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Gabriele Frings

* 1966

Vita

Lebt in Bonn

Lyrikerin. Studium der Kunstgeschichte (Promotion mit einer Arbeit über Giorgione), Archäologie, Theologie, Stipendiatin der DFG. Arbeit als Dozentin für Deutsch als Fremdsprache, freie Lektorin, Kuratorin von Gruppen- und Einzellesungen, Jurorin.

Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften (u. a. Konzepte, Ostragehege, Signum, entwürfe, Am Erker, Der Dreischneuß), in Anthologien (u. a. Versnetze sieben. Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart; Poesie-Agenda 2015, orte-Verlag, CH) und im Internet.

Ihre Gedichte erschienen auch in arabischer und rumänischer Übersetzung.

Auswahlbibliografie

Mitlesebuch 133
Gabriele Frings
Mitlesebuch 133
Aphaia Verlag
2015

Textfläche

Gelegentlich Schneefall

der Schnee verschweigt mir etwas denke ich
während ich die Rauchsignale deiner Stimme
in den Wind schlage Tonlosigkeit
einer Windharfe in Schneewehen
verlaufen sich die letzten Spuren
steckengebliebener Worte
nur mühsam finde ich den Weg den
die Kehrseite der Sterne jetzt schwärzt
am Morgen das sprachlose Glitzern schaufle ich
die Schritte frei und atme
atme

11.05.2015  ·  Aus: Aus: entwürfe - Zeitschrift für Literatur 78/2014

Danzig

hier stehen die alten Speicher Spalier
öffnen uns zwei Flüsse die Flügeltür
zum offenen Meer den Dingen
auf den Grund gehen ergründen

gründeln wie der Schlesische Schwan
in der Poeterey der deutschen zumal
+ dem dreißigjährigen Krieg dem
menschheitlichen in gerader Linie

von Troja an Tangente des Todes von
der Grab zur Westerplatte der Wind
leckt uns das Gesicht das Meer an der
Landzunge mit mahnendem Monument

wir staunen wie granithoch der Abgrund des
Krieges sein kann hier sagst du gaben sie nicht auf
unter dem schwer beladenen Himmel
kehren wir um den Wind im Rücken

Die Grabplatte des schlesischen Dichters Martin Opitz (1597–1639) befindet sich im nördlichen Seitenschiff der Danziger Marienkirche.

 

11.05.2015  ·  Aus: Aus: Mitlesebuch 133, Gedichte, Aphaia Verlag, Berlin 2015

Holozän

jemand war in diesem Raum
den ich nachfahre mit Fragen
die Luft fast noch warm wie
frisch geschabte Tierhaut

die Staubschicht auf dem Boden in der
ich Abdrücke hinterlasse Hohlformen
für Antworten Räume als Vorfahren der
Wörter durch Atematome gehe ich dem
Wind entgegen den der Pfeil erzeugte

lege eine Sammlung an Splitter von
Steinen Knochen Erinnerungen bis
das Gedächtnis ein Museum errichtet
tastbare Stille in der Hand
halte ich dich

11.05.2015  ·  Aus: Aus: Mitlesebuch 133, Gedichte, Aphaia Verlag, Berlin 2015