Musik_Kaada/Patton - Romances

Odyssee im Dunkelraum

An diesem Album ist ein Soundtrack verloren gegangen. Fragt sich bloß, für welchen Film. Und: Würde man ihn tatsächlich auch sehen wollen?    02.03.2005

Ohne weiteres zuordnen läßt sich "Romances" nicht, soviel steht fest. Es genügt ein Blick auf die Namen der Mitarbeiter dieses Tonträgers, um zu wissen, daß hier keine laue Durchschnittskost serviert wird. Weder Mike Patton noch John Erik Kaada (auch Mitglied bei Cloroform) kann man musikalischen Kleingeist vorwerfen. Seit dem internationalen Erscheinen von Kaadas erstem Soloalbum "Thank You For Giving Me Your Valuable Time" auf Pattons eigenem Label Ipecac konnte es lediglich eine Frage der Zeit sein, bis der gegenseitige Respekt vor der Arbeit des anderen die beiden auch zu einem gemeinsamen Projekt führte. Wo zwei Detailverliebte aufeinandertreffen, kommen ungewohntere Toneinschübe in die Stücke hinein und dadurch in weiterer Folge Klangkombinationen heraus, die man sich nicht erwartet.

Der Versuch, "Romances" in eine bestimmte Genre-Ecke abzuschieben, hinterläßt daher ein unruhiges Gewissen. Nennen wir die Richtung der Einfachheit halber Pop, auch wenn das nicht wirklich schlauer oder den Sound greifbarer macht. Wenigstens darf man den Zwiespalt zwischen Form und Inhalt bei dieser Bezeichnung an Kaada selbst weiter reichen. Seine Solonummern, die meilenweit von dem in den Charts vertretenen vorgekauten Einheitsbrei entfernt sind, sieht er nämlich so: als normalen Pop, der für "Romances" durchaus als Sample-Bruchstück ("Pensée des morts") wiederverwertet werden kann.

Von diesem Standpunkt aus fällt der Sprung zur Beurteilung der Gemeinschaftsproduktion nicht schwer, auch wenn man dabei auf der düsteren Seite landet. Abschnittsweise glaubt man sich in einen zweitklassigen Gruselschocker versetzt und sieht die Büchse der Pandora sich öffnen. Nur wenige Geräuschverzerrungen später wäre das Stück in der Science Fiction besser aufgehoben. Grau in grau bringt in diesem Fall einen unglaublichen Reichtum an Farben für die Bilder hervor, die einem bei "Romances" durch den Kopf ziehen und von den Einfällen Kaadas und Pattons dazu gedrängt werden, einander abzulösen. Was zunächst noch bedrohlich wirkt, zerfällt im nächsten Moment in warme Herzlichkeit und Hitzeflirren. "Romances" ist dabei vor einem kantenlosen, durchgehenden Thema auf der Flucht - mal im Galopp, mal in purer Gemächlichkeit, doch immer in Bewegung. Der Platz für eine Basismelodie, die annähernd parallel zu sich Mike Pattons Stimme oder Gesangsersatz Marke "oooh aaah dumdadidum" (je länger und langsamer, desto schicksalsschwerer) trägt, wird trotzdem nicht anderweitig zugepflastert. Gut so - der Herausforderungen sind ohnehin schon genug gestellt.

Bernadette Karner

Kommentare_

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