Der Bluff des Robert Menasse
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Im Jahr 2017 gewann Menasse mit seinem Roman „Die Hauptstadt“ den Deutschen Buchpreis. Auch in diesem fiktiven Werk bezieht sich der Autor auf die angebliche Hallstein-Rede. Bild: dpa
Mehrfach behauptete der österreichische Schriftsteller Robert Menasse: Walter Hallstein, Begründer der europäischen Kommission, habe in Auschwitz gesprochen. Nun hat ein Historiker die Lüge aufgedeckt.
Am 4. Dezember 2017 stellte Robert Menasse in Tübingen seinen mit dem Deutschen Buchpreis prämierten Roman „Die Hauptstadt“ vor. Dieser Historienroman aus der Gegenwart hat einen vielköpfigen Helden: die EU-Kommission. Seit Jahren wirbt Menasse in Texten vielerlei Sorte für eine „Europäische Republik“ und eine Wende im Geschichtsbewusstsein, das den Heroismus der Brüsseler Bürokraten anerkennen solle. So auch an diesem Abend. Mehrfach beschwor Menasse ein historisches Faktum, das zeigen soll, wie weit die Kommission im Moment ihrer Gründung unserer Zeit voraus gewesen sei: Walter Hallstein, ihr erster Präsident, habe seine Antrittsrede 1958 auf dem Gelände des Vernichtungslagers Auschwitz gehalten – an dem Ort, wo man sehe, wohin der Nationalstaat geführt habe.

Feuilletonkorrespondent in Köln und zuständig für „Geisteswissenschaften“.
Im Tübinger Publikum saß Hans-Joachim Lang, ein Fachmann für die Geschichte der nationalsozialistischen Medizinverbrechen. Ihn elektrisierte die Information, dass Hallstein, ein Rechtsprofessor, den Konrad Adenauer nach Brüssel entsandt hatte, nur dreizehn Jahre nach der Befreiung von Auschwitz eine sinnstiftende Verbindung zwischen diesem Ort und dem europäischen Projekt hergestellt haben soll.
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