Richard Reichensperger - [rire]
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Springer Verlag (Wien/New York 2005)
Mit dem 43jährigen Richard Reichensperger verstarb im vergangenen Jahr eine der prononciertesten Kritikerstimmen Österreichs. 03.03.2006
Zugegeben - wenn Rezensenten über Rezensenten schreiben, ist das ein Verhaltensmuster, das dem der Onanie recht nahe kommt. In diesem Fall sei die Wichserei jedoch gestattet. Schließlich war Richard Reichensperger kein eitles Schreiberlein wie unsereins, sondern ein Literaturkritiker, der diese Berufung, die im Normalfall für einen Beruf zu wenig einbringt, mit echtem Sendungsbewußtsein erfüllte; jemand, der sich Büchern und Büchermenschen mit Sensibilität und wacher Neugierde näherte und sich selbst dabei stets wohltuend zurücknahm. Als - oftmals - verhinderte Literaten und heimliche Sozialfälle neigen ja gerade Vertreter der Kritikergilde dazu, sich durch angemaßte Autorität und Standesdünkel bis zur Unkenntlichkeit aufzuplustern. Man sieht einen Menschen und meint, einen Airbag nach einem Auffahrunfall vor sich zu haben.
Der im letzten Jahr nach einem schweren Sturz verstorbene "Standard"-Mitarbeiter und Literaturwissenschaftler, der nicht älter als 43 Jahre wurde, war kein Mann für Gscheitlereien und Autoren-Hinrichtungen, auch keiner, der im Elfenbeinturm hauste und sich von abgekochter Prosa nährte. Reichensperger hatte wesentlichen Anteil an der allgemeinen Rezeption der späteren Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek; er war es aber auch, der den fast gegensätzlich gepolten Hermes Phettberg fürs Feuilleton entdeckte. In gewisser Weise ein Caritas-Vertreter der Literatur: Obwohl er sich selbst mit einer Vielzahl von Berufen vom Literaturkritiker über den Investmentbanker bis zum Steuerberater über die Runden brachte, betätigte er sich auch als Mäzen.
Phettberg steckte er öfter einmal Geld zu, wie dieser in einem rührenden Vorwort erzählt: "Er zahlte meine Rechnungen, Miete, Gas, Strom, Telefon, während er es sich vom Mund absparte, niemals werde ich diese meine Schande vor der Wirklichkeit mehr zu beenden vermögen." Einen 170-Kilo-Koloß aufzupäppeln - das ist Autorenförderung bis zur letzten Konsequenz, oder, wie deren Nutznießer in diesem Fall meint: "Phettbergpflege". Für seinen Lebensmenschen Ilse Aichinger, mit der er zeitweise in Wohngemeinschaft lebte, spielte er wiederum den unbezahlten Sekretär und Motivator, indem er ihre Manuskripte abtippte und sie nach dem Tod ihres Sohnes wieder zum Schreiben brachte.
Ein Blick in die bei Springer erschienene Sammlung von Essays, Rezensionen und Interviews des Journalisten (dessen Kürzel "rire" sich im Titel wiederfindet) zeigt: Dieser Autor, der so tragisch endete, liebte selbst tragische Figuren; die Selbstmörder Franz Innerhofer und Cesare Pavese etwa, früh Verstorbene wie Franz Kafka und Clemens Eich oder Verzweifelte wie Charles Baudelaire und E. M. Cioran.
Gleichzeitig zeichnet Reichensperger österreichische Traditionslinien nach und kommt dabei mitunter zu verblüffenden Schlüssen, wie etwa jenem, daß es sich bei Phettberg um einen "radikalisierten Peter Altenberg" handle. In wertvollen Erkenntnissen münden auch seine unkonventionell geführten Interviews. So meint etwa der obsessiv veranlagte Schriftsteller Louis Begley: "Häßliche Frauen können wunderbar sein im Bett." Da fragt man sich doch bedauernd, warum einem das niemand früher verraten hat - vor all diesem schlechten Sex mit atemberaubend schönen Frauen!
Richard Reichensperger - [rire]
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Springer Verlag (Wien/New York 2005)
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