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Handke über Srebrenica : „Ich würde es nicht verurteilen“

Peter Handke, hier in seinem Garten im französischen Chaville, hält das Übelste an Srebrenica „für konstruiert“. Bild: EPA

In einem wiederaufgetauchten Interview äußert sich Peter Handke zum Massaker von Srebrenica. Er leugnet die Gräueltaten nicht – es ist noch schlimmer.

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          Der Schriftsteller Peter Handke ist von dem politisierenden Interviewpartner Peter Handke schon deshalb schwer zu trennen, weil er diese Trennung selbst nicht vornimmt. Er verwischt systematisch die Grenzen zwischen seiner Literatur und seiner Interviewprosa. Ohne Kenntnis dessen, was Handke sagt, sind zumindest als literarische Großreportagen angelegte Werke wie die „Winterliche Reise“ aus dem Jahr 1996, in der Handke „Gerechtigkeit für Serbien“ fordert, kaum einzuordnen.

          Michael Martens

          Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Wien.

          Der an der germanistischen Abteilung der Universität Sarajevo lehrende Professor Vahidin Preljević ist vor einigen Tagen auf ein Interview gestoßen, in dem sich Handke ausführlich zum Massaker von Srebrenica äußert, bei dem im Juli 1995 Tausende muslimische Männer und Jungen von Truppen unter Befehl des bosnisch-serbischen Generals Mladić erschossen wurden. Preljević stieß im Internet auf den Text und bestellte sich, da er der Quelle misstraute, die dort genannte Publikation im Original. Es handelt sich um die Zeitschrift „Ketzerbriefe“, die sich im Untertitel bescheinigt, eine „Flaschenpost für unangepasste Gedanken“ zu sein. Herausgegeben wird sie vom Ahriman-Verlag, in dem unter anderem auch erschienen sind: „Tabuthema Aids-Stop“, ein Buch, in dem erläutert wird, dass das Aids-Virus schon lange hätte ausgerottet werden können, man es aus politischen Gründen aber grassieren lasse. Bücher und Schriften wie „Hände weg von Nordkorea!“, „Jesus – Bhagwan: ein Vergleich“ deuten den weiten weltanschaulichen Horizont an, dem sich der Verlag gewidmet hat und in dem Handkes Darlegungen zu den Balkan-Kriegen gut aufgehoben sind.

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