Razorlight - Up All Night
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Mercury/Universal (GB 2004)
Ohne Attitüde geht gar nichts. Sonst wirkt eine Band zwar charmant, aus journalistischer Sicht aber eher langweilig. Daher vergißt diese Band nie auf eine große Portion Eigenlob. 18.10.2004
"Mute" - ein norwegisches Musikmagazin, dem im allgemeinen vertraut werden darf - schreibt, daß Johnny Borrel vor vier Jahren Mitglied der Libertines war. Spätestens da hätte er gelernt, was von einer Band gefordert wird, um sich interessant zu machen. Denn: Die Musik ist ja nicht das Wichtigste, wenn es beispielsweise um Titelblattkompatibilität geht. Eine sich in kontrollierbarem Rahmen abspielende Eigenart sollte ebenso vorhanden sein, um sich aus der Masse hervorzutun.
Razorlight kommt die mediale Rückbesinnung zur Rockmusik sehr gelegen. Es ist fast logisch, daß sie gerade jetzt im Fahrwasser der Heiligsprechung der Libertines weit nach vorne schwimmen, nicht nur wegen der teilweise gemeinsamen Vergangenheit. Mit Razorlight wurde auf der Suche nach neuen Namen eine Band eingekreist, der man ungestraft die gleichen Attribute wie den Strokes überstreifen kann - mit dem Unterschied, daß das zur Hälfte schwedische Inselquartett von lebhafterer Körperhaltung ist und nicht nur mit den Stimmbändern zuckt.
Das Debütalbum beginnt "klassisch": Einfaches Pianogeklimper als Einleitung von "Leave Me Alone" macht vor, wie es garantiert nicht weitergeht - holprig, schmucklos und verkrampft darum bemüht, die richtige Taste oder Saite zu treffen. Wenige Momente danach stellt sich die Musik um, passend zur dicken Lippe, die die Band riskiert, und schüttelt rockigere Töne aus den Lederjackenärmeln. Rhythmisch laufend, niemals überladen instrumentiert und die Sicherheit aus der Lockerheit gewinnend - das sind die Begriffe, die Razorlight wesentlich besser umschreiben.
Als Songwriter profiliert sich in erster Linie Johnny Borrel, und zwar auf die betont lässige Art. Schnöder Gesang genügt ihm nicht, oft genug schäkert Johnny und gefällt sich als über den Dingen stehend. Die Frontman-Rolle paßt ihm wie angegossen, wirkt mitunter aber auch genau so - nämlich wie eine angenommene Rolle. Tatsächlich scheint er nicht zuletzt durch sein Stimmflackern fast schon zu cool für seine eigenen Songs. Besonders gut steht das "Rock´n´Roll Lies", einer klaren Single-Wahl, genauso wie der aufmuckende Energieausbruch "Rip It Up". Bei "Vice" wiederum dreht sich die Gesangsart aus der Lässigkeit zum Pathetischen hin, ohne peinlich zu werden. Insgesamt ist "Up All Night" ein rundes, kaltschnäuziges Album, das Neugier auf die weitere Entwicklung der Band schürt.
Razorlight - Up All Night
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Mercury/Universal (GB 2004)
Thomas Hansen hat den Heiligenschein wieder hervorgeholt und aufpoliert. Der Norweger nimmt sich Zeit zum Erzählen von Geschichten, die der Nachdenklichkeit genug Raum und der Melodie ausreichend Auslauf bieten, um in Schwung zu kommen.
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Für ihre Ausdauer beschenken sich die Lassos mit eigenen Songs und legen nach elf Jahren Band-Geschichte ihr drittes Album vor. Motto: wie früher, aber anders.
Melodienmangel und Ideenlosigkeit sind für ihn ebenso Fremdwörter wie Schreibblockaden. Auf seinem aktuellen Album übt Will Oldham sich in der Kunst des Loslassens.
Die Schweden machten nicht nur durch ihre Musik, sondern auch durch rotzfreche Vergleiche auf sich aufmerksam. Der naive Übermut ist weg - aber goschert sind sie heute noch.
Es war einmal ein Songwriter, der auf der Suche nach Musikern und einem passenden Namen in Hollywood fündig wurde. Wo ließe sich Erfolg auch besser lernen?
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