Print_Eddie M. Angerhuber - Das Anankastische Syndrom

Hymnen an die Nacht

Die Hölle spielt sich im Kopf ab, nicht in blutigen Schilderungen der üblichen Serienmörder-Greueltaten. Das scheint besonders diese deutsche Autorin begriffen zu haben.    12.05.2003

Eddie M. Angerhuber, 1965 geboren, gehört zu den herausragendsten Autorinnen der deutschsprachigen Phantastik. Ihre meist schmalen Erzählungsbände wurden oft mit dem Werk von Thomas Ligotti verglichen. Während der mit Atmosphäre und Stimmung arbeitet, dabei aber oft die Handlung vergißt, erleben Angerhubers Protagonisten alptraumhafte Ausnahmezustände, die von klassischen Spukerfahrungen bis zur psychoanalytischen Aufarbeitung der eigenen Kindheit reichen. Die Verbindung von Mensch und Maschine spielt häufig eine Rolle, und so wimmelt es vor rostenden Fabriken, Ketten und Lagerhallen. In "Der blaue Stern" wird eine junge Frau von einer vermeintlichen Leuchtreklame als Energiequelle vereinnahmt; in der Story "Die Wabe" erlebt ein verkatertes Raver-Paar Szenen aus der eigenen Jugend mit fatalen Folgen. Eine Hommage an E. T. A. Hoffmann findet sich auch, aufgezeichnet in Form von Tagebucheintragungen - eine weitere Reminiszenz an die alten Meister der Phantastik. Zur Hochform läuft Angerhuber bei ihrer letzten Geschichte auf. "Hymne an die Nacht" ist die traumähnliche Wanderung einer Seele durch die Dunkelheit. Die Suche nach Erfüllung der geheimsten Wünsche steckt voll beeindruckender Schilderungen des Bösen, verfällt dabei aber nie in Klischees oder Splatter-Effekte. Genau das ist Angerhubers größte Stärke: sie verzichtet auf Schockmomente - das Grauen schleicht sich langsam und subtil in den Alltag ein. Und das ist wesentlich verstörender, als es blutiger Horror je sein kann.

Walter Robotka

Eddie M. Angerhuber - Das Anankastische Syndrom

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Medusenblut (Berlin 2002)

 

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