Denis Johnson - In der Hölle
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(Seek)
Tropen (Berlin 2006)
Wir laden Sie ein zu einer Pressekonferenz, die mit Reggae beginnt und mit abgeschnittenen Ohren endet. Die Afrika-Reportagen in diesem Buch halten in Atem. 13.12.2006
Es gibt Momente in Denis Johnsons Reportagesammlung, die sind so himmelschreiend absurd, daß man sie nicht glauben würde - wäre der Schauplatz nicht irgendwo in Afrika. Und von Afrika erwartet der gelernte Europäer ja viel, bloß keinen Funken Vernunft. Da ist etwa die sogenannte Pressekonferenz mit dem liberianischen Warlord: Zunächst verwandelt sich in eine offensichtliche Meuchlerbande in eine gar nicht mal so üble Reggae-Band, um sodann stolz ein Videoband zu zeigen. Darauf ist zu sehen, wie Anwesende höchstpersönlich den bisherigen Präsidenten zu Tode foltern.
Man sieht schon: Wer sich hübsch ausgewogene und abgeschmeckte Betrachtungen erwartet, die den Wahnsinn und das Chaos erklären, die immer wieder an der einen oder anderen Stelle des afrikanischen Kontinents aufflackern, der ist hier falsch. Johnson war dort, wo´s wirklich wehtut, nämlich für den "New Yorker" zu Zeiten der Bürgerkriegswirren in Liberia und Somalia.
Thematisch konnte man solche Reportagen zu Anfang der 90er Jahre auch anderswo finden. Einzigartig werden die Texte durch die Person des Autors, der sich selbst nicht ausspart oder verschämt hinter dem Geschehen verbirgt. Johnson setzt sich zwar nicht so in den Vordergrund wie der geniale Hunter S. Thompson, stellt sich aber in seiner ganzen Schwäche und Unsicherheit dar.
Niemand wäre auf das vorbereitet gewesen, was ihn in den Bürgerkriegsgebieten erwartete - am wenigsten der 1949 geborene Sohn eines US-Offiziers, der nach langer Säufer- und Junkie-Phase 1992 mit der Short-Story-Sammlung "Jesus´ Son" endlich den Durchbruch schaffte.
Johnson leistet letztlich, was seine Auftraggeber von ihm erwartet hatten: Er bringt Reportagen mit nach Hause, die den orthodoxen Erwartungen an das Genre in keiner Weise entsprechen. Dennoch handelt es sich um journalistische Glanzstücke, die auch nach literarischen Kriterien bestehen.
"Im amerikanischen Magazinjournalismus ist es gute Tradition, Schriftsteller in die Welt zu schicken und sich überraschen zu lassen, was dabei herauskommt", meint Georg M. Oswald in einem Vorwort, das dem Gegenstand seiner Betrachtung gelegentlich auch kritisch gegenübersteht. "In gewisser Weise wird sogar erwartet, daß der Autor die Grenzen des Journalismus überschreitet und eine Geschichte liefert, nicht nur einen Artikel."
Was nun wirklich dabei herauskommen kann, wenn man einen guten Schriftsteller in die Welt schickt, zeigt "Die Kindergarde", das beste Stück des Bandes. Über fast 90 Seiten hinweg ist Johnson hier auf der Suche nach Charles Taylor, dem selbsternannten Präsidenten Liberias, um ein vereinbartes Interview zu führen. Als es dann soweit ist, versagt das Aufnahmegerät.
Macht gar nix, denn die eigentliche Geschichte findet davor statt: in bürokratischen Schikanen, dem endlosen Warten, den Bomben, die von unbekannten Flugzeugen abgeworfen werden, dem endlosen Warten, einem verrückten Italiener, der in einem halbkaputten Fahrzeug durch die Gegend kurvt und am liebsten alle Welt adoptieren würde. Und wieder Warten, in einem Land, in dem manche darauf warten, ob es für sie noch ein Morgen gibt.
Zwei Liberia-Reisen unternimmt Denis Johnson. Am Schluß wird er fragen: "Wo liegt Liberia? Kümmert es da draußen irgendwen?" Die Antwort liegt auf der Hand. Der "Neger" ist nicht von Natur aus gewaltbereiter, wie eine heimische Nationalratsabgeordnete einmal zu wissen meinte. Es schert sich einfach niemand darum, was in den Ländern Afrikas geschieht. Die Folgen des Kolonialismus und jahrzehntelang von den USA unterstützter Diktaturen sind schließlich nicht mehr unser Problem.
Denis Johnson - In der Hölle
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Tropen (Berlin 2006)
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