Stories_Magnolia Electric Co

Die Band ist das Album ist die Band

Bekannt wurde Jason Molina als Frontfigur von Songs: Ohia. Von einem seiner früheren Tonträger entlehnt er sich nun den Titel, um ihn sich zur zweiten Identität zu formen.    10.06.2005

Mit der Wiederverwertung von Magnolia Electric Co wird aber auch schon im vorhinein klar, daß sich Molina für sein neues Projekt nicht grundlegend verändert hat. Dem Charakter seiner bislang verfaßten Stücke setzt er sich mit dem vorliegenden Album keineswegs entgegen. Das beweist er allein schon durch die Mitnahme dreier Ohia-Stücke.

Tatsächlich sieht er mit "Trials & Errors" die Gelegenheit zur Wiederaufnahme in seiner direktesten, weil live vor Publikum eingespielten Form. Obwohl Label-Heimat und das Zuhause der Band durch einen Ozean vom Konzertort getrennt sind, gestaltet sich der Abend in Brüssel hörbar zu einem Heimspiel. Das Publikum wird nicht zum Störfaktor in Sachen Atmosphärenaufbau und meldet sich nur an den dafür vorhergesehenen Stellen der Song-Zwischenräume zu Wort und Geräusch. Die Idee, sich an der Musik vorbei zu unterhalten, kann bei dieser gefühlvollen Umsetzung kleiner Lebensgeschichten gar nicht aufkommen. Am wenigsten würde das jenen einfallen, deren Musikverständnis sich an Neil Young gebildet hat. An ihm dürfte sich auch Molina in Sachen Intensität ein Vorbild genommen und dabei gelernt haben, daß Eindringlichkeit durchaus in scheinbarer Einfachheit liegen kann. Ein Song wirkt hier nicht konstruiert, sondern vielmehr wie ein Gedanke, der seinen natürlichen Verlauf nimmt. Lautstärke und Ausdruckskraft des Gesangs folgen ebenso dem reinen Impuls, und so bleibt die Spannung auf diesem Album zwischen Flehen und Gefühlsaufwallung. Ersteres wird vor allem in Molinas Stimme und Art der Wortbetonung gelegt, zweiteres manifestiert sich in den vehement fließenden Gitarren.

Als erste Veröffentlichung in der jungen Band-Geschichte fungierte "Trials & Errors" als gelungener Vorbote auf das Studioalbum "What Comes After the Blues". Beide Alben werden vom gleichen Lied eröffnet, sei dies nun Absicht oder Zufall. Nach "The Dark Don´t Hide It" laufen die Tonträger allerdings zu unterschiedlichen Höhen auf. "Trials & Errors" hat nämlich wie jede Konzertaufnahme mit dimensionalen Einschränkungen zu leben. An der Qualität der Songs gibt es nichts zu rütteln, sehr wohl aber an deren Unmittelbarkeit. "What Comes After the Blues" wirkt direkter und bei aller Getragenheit auch lebhafter, da die Umsetzung auf den Hörgenuß ohne Live-Atmosphäre zugeschnitten werden konnte. Molina bleibt verletzlich und sehr persönlich, gibt aber auch deutlich zu verstehen, daß in Magnolia Electric Co. keineswegs nur für ihn Platz ist, um sich ein- und auszuleben. Bestes und deutlichstes Beispiel hierfür ist der von Jennie Benford wundervoll wehmütig gesungene Folksong "The Night Shift Lullaby".

 

Magnolia Electric Co. gastieren am 22. Juni in der Szene Wien. Bis es soweit ist, kann man sich ja von "What Comes After the Blues" rühren lassen.

Bernadette Karner

Magnolia Electric Co - Trials & Errors

ØØØ 1/2


Secretly Canadian/Ixthuluh (USA 2005)

 

Links:

Magnolia Electric Co - What Comes After the Blues

ØØØØ


Secretly Canadian/Ixthuluh (USA 2005)

 

Links:

Kommentare_

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