Musik_Kristofer Åström - Loupita

Tauwetter

Kein Hidden Truck verstellt mehr die Sicht auf den Songwriter. Der Fireside-Frontman instrumentiert bekannt puristisch und ist dabei direkter als zuvor.    07.07.2004

Zugegeben: Auf "Loupita" mischen sich zu Kristofer Åströms akustischer Gitarre noch Mattias Friberg und Sängerin Britta Person, die über einige Song-Abschnitte ("The Wild", "Spinning") ihre Stimme legt. Ein Duo ist alles, was dem 27jährigen Stockholmer geblieben ist - Planung oder Zufall, der sich aus der Terminknappheit des Hidden Truckers Jari Haapalainen ergab? Schließlich läßt sich der Perfektionist immer wieder durch Produktionsarbeiten aufhalten (Stichwort: Moneybrothers - "Blood Panic").

Jedenfalls kommt die größere Sparsamkeit bezüglich personeller Unterstützung und dem der Aufnahme zugrundeliegenden Aufwand gut. Die Songs gewinnen im Ausdruck an Klarheit, legen aber auch die Unsicherheiten Åströms in Sachen Gefühle frei. Immer wieder stellt er sich selbst und das Geschehen in Frage. Die Liebe weist er von sich - oder hat sie sich selbst unbemerkt davongeschlichen? Handelt es sich also um Oden des Zagens und Zögerns oder um tatsächliches Betrauern eines gewachsenen Abschieds?

Die Lieder bringen in ihrer Gedämpftheit - sachte, sachte - wohl kaum das Blut in Wallung; dafür krampft der Herzmuskel. Fast gelingt es Åström, den Hörer davon zu überzeugen, er sei ein trauriger Mensch von trübsinniger Gesinnungslage. Dann aber lugt zwischen der Grübelei die Spiel- und Lebensfreude hervor, beispielsweise durch in seiner Muttersprache gehaltene witzige Randbemerkungen oder durch Gitarrensaiten, die sich kurzfristig widerspenstig aufführen. Ist also alles halb so schlimm und nur ein Ventil zum komprimierten Sorgenablassen. Im teuflischen Monolog "Devil" versucht der Schwefelsüchtige übrigens noch, den Schweden als gescheiterten Künstler darzustellen - vergebens.

Bernadette Karner

Kristofer Åström - Loupita

ØØØØ 1/2


Startracks/V2/edel (Schweden 2004)

 

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