10.2009
Unter dem Titel "The Othello Syndrome" ist die bekannte Verdi-Oper erstmals ganz neu zu hören. Mit diesem Werk adaptiert Uri Caine Verdis "Otello" mit Elementen des Jazz, Philly Sound, R&B, Electronic und experimenteller Musik. Caine bleibt Verdi treu, die Handlung von William Shakespeare interessiert ihn nur bruchstückhaft. Er will seine eigene Musikwelt schaffen, die sich mit der Partitur von Verdi und den Klängen der italienischen Oper auseinandersetzt.
Caines Hinterfragung des Othello-Syndroms ist ein Opus, das ohne den Einfluß der heutigen New Yorker Musikszene schwer denkbar wäre - dort in Manhattan, wo Verdis Statue steht und sich Anfang des 21. Jahrhunderts ganz unterschiedliche, einst fremde Musikwelten treffen und vereinen. Uri Caine schreibt im Programmheft der Biennale: "Es gibt Musikgattungen, die stammen aus der Tradition. Die Partitur entsteht innerhalb eines festen Gerüsts, andere verbinden frei die Improvisation und den Notentext; wiederum andere kommen aus der vollkommen freien Improvisation, während andere die Electronik als Ausdrucksmittel benützen. So gibt es Musikformen aus der Vergangenheit und jene, die aus der jüngeren Tradition angeregt werden. Ich höre ohne Einschränkung, ohne jedoch an einen bestimmten Stil gebunden zu sein. Vielleicht teilt das Publikum meine Ansicht bezüglich so vieler Traditionen nicht, doch diese Diskussion ist von entscheidender Bedeutung."
Der in Philadelphia geborene Caine begann sein Klavierstudium bei Bernard Pfeiffer. Er spielte in den Bands von Philly Joe Jones, Hank Mobley, Johnny Coles und Bootsie Barnes. Sein Kompositionsstudium absolvierte er bei George Rochberg und George Crumb an der University of Pennsylvania. Seit er in New York City lebt, hat er 19 Einspielungen auf CD veröffentlicht - das neue Album ist "The Othello Syndrome", mit dem er auch 2009 für einen Grammy als bestes klassisches Crossover-Album nominiert war. Mit seinem Jazz-Ensemble, dem Bedrock Trio, nahm er Alben auf, mit einem anderen Ensemble arrangierte er Werke der Komponisten Mahler, Wagner, Beethoven, Bach und Schumann.
In jüngerer Zeit hatte er Kompositionsaufträge an der Volksoper Wien, bei den Seattle Chamber Players, dem Beaux Arts Trio, für das Basler Kammerorchester, das Concerto Köln sowie das American Composers Orchestra. Uri Caine war Direktor der Biennale für Musik in Venedig im September 2003, wo er auch "The Othello Syndrome" zur Uraufführung brachte. 2006 war er "Composer in Residence" für das Los Angeles Chamber Orchestra, wo sein "Konzert für zwei Klaviere und Kammerorchester" mit Jeffrey Kahane im Mai desselben Jahres erstmals aufgeführt wurde. Uri Caine trat bei zahlreichen Festivals auf, darunter auch bei den Salzburger Festspielen, beim Holland Festival und beim Israel Festival.
EVOLVER-Redaktion
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