Neuen Kommentar schreiben
lichtdurchflutetes gewebe
Quantenphysik ist nicht meine größte Leidenschaft und das "Phänomen der Quantenverschränkung" wird mich auch in Zukunft wohl eher nicht beschäftigen. Wäre Ihre letzte Erklärung, lieber Carl-Christian Elze, Teil des Klappentexts, ich fürchte, ich hätte meine Finger davon gelassen. Manche mögen dies ruhig Ignoranz nennen.
Sie geben Vermutungen einiger Quantenphysiker Raum, die für mich das Gebiet der Esoterik streifen, mit dem ich Probleme habe. Ich habe Ihr Buch jetzt noch einmal quergelesen und ja, ich könnte mit dieser Information manche Stellen durchaus anders lesen, doch ich will es nicht, weil dies einer Beschränkung gleichkäme. Ich sähe das Gleichgewicht zwischen einem Staunen, das zweckfrei und ergebnisoffen ist, und den ungerichteten Suchbewegungen nach dem Glauben plötzlich verschoben in Richtung vermeintlicher Wahrheiten, die doch erst durch einen Beweis zu solchen werden könnten!
Die Stärke Ihrer Gedichte liegt für mich gerade darin, dass sie nichts postulieren, sondern das Staunen eines lyrischen Ichs über schwer Fassbares nachvollziehen lassen, das die Tatsache, dass alles, was uns zu Subjekten macht, bereits fertig in der DNA jeder einzelnen Zelle zu finden ist, genauso bestaunt, wie die schiere Größe des Universums. Ein lyrisches Ich, das im Glück staunt und in der Trauer, vor Freude und in der Depression. Und das religiöse Annäherungen begreiflich macht.
Es ist ein Schweben in freien Rhythmen, ein Vorwagen und wieder Zurückziehen, ein Umkreisen, Fassen und wieder Loslassen. Dass hier ein autobiographisches Ich eigene Erfahrungen verdichtet, ist interessant, aber für meine Lektüre nicht wichtig, da es universelle, menschliche Erfahrungen aus der Sicht eines für mich immer lyrischen Ichs sind, die ich in Ihren eindrücklichen Gedichten lese.
Ich danke Euch, lieber Carl-Christian Elze und lieber Timo Brandt, für diese dialogischen Kritikrunden, die ganz am Buch orientiert waren. Und ich möchte mit einem Zitat (S. 64) schließen, das die Gesichter geliebter Menschen beschreibt, aber mir auch für diese Gedichte passend scheint:
... ein überfluss schönster gebilde
unwiederholbar zusammengesetzt
aus kleinster, unerblickbarer materie.