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Das Recht der Frauen!
»Das Recht der Frau soll den Gegenstand meiner Besprechung bilden! – Wo herrscht es? Wo ist es zu finden? – Wo kann man es kennen lernen? – Das Recht der Frau ist heute noch fast überall ein theoretischer Begriff, praktisch vorhanden ist es in den Ländern der alten Welt nur in elementaren Ansätzen. (…) Die großen Ideen, die zu jener Zeit ausgesprochen wurden, sind dasjenige gewesen, was zumeist gewirkt hat. Bücher, wie: ›Die Hörigkeit der Frau‹ von Stuart Mill, ›Der Frauen Natur und Recht‹ von Hedwig Dohm, ›Die Osterbriefe‹ von Fanny Lewald, ›Die Frauen und ihr Beruf‹ von Luise Büchner, haben die Masse vorwärts gebracht – nicht die vorsichtig tastende, immer zu Concessionen und Compressionen bereite und den Heiland bei jedem Hahnenschrei verleugnende Vereinsthätigkeit, die vielmehr den Beweis geliefert hat, dass meistens nicht einmal ihre Leiterinnen den Geist des neuen Evangeliums erfasst haben.«
Die Frauenrechtlerin Anita Augspurg in ihrem Aufsatz »Das Recht der Frau«, der bereits 1897 publiziert wurde und direkt an die Forderungen von Hedwig Dohms Schriften anknüpfe. Ursprünglich dem Traum der Schauspielerei folgend, ging Anita Augspurg mit ihrer Freundin Sophie Goudstikker nach München, ließ sich als Fotografin ausbilden und eröffnete wenig später das Hofatelier Elvira – eines der bekanntesten Fotostudios seiner Zeit und gleichsam heimlicher Ort für die Gründung des ersten Vereins für Fraueninteressen, der eine wichtige Anlaufstelle für Frauen wurde. Anita Augspurg wurde Juristin, engagierte sich politisch, war von Beginn an eine Anhängerin des Pazifismus, kämpfte für das Frauenwahlrecht und kandidierte als eine der wenigen Frauen in der Münchner Räterepublik. Bei der Einführung des Frauenwahlrechts im November 1918 war sie Mitglied des provisorischen bayerischen Parlaments, für sie begann damals »ein neues Leben! Zurückdenkend erscheinen die folgenden Monate wie ein schöner Traum, so unwahrscheinlich herrlich waren sie!« Die folgenden Ereignisse und das Aufkommen des Nationalsozialismus zwangen die Feministin und Pazifistin später ins Schweizer Exil, zeitlebens aber setzte sich Anita Augspurg im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Frauenrechte und Gleichberechtigung ein und entwickelte eine Utopie, die sich jenseits konventioneller Geschlechterzuordnung verortet: »In der neuen Ordnung wird ein Drittes entstehen, das weder herrscht, noch dient, sondern forscht und sucht, schafft und mitteilt, das ist der Mensch in seiner Vollendung, frei von Machtwillen, frei von Unterwerfung, frei von Ausbeutung … «
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