Monika Graf

vier atemzüge liebe

I

eines nachts
wird
meine liebe sich
behutsam
über dich beugen
und
ihren körper in
deinem
atemrhythmus
hin und her bewegen
und
mit geschlossenen augen lächeln

II

deine wärme
kommt
wie sanfte wellen
über mich
und
mein bauch,
die dunkle sonne,
beginnt
zu strahlen

III

einmal
wenn du schläfst
werde ich
dich
mit rosenblättern bedecken
und
auf die augen,
mein reh,
lege ich einen
mondstrahl
so schön
wie der tiefe
nachthimmel

IV

gute nacht
sagen
unsere körper zueinander
und
lächeln sich an
in der
wohlvertrauten abwesenheit
des lichts
presst sich deine
seele
übermutig
an meine
und
der ausgelassene
reigen
der unwissend
unschuldigen
steigt empor
in das
dunkle
unbegrenzte

feucht schimmert der tau
in den
baumkronen

Scott C. Holstad

Knoxville Poems

Horrorshow

I wake
feeling dampened pillow,
turn on the light,
and see the pillow and
sheets rusty blood red,
soaked through from my
arm, which hasn’t stopped.
The wife’s going to be
pissed.

I cut
because I enjoy it.
My doctor says it’s an
endorphin release and
an understandable
substitute for other
things, such as drinking,
taking drugs, impulse
shopping, etc.

I have a different theory.
I am on Paxil
again.
Many anti-depressants
leave you with the ability
to chafe yourself to death
but never attain release.
I am one of those affected.
Perhaps the spill of blood
replaces that other need;
seeing it run down my arm,
drip into the sink, plop
onto the cat box; seeing the
blood dampen the ground I
walk on, oozing, spilling,
spurting even,
trails of it,
big lumpy clots
forming –
it turns me on.

Call me sick, perhaps
you’re right, but the
pain eases the other
pains and perhaps
this „issue“ as well.
I
do think it ironic
to see myself
using a paper I
downloaded –
Self Injury – you
are not the only one –
to dampen the flow,
leaving a darkened
souvenir for future
reading. Like
everyone, I need
to get off – this is
the only way I can.
So be it.

Divider Line

Mother

Mother,
you came out to be my
mini-savior after Lisa
went back to Phoenix.
You drove me to Cedars,
to the drugstore, the
grocery store, the post
office, you let me rest
up – you, too, were a
pillar of strength,
you and Aunt Ethel.

Thank you.

I often feel like I’ve
come to the end of the
world and the rocks are
biting sharp as I drift
toward the edge; I see
the harsh glaze of
blood surrounding me,
my cuts have become
ritual,
yet
at these times,
I stand in front of the
dirty bathroom mirror,
often with blood
dripping from my arms
into the cracking sink,
and I think of your
smile, your strength,
your inner presence,
and I know
what little peace
I can,
aside from my pills,
and my rage subsides,
if only for a moment,
and you
Woman,
my Mother,
are holding me
in my dreams
and
all
is
finally
well.

Cocktail

Wasted eyes
they look at me
like I’m the
stranger
I
see
f l i c k e r i n g
l
i
n
e

s
pewter and lime green
cocktail
of sorts
tho
not of the old days

Wellbutrin
Neurontin
Klonopin
Xanax
Risperdal

more
at times
sometimes so many
I just really can’t remember
don’t really want to

could I really be       manic
depressive
depressed
psychotic
let alone ADD & OCD

We
share this moment
not through touch
but
our eyes
yours
brilliant, shining, willing, wanting to know
feel the pain, understand,
mine
dead to the world, a bleak history of empty files

Let this cocktail do its job
alleviate the danger
temper the turbulence

funny,
I never dug getting stoned in college
here I am stoned out of my gourd
for you
they say it should be for me
the       group
doctors
nurses
case managers
even you

but
I want healing
because
I
want to keep you
us
alive
in this moment
and
forever.

Growth

My playing fields
were comprised of a
black and white
universe

cold/hot
light/dark
heaven/hell
right/wrong

This
my guide
my birthright

I tried,
Lord knows I did,
but something was
buried
in the back of my
soul
a perfectly
round
darkness

a
blackened
key
which
when turned
daily
produced
increasing
torment
fires of hell
anguish
despair
the leaves
turned gray
the rose petals
dripped to the
earth

and I felt heat
distant
at first
but
the kindling was
just the beginning;
soon more logs
were added
and I was ablaze

I earned a
reputation,
I tortured my
beleaguered parents,
I started
writing

my mind went every
which
way

and
I
yearned for violence,
sought it out,

on my way to a
multi-degreed
corporate
family
life

I
became
Manic Depressive
Obsessive Compulsive
ADD

the signs had been there
no one knew
no one gave a shit

when I
was to
eventually
go
overboard
it was
to be a
lesson
learned

Tom Saalfeld

Ticket nach Arkan

Ich drückte die Reval aus und beseitigte das Kratzen im Hals mit einem kräftigen Schluck Kaffee. Dass man fast vierzig werden musste, um so lange frühstücken zu können wie man wollte. Leisten konnte ich mir das eigentlich noch nicht, aber ich tat es dennoch. Die Kündigung vor zwei Wochen war die längst fällige Zäsur, die den dahindümpelnden Kahn endlich in ertragreichere Gewässer umleiten sollte.
Vierzig, das magische Datum. Von da an kam die Rente in Sicht, auch wenn man die Augen noch so sehr zukniff. Viele atmeten bei dieser Wendemarke erleichtert auf, zumindest innerlich und dachten sich, nur noch ein paar Jährchen, vielleicht schon mit fünfundfünfzig Vorruhestand und dann dolce vita bis die Knochen bröseln.
Meine Visiereinrichtungen waren schon von Kindesbeinen an auf andere, außergewöhnlichere Ziele justiert. Ich träumte von Abenteuern, fremden Ländern und exotischen Schönheiten und, natürlich, jeder Menge Kohle, um das alles und was der Planet sonst noch zu bieten hatte, ruhig und gelassen genießen zu können.
Mit dem Ingenieursdiplom in der Tasche ging’s dann auch richtig zur Sache. Schwarzes Meer, Zentralasien, sogar China; je verwegener und entlegener, desto besser. Mein Mutterkonzern hatte vom schlüsselfertigen Kraftwerk bis zum Megastaudamm alles im Angebot, so dass sich mir jungem Spund genügend Chancen boten, die persönlichen Grenzen auszuloten.
Doch mit den Jahren stellte sich Ernüchterung ein. Immer wieder die gleichen Arbeitsabläufe, immer wieder die gleichen nervtötenden Komplikationen. Nur der Anstrich änderte sich – der Rest öde Monotonie. Der konnte man nur entfliehen, wenn man ganz nach oben gelangte. Dorthin, wo wirklich noch Weichen gestellt wurden, doch dazu reichte es nicht. Meine Talente waren bemessen, so drückte es einmal einer meiner Vorgesetzten aus, solide, aber bemessen. Ein anderer hätte sich damit zufriedengegeben und im Mittelmaß weitergeplätschert, doch das war nicht mein Ding. Besonders nicht nach der Scheidung von Ulrike.
Das Miststück nahm mich ungeniert aus wie eine Weihnachtsgans. Vom mühsam aufgebauten Sportwagen bis zur Ferienwohnung in der Türkei war alles mit Riesenverlusten durch den Schornstein geblasen worden, nur um diese Schlange und ihren raffgierigen Anwalt zu saturieren. Nur gut, dass sie zu frigide war, um Kinder in die Welt zu setzen. Deswegen hatte sogar ich mich mal untersuchen lassen. Sie sind beide kerngesund, hatte der Quacksalber getönt, alles nur eine Frage der Zeit.
Ich war trotzdem beschissen genug dran. Dabei war sie von Geburt an stinkreich. Ihr Vater, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Röntgendiagnostik, hatte ihr zur Vermählung ein sündteures Cabriolet geschenkt und auch später nachgelegt, wann immer seiner Supertochter der Sinn nach etwas stand. Und plötzlich, als der Riss nicht mehr überbrückbar war, setzte das große Versickern ein. Über Nacht wurde die Prinzessin auf der Erbse bettelarm. Da ich gegen die Anwälte der ehrenwerten Familie nicht den Hauch einer Chance hatte, musste ich in den sauren Apfel beißen. Zahlemann und Söhne war angesagt, bis zur Vergasung.
Doch die Herrschaften irrten, wenn sie glaubten, in mir den alles schluckenden Dukatenesel gefunden zu haben. Sie ahnten nicht, wie weit ein entschlossener Betrogener gehen konnte, um zu seinem Recht zu kommen. Es gab auch andere Mittel und Wege als den dicken Scheck. Direktere und dreckigere, aber nicht minder wirksame.
Ob es nur ein Zufall war, dass ich kurz nach der Scheidungsverhandlung Murad, einen Studienkollegen aus den guten alten berliner Zeiten, getroffen hatte? Die Wut und der sich himmelhoch auftürmende Hass fanden durch diese Begegnung rasch Bahn und Richtung. Brodelnde Emotionen verwandelten sich in berechnendes Kalkül. Die Rache biblischen Ausmaßes endete nicht mehr zwangsläufig hinter schwedischen Gardinen. Der Horizont klarte auf und die ganze Misere erschien plötzlich als Chance zur radikalen Erneuerung.
Murad war genau der Mann, auf den ich gewartet hatte. Sein Vater, der berühmt berüchtigte Ibn Kasser herrschte mit harter Hand über das am persischen Golf gelegene Königreich Arkan. Murad war zum Studieren nach Deutschland geschickt worden, um später zu Hause die rücksichtslose Industrialisierung als geschulter Fachmann mit vorantreiben zu können.
Er war hochintelligent und bekam sein Diplom eineinhalb Jahre vor mir. Wir hatten uns auf Anhieb gut verstanden und so manche Nacht in Kreuzberg durchzecht. Der gläubige Moslem wurde bei derartigen Gelegenheiten einfach an der Garderobe abgegeben. Und diese Burschen gaben sich nicht mit Alkohol zufrieden. Konsumiert wurde alles, was der Markt hergab. Mit einer Selbstverständlichkeit, die wohl nur Orientalen zu eigen ist.
In Arkan bekleidete er einen hohen Rang beim Geheimdienst. Das hieß hauptsächlich Bekämpfung der Oppositionsgruppen, mit allen Mitteln selbstredend. Mehr als einmal war ich während meiner Stippvisiten seinen Einladungen in die Verhörzentren gefolgt. Was dort ablief, spottete jeder Beschreibung. Ein Gestapooffizier hätte derartige Methoden abgelehnt. Die Überreste der Arrestanten konnten des öfteren in einem mittleren Eimer abtransportiert werden. Obwohl mich Murad schonend, soweit möglich, in die Geheimnisse der arkanischen Verfahrensweise einführte, blieb bei mir ein schaler Nachgeschmack zurück, auch heute noch.
War das notwendig, um den Staat, die Ibn Kasser Dynastie zu schützen? Notwendig vielleicht, aber nach westlichen Maßstäben nicht mehr vertretbar. Nach westlichen Maßstäben, genau das war der springende Punkt. Ein arabischer Herrscher saß nur fest im Sattel, wenn er den ungehorsamen Untertanen mit eiserner Knute auf den Pelz rückte. Sanftmut und Mitgefühl waren Attribute für die Weiber im Harem.
So was hielt sich der alte Kasser selbstverständlich auch. Murad brachte mich auch dort auf den Geschmack.
Was heißt auch, nein, ein begeisterter Folterknecht bin ich trotz Murads Anstrengungen nie geworden. Das war wirklich nur als Sadist erträglich oder wenn man mit Inbrunst an Kassers Mission glaubte. Das tat ich nicht, jedenfalls nicht ohne wenn und aber, doch ich muss zugeben, dass mich der Mann faszinierte. Er hatte sich von ganz unten aus einer Tagelöhnersippe heraus nach ganz oben gearbeitet. Das war keine geringe Leistung in einem Landstrich, der seit Jahrhunderten von einigen wenigen Familien dominiert wurde. Wer unten saß, hatte gefälligst unten zu bleiben.
Kasser belehrte sie eines Besseren. Jetzt stammten fast alle Minister aus seinem Clan. Außerdem ließ sich Ibn Kasser auch nach seiner Machtübernahme außenpolitisch nie völlig vereinnahmen, weder von den Amis noch von den Russen. Er bediente sich ihrer nur, wenn er Waffen brauchte, um seine Großmachtsgelüste an seinen Nachbarn auszuleben. Da das nicht selten der Fall war, trat er fast nur noch in Uniform auf , als der immer gewappnete Protektor des Vaterlands.
Dann natürlich sein Stil: die herbe, unheimlich männliche Brutalität, die auch bei jeder noch so gut vorbereiteten Fernsehansprache nicht weg retuschiert werden konnte. Man wusste immer, dass mit dem Mann nicht gut Kirschen Essen war. Einfach beeindruckend.

Diesem Mann und diesem Regime sollte ich mich ausliefern, dort eine Funktion übernehmen und alle Brücken hinter mir abbrechen. Murad hatte mir genau das nach unserem ersten gemeinsam auskurierten Kater vorgeschlagen. Dem Köder war ich damals halbtrunken ein paar Längen hinterhergetorkelt, ähnlich einem übersatten Hecht, bei dem nur kurz die Reflexe die Bewegungssteuerung übernahmen, doch geschluckt hatte ich ihn erst nach der Sache mit Ulrike, nach dem Zusammenbruch meiner Welt.
Es war nicht allein der physische Schmerz wegen des Betrogenwordenseins; ich kam nebenbei bemerkt nur zweimal im Jahr für je drei Wochen nach Hause und befriedigte die zwischenzeitlich anfallenden Bedürfnisse vor Ort mit Kolleginnen oder einheimischen Prostituierten. Mir ging es mehr um das Materielle, um das über den Tisch gezogen werden von dieser verlogenen Bourgeoisiesippschaft, die einen zertrat wie eine vorwitzige Kakerlake.
Vielleicht wären meiner Sehnsüchte nach einer anderen, abwechslungsreicheren Daseinsform auch doch noch eingeschlafen. Wenn Ulrike mir nicht derart in den Rücken gefallen wäre. Ich drücke es so aus, weil ich es so empfinde. Eine Feministin würde dazu wahrscheinlich sagen:Gleiches mit Gleichem vergolten, aber die mussten sich ihr Kleingeld nicht im Ausland, auf harter Montage verdienen. Die wussten nicht, was es hieß, sechs Tage in der Woche mindestens zwölf Stunden lang Dreck fressen zu müssen, fernab der gewohnten umsorgenden Infrastruktur. Wenn da ein Mann ab und zu ein bisschen schwach wurde…mein Gott, das war doch noch lange kein Grund, sich ernsthaft mit so einem Typen einzulassen.
Geschenkt. Es war geschehen und ich wusste nun, wie ich darauf zu antworten hatten. Murad hatte mir nach unserem letzten Treffen versprochen, sich umgehend zu melden. Dieses Versprechen machte er heute wahr. In der Post befand sich ein Brief von ihm. Aus Arkan.
Ich schenkte mir Kaffee nach und steckte mir eine weitere Zigarette an. Noch nie hatte von einer Nachricht so viel abgehangen. Ich öffnete das blaue Kuvert mit dem Brotmesser. Schon umspielte ein Duft aus Tausend und einer Nacht meine empfangsbereiten Sinneszellen. Murad, der Fuchs, wusste genau, wie er mich einseifen konnte. Ohne ein Wort gelesen zu haben, war ich ihm schon verfallen. Bereit, auf alle Forderungen einzugehen. Das musste ich auch, denn Murad hatte schon mehrfach angedeutet, dass ich für meine ‚Aufenthaltsgenehmigung‘ eine Art Eintrittspreis zu entrichten hätte. Dessen Ausformung erahnte ich schon.
Eine von Murads besonderen Stärken war das Erkennen der Absichten seines Gegenübers, auch wenn sie sich noch so tief hinter seiner Stirn befanden. Er würde also etwas verlangen, was sich mit meinen Plänen deckte.
Ich überflog hurtig die üblichen Begrüßungsfloskeln…alter Freund, auf ewig ins Herz geschlossen, werde weiterhin alles für dich tun…nur Blabla konnte man fast sagen und suchte weiter nach einer klaren Botschaft. Doch ich fand sie nicht, war blitzartig am Ende angelangt und hatte nichts Konkreteres in der Hand als ein Date am Freitag Abend in dem von ihm bevorzugten Hotel in Frankfurt. Ich fing noch mal von vorne an, im Glauben die Botschaft einfach überlesen zu haben. Doch auch beim dritten und vierten Versuch fand ich nichts, Murad wird es mir verzeihen, außer arabischen Salbaderns.

Was sollte das? Er hatte mir doch versprochen, einen Plan auszutüfteln, bei dessen Verwirklichung sich all meine Probleme in Luft auflösen würden. Oder hatte ich ihn überschätzt und seine Andeutungen schlichtweg mißverstanden?
Nein, unmöglich, bei dem, was ich von ihm wusste, war absolut klar, dass es für ihn keinerlei moralische Schranken gab. Der alte Kasser hatte ihn sicherlich schon als Kleinkind Exekutionen beiwohnen lassen. In der Richtung konnte nichts anbrennen. Einfaches Vergessen und Verdrängen kam ebenfalls nicht in Frage. Das vertrug sich nicht mit seinem Ehrbegriff, von dem sich in der Beziehung so mancher Bundeswehroffizier eine Scheibe abschneiden konnte. Hatte man einmal sein Vertrauen und seine Zuneigung gewonnen, war er treu und ergeben wie ein Schäferhund.
Trotzdem, der Brief enthielt keine verbindliche Direktion, nur Floskeln. Ich legte ihn ins Kuvert zurück und inhalierte tief. Er hatte sich dabei doch etwas gedacht. Ich drehte den Umschlag um und betrachtete die kunstvoll geschnörkelten Buchstaben des Absenders. Da fiel der Groschen. Murad war der Sohn eines weltbekannten Diktators, Angehöriger eines gegenerischen Dienstes und bestimmt kein unbeschriebenes Blatt beim BND. Wie sollte er da ganz offen höchst verfängliche Botschaften per Post weitergeben können, ganz mir nichts dir nichts? Was war ich nur für ein Gimpel. Als ob wir uns früher alles einfach so geschrieben hätten. Er wollte mir seine Vorstellungen selbstverständlich persönlich, in intimer Atmosphäre mitteilen, so dass nicht dutzendweise Staatslaffen mitinformiert wurden. Wie man nur so gewaltig auf der Leitung stehen konnte. Man durfte solche Dinge eben nicht zu hitzig angehen.
Das war also geklärt. Bis Freitag. Blieben noch drei Tage, oder? Leider war meine Uhr schon letzte Woche stehengeblieben. Nix mehr mit Datums- und Wochentagsanzeige. Wie schnell man doch nachlässig werden konnte. Oh Murad, wo würde ich ohne dich enden?
Ich hatte Glück. Auf einem der heute zugestellten Werbeblättchen war auch der Wochentag angegeben. Also Dienstag, ich hatte mich nicht getäuscht. Nach dem Abspülen stand sofort ein Vorsprechen beim Uhrmacher zwecks Batteriewechsel auf dem Programm. Ich schätzte, dass ich in nächster Zeit unbedingt auf die Dienste der Casio angewiesen war. Staub, Dreck und Erschütterungen hatte sie immer erfolgreich widerstanden, nur das Wasser scheute sie seit einigen Monaten. Vielleicht konnte man das auch gleich miterledigen. Falls wirklich ein Einsatz nach Rambomanier auf dem Programm stand. Murad, diesem alten Barrasknochen, war auch das zuzutrauen. Was mir wohl sonst noch in seinen Fängen bevorstand, nach bestandener Aufnahmeprüfung?
Ich muss zugeben, dass sich ganz hinten in meinem Oberstübchen auch so etwas wie leise Bedenken regten, wenn ich den weiteren Ablauf meines Daseins überriss. Der Kasser Clan war bei aller Faszination immer für Überraschungen aller Art gut, eben auch unangenehmen. Wer konnte schon ausschließen, dass eines schönen Tages wieder die Gelegenheit beim Schopf gepackt wurde und man aus nichtigem Anlass einen Krieg vom Zaun brach, trotz allen vorangegangen negativen Erfahrungen? In den Natostäben saßen schließlich auch Vollblutmilitärs, die darauf brannten, ihre Fähigkeiten abseits vom Reißbrett, quasi am lebenden Objekt, unter Beweis zu stellen. Und ich hockte dann mittendrin, suspekt, weil Ausländer, womöglich unter Arrest, als lebendes Schutzschild an eine kriegswichtige Einrichtung gekettet…
Blödsinn, das zu vermeiden, lag ausschließlich in meiner Hand. Ich meine, meine Loyalität zu beweisen. Der Rest stand wohl wirklich auf einem anderen Blatt. Wenn man beim Poker allerdings nichts riskierte, konnte man auch nichts gewinnen. Schwarzer Peter hatte ich lang genug gespielt. Die Würfel waren also gefallen. Philosophische Erwägungen konnte ich immer noch mit siebzig vornehmen, da lief mir nichts davon.
Ich erledigte den Abwasch und fuhr anschließend in die Stadt, um Punkt für Punkt auf meiner Strichliste abzuhaken: Uhr, Zahnarzt, Kleidung, Versicherungen, Karten (von Arkan, um mich mit der Topographie vertrauter zu machen) und noch etliche andere Sachen. Ehe ich mich versah, schlossen die Geschäfte. War eigentlich auch nicht verwunderlich, denn man wanderte schließlich nicht jeden Tag aus.
Die Ladentische bogen sich förmlich unter den angebotenen Waren. Würde ich auch das vermissen? Arkan-City zählte zwar fast zwei Millionen Einwohner, doch damit konnte es nicht aufwarten, auch nicht in den abgeschotteten Nobelvierteln. Die High Society jettete zum Shopping nach Paris oder New York, der Rest musste sich in den Slums mit den Krümeln bescheiden.
Eines fragte ich mich schon lange. Konnte Ibn Kasser nichts gegen das Massenelend in seinem Staat tun oder wollte er es nicht? Seine großen historischen Vorbilder hatten sich nicht derart lumpen lassen. Sie verwandelten ihre Imperien in blühende Reiche, in denen nicht nur die Wissenschaften zu Höhenflügen ansetzten, sondern auch fürs Volk Milch und Honig flossen.
Öl sprudelte zumindest reichlich in Kassers Land. Die vergleichbar ausgestatteten Nachbarstaaten machten jedoch mehr daraus. Bei ihnen fielen davon weitaus größere Brocken fürs Volk ab. Auch wenn man berücksichtigte, dass Kasser mit rigiden Handelssanktionen regieren musste, blieb es zweifelhaft, ob je die Sorge um das Wohlergehen des kleinen Mannes die Maxime seines Handels wesentlich beeinflusste.
Über sein Privatvermögen kursierten seit Jahren die wildesten Gerüchte. Zig Milliarden sollten sich seit Beginn seiner Herrschaft in Schweizer Banksafes angehäuft haben und ein Viertel vom Erlös jedes geförderten Barrels floss angeblich in seine Privatschatulle.
Meiner Meinung nach konnte an diesen Spekulationen nicht viel dran sein, denn warum erzielte Kasser sonst bei jedem Wahlgang derart eindeutige Ergebnisse? Die Untertanen schienen ihren Präsidenten jedenfalls nicht unmittelbar mit der erlittenen Not in Verbindung zu bringen. Oder war alles Kalkül, weil ein unzufriedenes Volk offensichtlich besser fanatisiert und auf einen äußeren Feind eingeschworen werden konnte?
Konnte mir eigentlich auch egal sein, denn ich bewarb mich nicht als Betschwester, sondern als ein Mann, der sich aus den tristen Niederungen seines Daseins emporheben wollte, als ein Soldier of Fortune, ein Glücksritter, dessen Motivation hauptsächlich im materiellen Bereich, weit abseits von weltverbesserischen Neigungen, wurzelte. Zudem schätzte und vertraute ich Murad; das war eigentlich alles.
Ich beschloss, mich nicht länger mit kleinkarierten Überlegungen zu belasten und brauste nach zwei Tassen Kaffee zurück nach Hause. Was sonst noch anfiel, erledigte ich an den beiden folgenden Tagen. Alles verlief erwartungsgemäß und ohne größere Probleme. Es gelang mir sogar, die gut versteckten Sparbriefe ohne schmerzliche Zinsverluste aufzulösen. Freitags startete ich frühzeitig mit leichtem Gepäck und erreichte gegen halb zehn Frankfurt.
Murad schätzte diese Stadt nicht nur wegen der geballten Bankenpräsenz, sondern auch wegen der unzähligen Möglichkeiten, sich schnell und einfach mit Drogen versorgen zu können. Der alte Kasser war mit Murads Ausschweifungen ganz und gar nicht einverstanden, doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als zähneknirschend über sie hinwegzusehen.

Schließlich war Murad sein effizientester Spross, der es wie kein anderer verstand, Tradition und Moderne zu verbinden. Nur er war imstande, frischen Wind ins immer noch mittelalterlich angehauchte Staatsgebilde zu blasen. Der Rest von Kassers Brut, wieviele Köpfe sie wirklich zählte, hatte noch niemand endgültig herausgefunden, übte sich hauptsächlich darin, Papis Vermögen im Ausland zu verschleudern oder die Bevölkerung mit peinlichen Aktionen zu verärgern. Ibn Kasser ließ sich jedoch nicht alles gefallen. Erst kürzlich hatte er seinen Jüngsten wegen mehrfacher Trunkenheitsfahrten öffentlich auspeitschen lassen. Die Extratouren hatten wohlgemerkt vorwiegend in London und Paris stattgefunden.
Ich parkte den Wagen nach fast einstündiger Quälerei durch die Innenstadt in der Tiefgarage des Viersternehotels und streifte mir zur Feier des Tages rasch eine Krawatte mit aufgesticktem Halbmond über. Murad, wie immer geschniegelt und gebügelt, quittierte dieses Accessoire mit lautstarkem Beifall, als ich ihm wenige Minuten später in der VIP-Lounge um den Hals fiel.
„Bravo, mein Alter. Das ist genau der Geist, den du brauchst, um in Arkan voranzukommen. Vergiss die ganze Scheiße, die sie dir in eurem Operettenstaat eingetrichtert haben und saug den frischen Wind, der in Arkan weht, tief und ungefiltert in deine prächtigen Lungenflügel. Ernsthaft, du siehst fabelhaft aus. Nach ein paar Monaten bei uns kann man dich wieder zur Gattung Mensch zählen.“
Er wieherte erneut in seiner unnachahmlichen Art und drosch mir seine Rechte zwischen die Schulterblätter. Wie er wieder roch, schlimmer wie ein Hafenpuff in Istanbul. Gott sei dank war er inkognito, sprich mit gefälschten Papieren und ohne seine gefürchteten Leibwächter angereist, die derart brutal vorzugehen pflegten, dass sie auch im rauhen Klima ihrer Heimat des öfteren unangenehm weit übers Ziel hinausschossen und bei fast jeder Gelegenheit unvorsichtige Bürger sorglos dezimierten. Murad focht das normalerweise nicht an, unter anderem, weil er von sich selbst eine sehr hohe Meinung hatte. Nicht ganz zu unrecht, wenn man seinen kulturellen Hintergrund, aus dem er sich emporgehoben hatte, mit in Betracht zog. Aber unter Berücksichtigung der besonderen Umstände hatte er heute auf Begleitschutz verzichtet. Ich musste nur vermeiden, ihn mit seinem richtigen Vornamen anzureden. Insbesondere das Schlagwort Kasser durfte auf keinen Fall durch die Gegend trompetet werden. Ich sprach ihn also gemäß einer früheren Vereinbarung schlicht und einfach mit Achmed an. Aber natürlich war ein Mann von Murads Zuschnitt nicht nur den Staatsschützeren suspekt. Er dürfte auch den Argwohn anderer Abteilungen, zum Beispiel den der Drogenfahnder, erregt haben. So musste allgemein mit großer Vorsicht agiert werden.
„Wie sich dein Schnauzer wieder zwirbelt. Oh la la, da steckten bestimmt die blonden Stewardessen dahinter. (Eine davon hatte er tatsächlich schon mal auf der Bordtoilette durchgezogen, ganz ohne monetäre Aufmunterung). Da sag mir noch einer was gegen die deutschen Fräuleins. Gib’s zu, du kommst nur deswegen so oft zu uns rauf.“
Meine Bemerkung veranlasste ihn, wieder loszuprusten. Der Barkeeper stellte mir unaufgefordert einen Whisky hin und signalisierte unauffällig die vierte Lage. Murad ließ es also von Anfang an richtig krachen. Was er sich sonst noch eingepfiffen hatte, wollte ich gar nicht wissen. Wenn es mir nicht gelang, ihn zu bremsen, waren wir blitzschnell in den übelsten Spelunken versumpft. Ohne dass mein Anliegen erörtert worden wäre. Geschäft und Amüsement wusste Murad immer peinlich genau zu trennen. Ob er nicht schon alles vergessen hatte, was ich ihn beim letzten Treffen ans Herzen gelegt hatte?

Ich stieß heftig mit ihm an und verschüttete absichtlich ein paar Spritzer über sein sündteures Jackett.
„Oh du Bauer. Bekommt er einmal was Anständiges zu trinken, fängt er zu tattern an wie ein Wermutbruder, der seit drei Tagen trocken ist. Wie geht’s eigentlich deiner Alten, der kleinen Schlampe? Vögelt sie immer noch in der Weltgeschichte rum? Wenn du nicht so ein guter Freund wärst, würde ich sie vielleicht gelegentlich beackern.“
Wieder Wiehern. Gut, dass er von alleine auf den Punkt gekommen war. Das vereinfachte die Prozedur wesentlich, denn nichts verabscheute ein Orientale mehr als unsere tumbe Direktheit. Ich legte meinen Zeigefinger auf die Lippen.
„Nicht hier, da hören mir zuviele neugierige Ohren mit. Lass uns nach da hinten ins Eck verschwinden und die Sache kurz und bündig regeln. Du kommst heut‘ schon noch zum Zug.“
Murad schüttelte grinsend den Kopf. Klar, wegen einer Tussi soviel Aufhebens machen, das verstand er in tausend Jahren nicht. Die bei ihm ausgedient hatten, konnten von Glück sagen, wenn sie nicht den Haien zum Fraß vorgeworfen wurden. Murad, der Teufel, fütterte für solche Anlässe an einer abgelegen Mole die netten Tiere regelmäßig an. Angeblich sogar mit Menschenfleisch, so dass die Biester nichts mehr anderes anrührten und die verschmähten Jungfern gierigst erwarteten.
Er folgte mir, allerdings nur nachdem er sich eine Flasche Jack Daniels unter den Arm geklemmt hatte. Für ihn war und blieb es eine Vergnügungsfahrt, auch wenn ich noch so oft zeterte. Ich lotste ihn in die abgeschirmteste Nische des Raums und plazierte einen ausladenden Blumenstrauß auf unserem Tischchen, zur endgültigen Tarnung sozusagen. Murad fasste sofort die stramme Bedienung ins Auge und begann mit einer Margerite das ‚Sie liebt mich, sie liebt mich nicht Spielchen‘ .
„Achmed, du bist ein richtiger Scheißkerl. Obwohl du genau weißt, wie tief ich in der Scheiße stecke, schüttest du dich unkontrolliert zu und unternimmst alles, um die Aufmerksamkeit von irgendwelchen Staatsbubis auf uns zu lenken. Und du weißt, was los ist, wenn du auffliegst. Unter zehn Journalisten geht die Chose nicht ab, trotz der gefärbten Haare und den Kontaktlinsen.“
Meine Vorwürfe schienen ihn nur zu belustigen. Er grinste noch breiter und zündete sich eine seiner ägyptischen Zigaretten an.
„Und du willst mein Freund sein. Du kennst nicht mal meine richtige Augenfarbe. Beim letzten Meeting trug ich Linsen, nicht heute. Meine Haare sind geölt, nicht gefärbt, du Flasche. Das erlebst du nicht, dass ich grau werde! Aber bitte, lass uns zur Sache kommen, bevor dir noch einer abgeht. Das versteh ich bei euch Europäern übrigens überhaupt nicht. Ihr legt die halbe Welt innerhalb weniger Jahrzehnte zweimal in Klump und Asche, erhebt euch wenig später, schüttelt kurz den Staub von den Schultern und macht so weiter als ob nichts gewesen wäre. Wenn euch aber eure Schnepfen ablinken, gibt‘ s Aufstände wie beim Einfall der Hottentotten. Gerade dir hätte ich eigentlich mehr zugetraut.“
Sagte er mir eiskalt ins Gesicht. Wenn er dabei nicht so fies gelächelt hätte, wäre ich sofort aufgestanden und gegangen. Der Sauhund wollte mich nur provozieren, das alte Spiel.
„Trotzdem werde ich dir ein bisschen unter die Arme greifen. Allerdings nur, wenn du willst. Willst du?“
Bei dieser Frage blitzten seine Augen kurz diabolisch auf. Das verhieß nichts Gutes. Ich nickte trotzdem.
„Gut. Du brauchst dich allerdings gar nicht so zu zieren. Ich werde nur das arrangieren, was dir deine lächerlichen Skrupel nicht erlauben. Deine kleine Ziege wird beseitigt und du setzt dich nach Arkan ab, natürlich vorher. So wird dir keiner einen Strick draus drehen können.“
Ich schluckte, auch wenn er recht hatte. Ich würde Ulrike keine Träne nachweinen. Dazu hatte sie mich zu tief gekränkt. Wenn er mir die Dreckarbeit abnehmen wollte, umso besser.
Ich hatte geahnt, dass er mir das vorschlagen würde und deshalb bereits die Folgen durchkalkuliert. Meine finanziellen Sorgen wären zwar auf einen Schlag gelöst, doch Murad würde mich dafür immer in der Hand haben. Was konnte mich schließlich verdächtiger machen als ein spurlosen Verschwinden kurz nach der Ermordung meiner Exfrau, an die ich auf unbestimmte Zeit ein stattliches Sümmchen zu überweisen hatte. Logische Konsequenz daraus: lebenslängliche Interpolfahndung, weil auch die Bullen wussten, dass ein Killer, der den Job erledigte, wenn ich längst über alle Berge war, für ein paar Riesen zu haben war. Und wenn ich einfach so verschwand, ohne mich an Ulrike derart rabiat rächen?
Der einfache, weiche Weg, weil wegen nicht geleisteten Unterhaltszahlungen keine Supercops nach Arkan einsickerten. Der Weg, der jederzeit ein Umkehren möglich machte, wenn das Pflaster am Golf zu heiß wurde. Genau deswegen fiel er flach. Denn Murad hatte sich ebenfalls seine Gedanken gemacht, auch wenn er sich noch so ausgelassen gab. Für ihn kamen keine faulen Kompromisse in Frage, nicht im Geringsten. Mein Rubikon war also mit der Ermordung Ulrikes identisch. Ich hatte ihn bereits überschritten.
„O.k. Wie willst du die Sache erledigen?“ fragte ich entschlossen mein Gegenüber.
Murad füllte erleichtert die Gläser und prostete mir zu:
„Ich ahnte, dass du noch zu Vernunft kommst. Überlass die Kleine mir. Als Gastgeschenk sozusagen…“
Nein, das galt es zu verhindern. Ich wusste, wozu er fähig war.
„Ich will wissen wie. Ich werde nur zustimmen, wenn es kurz und schmerzlos über die Bühne geht. Also?“
Murad verschluckte sich. Das war typisch deutsch. Die Alte kaltschnäuzig erledigen lassen, aber vorher penibel die Modalitäten aushandeln, nach dem Motto schließlich sind wir keine Barbaren. Er erklärte:
„Du bibberst grundlos. Sie ist nicht unbedingt mein Typ. Zu Tode vögeln werde ich sie also bestimmt nicht. Einer meiner Leute steigt in ihre Wohnung ein und mischt ein Pülverchen in den Kaffee…oder Zucker. Das Ganze wird dann so aussehen wie ein Herzanfall. Wenn wir den richtigen Doc für den Totenschein erwischen, wird die Sache wasserdicht. Gebongt?“
Gift! Ich hätte es mir denken können. Nicht weil er besonders human vorgehen wollte, sondern weil er mich so einschätzte. Etwas Aufregenderes traute er mir einfach nicht zu. Ich umklammerte seine Handgelenke und sagte:
„Es soll so geschehen. Von diesem Augenblick an, lenkt Allah meine Schritte.“
„So sei es. Ich verspreche dir bei allem was mir heilig ist, dass du diesen Entschluss niemals bereuen wirst. Wir werden für dich ein adäquates Betätigungsfeld finden. Vielleicht sogar im Technologieministerium. Also keine Bange. Und nun lass uns fröhlich sein und feiern.“

Nanya Nyssen

Silenced Voices

Buried in a box;
In a cellar;
Two fully grown generations later.
Only curiosity led to the box being opened and the voice
finally heard.
Much pain, sadness, loss, anger, terror and death
since the voice was immortalised in pen on paper.
The winter – your last night on home leave before returning to war.
Late that night, the wind blew and kept you from sleeping.
Creeping from your bed, careful not to wake your pregnant young wife,
your head was swirling with thoughts and doubts.
The wind was whispering „this time you will not return…“.
Sitting at your desk, struggling to find the words to express your feelings –
aren’t you still just a young man, only 27 years old? But the weight on
your shoulders, burdens you with a sense of death. You are an old man
staring at the end of your life.
But you must write to your beloved wife, tell her everything you feel.
Leave her something of yourself…
Your voice from all those years ago, the night before returning to the
Russian Front in 1942, four months before your death near the Caspian Sea.
Your voice in the faded envelope and the rushed scribble
„in case of my death please send to my wife…“, was heard again,
from an old box kept by my grandmother to the day she died.
The voice that spoke of love, hope and despair across the chasm of time,
choking us all with tears.
The voice of a young, idealistic man looking death in the face.
„Hopefully, they are now reunited in heaven“ was all we could say.

Philipp Arno Vajda

Texte f. Neurotiker

Blauer Stahl im Leib damals träumte ich noch japanische Wälder aber heute stille Zufriedenheit bei Suppe & Wein wurzelloses Vornübersacken bei zuviel Alkohol danach Stunden bohrenden Schmerzens aber immer wieder Flucht in farbige Dünste Räusche & Spelunken Herzsehnsucht Sucht nach Frauen Frauenkörpern in die Nacht geschrien morgens farblose Abschiede mitunter gekünsteltes Kaffeemaschinengeplauder leichtlebig in den Tag hinein Erinnerungen fragmenthaft überzüchtet verdreht & der Geruch dieser Duft an den Fingern verklärte Gespräche die Liebe weit weg am Mond vielleicht oder sogar noch weiter was weiß ich…
doch dann das Gefühl einer Endlosigkeit eines sich Entfernens während Spaziergängen im Nebel schnell eine Bierdose gekauft im Supermarkt & Leute beobachtet wie sie stehen wie sie gehen wie sie ihren Geschäften nacheilen traurige Frau mit Krückstöcken jetzt Blicken ausweichend verneinend dann doch froh ein Lied gesummt & zu Dächern hochgeblickt in den Himmel unwichtig Zeit oder Ähnliches was zählt sind Situationen klare Dinge aus Glas oder Luft auf jedenfall durchsichtig & spürbar & wenn nicht sind wir alle arm dran ohne Ausnahme jadoch denn uns selbst an der Nase herumzuführen sind wir uns doch zu stolz zu erwachsen macht nichts Hauptsache viel Geld oder zuwenig je nachdem aber das interessiert mich eigentlich nicht möchte lieber in deine Augen schauen & irgendetwas sagen muß nicht viel Sinn haben aber nett soll es sein & darauf kannst du Gift nehmen hi hi ich sage nie etwas umsonst auch wenn es vielleicht so aussieht als wäre es Blödsinn du weißt ja…


Niemand kennt das Ende alle lachen schmunzeln verziehen das Gesicht wenn du das Messer an deinen Leib hältst wo ist die Katastrophe fragen sie wo der dunkle Abgrund?
Bist du traurig stimmt was nicht hat dich deine Frau verlassen? Verdammt sie wissen nichts sie haben keine Ahnung sie tappen im Dunkeln halten dir die Faust vor die Nase ich könnte sie zerkratzen mich zerkratzen…


Vergangenheit längst festgefressen in Erinnerung quillt hervor breitet sich aus wie ein stinkender See milchig giftig Einzelheiten aus Erlebten als tote Fische mit dem Bauch nach oben früher Nahrung jetzt verwesendes Fleisch fahlgrün angesichts dessen tanzte ich die Schlange & das Gefühl Wasser zu lassen Wortfaserungen gegenseitig aufgehalst wie schäbige Mäntel & beschissenes Gefühl darunter nackt zu sein eindringen in Augen als wären sie Eingänge zu Silberbergwerken sektüberströmt die Kuppen der Finger geliebt Bauch berührt da sage ich nichts denke an vertrocknete Haut später Geigenspiel vor Schulkameraden im Kamelhaarmantel & rhythmische Stiefel ein Pizzicato mit wiegenden Oberkörper die Vierwände stürzen zusammen & bereiten sagenhafte Stunden nicht mehr bewegen wollen siehe Oblomov Schleimtage & Schlaf säureartig das Gehirn zersetzt durch Paranoia & dann langsames Aufatmen in scheinbar glücklichen Stunden bei stromlosen Licht & beginnender Kälte regungslos Kugelschreiber nur Gedankentümpel stehendes Gewässer Algenkolonien Schlamm & Schilf unter schwerer Sonne fiebrige Luft erzeugt Flimmern vor den Augen Insektengewirr da ein Rascheln & schreiende Vögel sich nähernde Schritte dann Stille wach jetzt das Säuseln des Ofens & die zuerst gedacht und dann wirklich geschlagene Tür fernes Rauschen Motorengeräusch…


Sato Sato schon seit Tagen trage ich diese komischen Worte in mir herum weiß nicht was sie bedeuten Sato Sato maybe i’ll eat all the children if they wouldn’t be good good night good night ich weiß nicht lieber noch ein Glas Rotwein weil es kälter wird & der Herbst schon vor der Türe steht ich fahre nicht mehr nach Amerika ist mir Gestern in den Sinn gekommen & meine Liebste lasse ich keine Schmerzen fühlen mein Herz hängt an ihr wie ein aufgeblasener Luftballon am Gartenzaun demnächst gehe ich in den Wald Beeren pflücken wenn es noch welche gibt bin so uninformiert seit Jahren war ich nicht im Wald Beeren pflücken genaugenommen ist es fast zwanzig Jahre her das letzte Mal es waren Heidelbeeren soweit ich mich erinnere & beim Heimfahren stürzte ich mit dem Rad schwer & zerdrückte alle Beeren seltsam mein Hemd Blut & Heidelbeermus schöne Farben doch mein Schmerz & meine Angst & der Verlust waren größer als heute nach zwanzig Jahren manieristische Betrachtungen über Schönheit was Farben betrifft…


Partytiger Killer Zeit bringt mich zusammen mit alten Gesichtern mit altem Charme & dennoch böse & ungeküsst sprichst Sprachen vielfältig einfältig Witze Humor Lachen aus der Nierengegend roter Wein hinüber in alte Melancholie Wehmut Sehnsucht stille Freude lächeln wie damals letzter Winter war eine Idylle noch heute frisst der Geist kleine Stücke unzerkaut wo immer ich stehe der Stand der Dinge rücksichtslos gegen romantisches Geschnatter wo stehe ich wer bin ich hier wer sind die Leute?
In einer Zeit wie dieser schon viel älter & man sagt mir einsichtiger was ich glauben kann oder nicht ich spiele mich damit ich weiß nicht so recht auf jedenfall gefällt mit die Strahlung das Wesen das Herz & mit althergebrachten Sprachekörper wird oder will ich die Vergangenheit retten hinüberretten in den neuen Tag in die neuen Tage…


Selbstgefälliger Prinz narkotischen Ausmaßes weiland die Herrschaft eines kleinen Reiches nämlich jenes unter der Schädeldecke verloren Worte lallend unzeitgemäß doch Funken sprühend mal dies mal das schnell noch ein Glas Wein heute Rotwein wie in den Wintern vor vielen Jahren viel deshalb weil noch nicht so alt & schon einige Jahre sagen wir fünf viel sind damals Zigarillo rauchend in bunten Lokalen huh sieh diese Frau huh was für Augen huh & in der Tasche ein kleiner Talisman der alle bezaubert…


All die Jahre Stirngerunzel & die Frage wo war ich nur die ganze Zeit? Alles vergessen war nie Irgendwo vielleicht habe ich auch nur geschlafen Träume tragen soweit weg wir leben auf einem Stern immer wieder mitten im Dschungel ich werde mich zur Erde madonnen mit einem Regen aus Nägel & Wolken voller Sehnsucht & Gift zweitausend Rollen Jesus nachts sehe ich dich gekreuzigt voller Mitleid ein mildes Lächeln schenk mir dein Herz eine Rose geheiligte Erde wo war ich nur?
Gern hätte ich eine luxuriöse silberfarbene Himmelfahrt du mein Liftboy erleuchtet über allen Dingen das Haupt im hellen Schein gekleidet in unbegreifliches Weiß keine Schweißflecken keine Schuhe blutende Hände nicht die Spur nichteinmal einen üblen Atem oh Gottheit oh heiliges Wunder oh Herr reden wir mal über Apollinaire’s Kopfschuß oder Rimbaud’s „Eine Zeit in der Hölle“ mitten in Paraguay ist dein Staat entstanden fünfundzwanzig Rutenschläge für den Ungehorsam liebliche Nackte mit einer großen Ehrfurcht vor Zeremonien & ich Haufen Elend schon tausendmal erfroren ich Polarforscher ohne Pol ich Mörder ohne Toten ich Schmerz ohne Wurzel ich Unwürdiger ohne Würde lege Hand auf oh göttlicher Himmelfahrer umfasse meinen Kopf & befreie mich & vergebe mir meine ungebeteten Gebete meine Flüche meinen Zorn auch meine staubige Ungeduld…


Komm heraus Teufel du feiges Schwein ich werde beschimpft als Arschloch & mein Herz explodiert aber he! he! nicht für dich nein nicht für dich & wenn ich auch in Stücke fliegen sollte ich mache dir diese Freude nicht ich tue es im Stillen so das du es nur spürst also nicht hörst denn eines Tages stehst du vor einem zertrümmerten Körper einem zerschlagenen Körper & da möchte ich dich sehen deine Augen sehen weißt du der Schmerz ist in mir & ich werde ihn vervielfältigen werde ihn sich multiplizieren lassen & sind unsere Glieder einmal müde & unser Blick fahl werde ich da stehen & zumindest lächeln auf jedenfall lächeln…


Kein Gesicht aber einen Vater aus tausend Sonnen damals warst du nicht allein hast Felsen erstiegen aus purer Lebensfreude ja dein Vater aus tausend Sonnen du konntest gar nicht anders warst angekettet an ihn gefesselt aber vielleicht hattest du keine Lust dich loszureißen gab es doch so viele Möglichkeiten & soviele Dinge zu erledigen die große Neugier sah man dir an du warst der Flut der Dinge ausgesetzt & immerfort fielen dir neue Sachen ein aber jetzt wo du älter bist & stiller & dein Sonnenvater nur noch an seltenen Tagen die Leuchtkraft von Früher erlangt bemerkt man die Furchen die Trockenheit in deinem Gesicht die sich immer mehr abzuzeichnen beginnt & als du dich tagelang versteckt hieltst vielleicht in deiner Kammer vielleicht im Wald du hast es nie gesagt & als du dann wieder da warst sah man deine Augen leuchten wie kleine zornige Sterne ich erschrak wie du weißt & wagte nicht nach dem Grund zu fragen & tat ich den Mund auf sahst du mich so eigenartig an später als dein Vater verlosch verstand ich dich überhaupt nicht mehr du warst mir unheimlich richtig unheimlich…


Kreislaufgeknister & hebe ich den Fuß bietet mir schwankend verzerrt der Gang die Stirn mühevoll bewege ich mich vorwärts mit Gedanken in Rosenschaum gebettet meine Heimat ist die Flucht die Schwere der Worte & der Blitz ins Herz ich sehe über die Dächer der Häuser in nebelige Ferne & spüre diese quälende nicht näher definierbare Sehnsucht mein Atem geht flach bei all dem Gewicht dieser Verlorenheit & weiter kann ich nicht kommen alles einerlei Freud & Leid keine Höhen keine Tiefen was zählt ist das Hintersichlassen…
Eingepfercht in endlos sich wiederholenden Situationen weder vor noch zurück nur ein Stehenbleiben krampfhaft der Zeit ausgeliefert rosige Münder nur noch im Kopf & dann nur mehr als kleiner geiler Augenblick der sich nie verwirklicht keine Lehren an die man glaubt nur traurige Köpfe dem Alkohol ergeben mit scheuen Blicken ohne Mut…


Regen Regen regengrau mich fröstelt beim Einkaufen überkam mich jenes Gefühl & jetzt Abend brr mit Sherry & leeren Räumen Energie aus dem Inneren holend kleine Verzweiflung doch dann das Telephon & du du du deine Stimme ich weiß nun ich bin nicht allein man muß nur den richtigen Konsens herstellen zwischen Innen & Außen & Außen & Innen Henry Miller gelesen in der Badewanne wie wahr & ehrlich i will kill time before time kills me nur ja keine Urteile keine Äußerungen Vorsicht! überall kleine Körperspione Seismographen des Gefühls versteckter Brechreiz & Pelz auf der Zunge momentane Unausgegorenheit oder auch nur ein unwesentlicher Verschub seelischer Wahrnehmungen aber Eines ist sicher der Alkoholkonsum fängt scheinbar unmerklich zu steigen an aber ja die Seismographen sind tätig beziehungsweise vorhanden so fällt es auf & das Lachen bekommt einen nervösen Unterton so wie Früher als sich Krisen abzuzeichnen begannen Hoppla! nicht schon wieder die Vergangenheit als Maßstab heranziehen Entwicklung ja lassen wir die Dinge sich doch entwickeln schön aber wäre da nicht diese nicht vom Platz zu weisende Angst die sich unermüdlich & beständig hineingräbt wie ein Wurm ohne sein Ziel zu verraten gewissermaßen wie ein Nagel am falschen Platz doch heute wollen wir still sein & das besorgte Gemüt in Ruhe lassen nur ein bißchen ruhen lassen Später werden wir ja sehen später…


Fortgeschrittene Analyse du quälendes Monster Stück für Stück herausgerissen aus dem zerschundenem Leib geborstene Seele Hilfeschrei nächtens in leere Räume echohallend zerwühlte Betten auf & nieder stöhnende Sexualität ohne Hintergrund ohne Wahrheit tausend Lügen direkt ins Gesicht gestöhnt zärtliches Augenglimmen your bullet got my name on it & immer wieder Fragen Überprüfungen immer wieder kleine Geschichten kleine Korrekturen des Lebens Neurosenbehausung ziehende Gefühle gegen die Menschheit gegen das Leben Erinnerungstraumschlösser mit den besten Menschen den besten Situationen & allein Pornofilmmasturbation Sehnsucht die stinkt eklig & faul hinter dem Mond die wahre Zärtlichkeit begraben vergraben bröckelnde Körpersubstanz alles Lüge…


Schüttel mich Engel des Staubes verdammte Brut schon viel zu lange der Gleichmütigkeit ergeben Heia Explosion! rote Fäden im Gehirn durch dunkle schwarze ersetzt auch egal ich befinde mich am Rand des aussprechbaren Unaussprechbaren wie auch immer möchte lieber verliebt sein teuflisch verliebt als so ein ödes Glas Bier zu trinken heute sage ich mir geht es noch doch Morgen nicht mehr so ist das nun einmal ich wette kein noch so verdammter Faden spinnt sich länger als eine Umdrehung & so das Leben am Ende Asche & Staub zu Asche & Staub…


Vergessen vergessen vergessen da gibt es das Sterben das kleine im Herzen bevor es aufhört zu schlagen wohin treibt es mich? ich spüre ein Ziehen in dieses elende Leben verdrehtes elendes Leben was nützt es zu sprechen was nützt es zu zeigen was nützt es von Dingen zu wissen? kleine Tode die das Leben durchbohren…


Wieder diese Ha Ha Stimmung seit Tagen verfolgt von den roten Lippen dieser Frau der Frau zwei Stock höher schmale Lippen Holundergestrüpp die Beine knochig die Scham die Lust die Zunge oh hole mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank Regenwetter & Vorstöße hin zu den Büchern den stillen Worten die lange warten können aber sind sie gelesen so bleiben sie im Kopf & ich hier kein Löwe kein reißendes Tier nur glatte Sehnsucht Einbahn- Gedanken schmerzloses Älterwerden im Rausch der Sekunden & Vergangenheit so weit so fern so gar nicht mehr wahr Gerüche aus der Zeit nein nein nein ich kann sie nicht nennen täglich wasche ich mir die Hände & alles gleitet mir durch die Finger ja da ist Zufriedenheit so blaß wo ist die Liebe fragt das Kind Häuser grau wie eh & je wir gehen immer noch den selben Weg nach Hause möglicherweise Vorzeichen geändert Adresse neu…
Kann keine Romane schreiben wie Balzac oder all die anderen Namen doch führt mein Auge mir den Tod auch vor den Schmerz die verdichtete Wahrheit die Poesie die stinkende erdige Poesie sowie das Leben die Sünden die Gesichter & die Ängste ich sah meinen Großvater sterben im Zug als Wolkengebilde als sich spiegelndes Licht & ich wußte es war geschehen doch keine Trauer nur Gewißheit & die Nächte die ich durch fremde Städte strich im Rausch immer dem Moment nahe Vergangenheit Erinnern Älterwerden Zerfall sind Dinge die mich beschäftigen schon seit langem schon seit langem…


Warten & Schweigen tausend Sonnen Hitze heute schwer die Last dieses Tages & noch immer kein Brief von dir noch immer keine Berührbarkeit in Persona habe getrunken geplaudert die Zeit vertan & dennoch ein Gefühl erlangt so verquer wie ich liebe dich verkehrtherum bin im Kreis gelaufen die letzten Tage puh diese Affenhitze Herbst ist mir eindeutig lieber obwohl da die Mädchen ihren Körper wieder züchtig bedecken jeder weiß es ist die Kälte weil züchtig sind sie noch alleweil würde gern etwas aufwühlendes lesen oder tun aber so lasse ich die Zeit verrinnen die ohnehin stockend vergeht ohne dich sind die Tage wirklich gleichförmig das heißt ich empfinde sie fast immer gleich weil sinnlos was eventuell ein Kompliment für dich sein soll du kannst es nehmen wie du willst oder Angst kriegen bin so anhänglich so klebrig wie der Schweiß der sich in meine Kleider saugt aber nein nein ist alles halb so schlimm ich versuch mich einfach irgendwie nützlich zu machen das Badezimmer schiller schiller blankgeputzt wenn du wiederkommst möchte ich dass du dich freust auch wenn es nur zur Hälfte für dich ist denn den Dreck halte ich selbst nicht lange aus was soll’s…


Das gemalte Wort güldern im Sonnenlicht heißt es Liebe wenn der Frieden da ist in dir in mir in uns allen aber stop keine Trivialphilosophie nein nur eine Sehnsucht irgendeine unter vielen & ich sah dich ins Flugzeug steigen Aeroplane sagen manche älteren Leute & bald darauf warst du in den Wolken ja du & das Einzige was ich hörte war ein sich entfernendes Geräusch vorher Wein im Restaurant & das Kreischen & Lachen der Kinder du jetzt in der Ferne einen anderen Mann um dich auch wenn meine Liebe dich so erreicht hätte wie ich es mir vorstellte so warst du trotzdem immer eine Fremde die ich zwar oft aus der Nähe sah doch das ist eigentlich egal seit du dich zurückgezogen hast & meine Anrufe kühl zu beenden versuchtest ich frage mich erinnert sich denn niemand an das goldenene Zeitalter vorallem du an die Nächte voller Rausch & Glut an die Vielzahl der Eindrücke an unsere leidenschaftlichen Körper manchmal sah ich schon den Teufel lachen & seine heiße Hand nach uns ausstrecken ja nach uns nicht nur nach mir & außerdem übe ich mich seit kurzem im Kleinerwerden sodass ich vielleicht einmal durch die Ritzen deiner Tür kriechen kann & wer weiß vielleicht lerne ich sogar fliegen so wie das in Träumen möglich ist…


Schreie in der Nacht & nach unruhigem Schlaf nun erwacht blicke ich mit zittrigen Augen auf deinen Körper & wünsche ihn mir tausend Meilen weit weg das grausame Spiel war zu Ende gebracht & mein Samen fiel auf die Erde & mein Rücken voller Schmerz die Wunden die du mir zugefügt hast leuchten im Spiegel als rote Zeichen & ich kann dich nicht mehr atmen hören nicht so nah weil mein Rachen eine Wüste ist & mein Kopf ein versteinerter Wald wo die Borkenkäfer unserer Liebe jeden Baum jeden Strauch ja jedes Gewächs zum Absterben gebracht haben & die Liegstatt der Liebe ein Platz zum Sterben geworden ist ohne Leben ohne Hoffnung darauf…


Die Kleinheit dieser Tage saugt an meinem Gewissen wo sich hinwenden wann die Hand ausstrecken warum den Kopf beugen?
Ich schlürfe die Stunden gebe mich fröhlich unbeschwert doch nagt der Tod an den Gebeinen wie ein Wurm der sich als Parasit eingeschlichen hat noch heute Nacht will ich tausend Nutten ficken oder eine Frau die sich aus Liebe & Verlangen hingibt doch stehe ich da wie ein Mörder ein Verbrecher mit glasigem Blick mechanische Handlungen Roboterzeit & Vergewaltigung im Nebenzimmer mit oder ohne Gestöhn je nach dem & immer wieder diese Schulmädchenerinnerung die mich nervt mich quält mir die Haare zu Berge stehen lässt sag bitte nichts fahr mir bitte nicht durchs Haar lass mich bitte nicht dein Mitleid spüren weil ich fand dich nicht reizend ich fand dich nicht schön & meine Schmerzen habe ich selbst nie verstanden doch ich wollte durchblicken sehen durchschauen können aber allein die Angst in einem Raum eingesperrt zu sein macht mich rasend & in der Folge mutlos & apathisch schlimm ist es die Sehnsucht auszustrahlen & dann zerstückelt wiederzufinden was sind das für Ängste wie sind meine Gedanken beschaffen? Könnte ich dieses Unbestimmte nur irgendwie loswerden was weiß ich neue Tage brechen heran neue Stunden schlimm ist man setzt dem etwas entgegen nämlich Zeit & Älterwerden…


Tage vergehen Schnee im Herzen Staub im Hirn mich fröstelt beim Gedanken an die kürzer werdenden Tage doch ist es manchmal der Biss der Zeit egal ich denke nicht an fragwürdige Dinge nicht absichtlich doch beschäftigen sie mich glaube fast mein Leben sei eine vorherbestimmte Sache auch zusammen mit kalten Wintern & bisweilen unangenehmen Sommern wo es schwerfällt auf die Straße zu gehen & besser im verdunkeltem Raum zu sitzen oder zu schlafen ja viel besser & die Biere die da hinuntergekippt werden nicht ohne Wirkung aber vordergründig wegen dem Durst in der Hitze ich war einmal ganz spätabends an der Ecke wo all die Leute nachts stehen & ihr Geld zehnmal zählen bevor sie es ausgeben ich sah ihre Augen ihre schwarzen Münder & ich ein biederer Beamter wenns gefällt nein ernst jetzt aber der Unterschied war sehr groß & ich bestellte mir ein Viertel Wein & beobachtete beobachtete huch manchmal war ich betrunken & blickte glasig auf meine Wurst die ich ebendort bestellte & der Verkäufer den ich einen Geiger nannte wegen dem Schnurrbart & seinem nicht ganz uninteressanten Äußerem fast zwinkerte er mir zu zumindest unser Verständnis war ein Vorhandenes was soviel heißt auch wenn ich noch so betrunken war ich bekam mein Viertel mein Viertel…


Er kannte sie schon lange, doch nun dachte er sie würde bald sterben. Sie saß nur noch vor ihrem Fernsehapparat und blickte abwesend hinein. Ihr Gesicht war geschwollen von den vielen Medikamenten, die sie schlucken mußte.
Kam man in ihre Wohnung, schlug einem gleich der Geruch der Krankheit entgegen. Ihre Art zu sprechen hatte sich verändert, sie kicherte mitunter grundlos und sprach verhalten vom Kinder kriegen. Auch schenkte sie sich Blumen zu Muttertag, obwohl sie doch selbst keine Mutter war. Es lag etwas in der Luft, von dem man unbewußt Angst bekam.


Es war egal, er konnte machen was er wollte, es half nichts. Schuld daran konnte seine Mutter sein, das war unklar. Er sah nicht schlecht aus, und auch sonst war nichts an ihm, dass abstoßend wirkte. Trotzdem hatte er kein Glück bei Frauen, jedesmal wenn eine Frau mit ihm sprach, oder auch nur zulächelte, wurde er seltsam befangen und konnte nicht viel mehr als ja und nein sagen.

Er begeilte sich an den härtesten Pornos, malte sich in seiner Phantasie alle möglichen und unmöglichen Stellungen aus, aber der Gedanke wirklich mit einer Frau zu schlafen war ihm so fremd wie der australische Kontinent.

Sprach man ihn darauf an, wurde er böse und drohte mit Schlägen. Ja, ein kräftiger Mann, der weiß sich zu helfen. Vielleicht hatte er sich einmal überlegt, homosexuell zu sein, aber das half ihm auch nicht weiter.

Anflüge davon bekam er nur, wenn er besoffen war. Trinken, das tat er gerne. Na ja, sich ein wenig von der Welt lösen, dieser Grausamen. Wie waren da erst seine Gedanken! Solcherart, dass andere Menschen sie eigentlich nicht denken wollten. Er dachte fortwährend an aufgeschlitzte Leiber, gespaltene Köpfe, an geschändete Leichenteile. Auch malte er sich Amokläufe aus, Züchtigungen der strengsten Form. Nach dem Motto: „Wenn die Welt schon so grausam zu mir ist, bin ich eben auch grausam zur Welt“. Sehr gut, sehr gut, aber dann wie mit einer Frau schlafen? Wie eine Frau lieben?


Er stand vor ihrem Zimmer und lauschte gespannt. Nichts war zu hören, es knisterte nicht einmal das Feuer im Kamin. Seit Tagen hatte er sie schon nicht mehr gesehen, sein Wunsch sie zu spüren wuchs ins Unermeßliche. Er sah ihren elfenbeinfarbenen Körper im Geiste und ein starkes Magendrücken überkam ihn. Er eilte ins Wohnzimmer, trank schnell einen großen Fernet, fuhr sich anschließend mit der Zunge über die Lippen und flüsterte kaum hörbar: „Ich muß sie haben!“ In seinem blau-grau gestreiften Morgenrock wirkte er plötzlich alt und zerknittert.
Seit ihrer Hochzeit hatte sich Alles verändert. Es gab keine Zärtlichkeit mehr unter ihnen, außer jener zwingenden, die mehr als Schmerz denn als Freude empfunden wurde.
Solcherart Gedanken gingen ihm durch den Kopf und nun leicht benebelt durch das Getränk, ließ er sich auf der Couch nieder, und ohne es eigentlich zu wollen, fielen ihm die Augen zu.


Schon seit Wochen war seine Verdauung gestört. Er wurde morgens wach und eine schleichende Übelkeit, für die er keine Erklärung hatte befiel ihm. Es war nicht so, dass sie ihn an seinen gewohnten Tätigkeiten hinderte, aber bisweilen war da ein Aufstoßen, ein Brechreiz, der ihm fast die Besinnung raubte.
Er eilte zur Toilette, würgte und würgte, Tränen traten ihm in die Augen, aber er konnte nicht kotzen. Beim Essen bemerkte er eine immer größer werdende Lustlosigkeit, ja fast schien es, als würde er die Speisen hassen, die er sich einverleibte.
Immer wieder kam es vor, dass er sich nach einer Mahlzeit einbildete, in seinem Bauch werde Krieg geführt. Eines Mittags wärmte er sich den schon am Vortag gekochten Reis und die selbst zubereitete Soße auf, klatschte alles zusammen auf einen Teller und begann darin herumzustochern.
Er aß einige Löffel, plötzlich schrie er auf. Im Teller vermeinte er tausende weiße Würmer zu sehen, die sich zerfleischten. Der Löffel blieb ihm im Hals stecken und selbst da krabbelte es. Die schreckensweit aufgerissenen Augen verdrehten sich und er fiel röchelnd und nach Luft ringend in den Sessel zurück, verfiel in spastische Zuckungen, knallte kopfüber in den Teller und verstummte.


Es gab nichts mehr, das seine Interesse motivieren konnte. Die kleinen Dinge des Lebens sah er als Notwendigkeiten an, Liebe, Gefühl und Tiefe waren seit geraumer Zeit aus seinem Leben verschwunden. Manchmal blickte er auf die Uhr, wenn sich irgendein Gefühl seiner bemächtigte, nur um zu sehen, wie lang es anhielt. Die Gleichgültigkeit war wirklich ein großer Teil seines Lebens geworden. Er mied alle Lokale, die er früher mehr oder weniger regelmäßig besuchte, sondern ging immer häufiger in schäbige Wirtshäuser und Branntweinspelunken, wo er sich beinahe bis zu Bewußtlosigkeit betrank.

Er starrte dort die Gäste an oder blickte durch sie hindurch, redete nie, und selbst mit dem Wirten wechselte er kaum mehr Worte als die in der Bestellung beinhalteten und den Ruf nach Bezahlung.

Der Tod seines Vaters und die darauffolgenden Formalitäten brachten ihn nicht aus seiner gewohnten Bahn. Der Zufall wollte es, dass er, um Erbangelegenheiten zu klären, ins Haus seiner Eltern mußte, wo er, kurzfristig allein, im Schrank seines Vaters eine Pistole entdeckte, die er an sich nahm.

Lange Zeit lag diese dann bei ihm auf dem Schreibtisch herum, nur gelegentlich betrachtet. Eines Tages nahm er sie mit in die Branntweinstube, deren Gast er in letzter Zeit häufig war. Er bestellte einen halben Liter Wein und begann aufmerksam die Gesichter und das Gehabe der wenigen Gäste zu studieren. Links von ihm saß ein Mann mit grauen Schläfen, schwarzem Anzug und modischen Stiefletten, die so ganz und gar nicht zu seiner übrigen Erscheinung passten. Vor ihm ein Kerl mit riesigem Bauch, dem die Trunkenheit schon ins Gesicht geschrieben war, der den Wirt in peinliche Dialoge verwickelte.

Da holte er die Pistole aus der Tasche und schoß dem Dicken direkt in den Kopf, der Wirt und die anderen Gäste schrien gellend auf, doch schon traf ein zweiter Schuß den Graumelierten. Das Geschoß durchschlug eine Stieflette und der Graumelierte krümmte sich vor Schmerzen. Daraufhin schmiß er die Waffe quer durchs Lokal und dachte sich, eine Wohltat für die Menschheit getan zu haben, er hatte das Gefühl, sich und andere befreit zu haben. Augenblicke später wurde ihm das Glas aus der Hand gerissen und ein stumpfer Schlag traf seinen Kopf.


Es plagten ihn fürchterliche Träume. Er sah sich in einen Abgrund stürzen, sah sich nackt dem Schnee und der Kälte eines Gebirges ausgesetzt, wurde von Reptilien belagert und von seinem Vater hart gestraft. Hinzu kam die Einsamkeit, die ihn trunken machte.

Er lallte von Liebe und Zärtlichkeit, schrie nach einem Körper, wollte sich erniedrigen, wollte herrschen, wollte den Teufel und die Engel in seiner Brust ficken lassen, aber die Stadt lähmte ihn, die Gesichter die er sah, schienen todgeweiht, er selbst eine kranke Kreatur.

Ungünstiger Mond für Zweisamkeit, ein Schnitt in die Haut. Das Blut rieselte angenehm warm seinen Arm entlang, sammelte sich in der Grube des Ellbogens. Erstaunen, gepaart mit einer aufregenden Verwirrung bemächtigte sich seiner. In dem Moment verlor er den Sinn für die Zeit. Er sank auf das Bett, in eine nie gekannte Leichtigkeit.

Rundherum bekamen alle Geräusche nur eine Bedeutung. Das Summen der Fliege kam dem Läuten des Telefons gleich. Jahrhunderte später, fahle Gesichter, weiße Mäntel. Bewegung, dann Momente absoluter Dunkelheit. Plötzlich die Augen wieder auf, grelles Licht, einhundert Millionen blaue Augen…


Schön rasiert steht er vor dem Spiegel. Das Grübchen am Kinn fällt gar nicht so auf. Creme, Parfüm, ein letzter Blick in den Spiegel. Nein, noch nicht der Letzte.
Die Frau ging fort, und der Fernseher lief seit geraumer Zeit.
Bei einen französischen Film, voller Romantik, voller Liebe, drehte er den Ton des Fernsehers ab. Er trank schnell ein Glas Wein. Im Fernseher küsste sich das Paar gerade, sein Herz schlug so wild, als wollte es zerspringen.
Gestern als sie kam, trug sie ein Kleid aus kühlem Satin. Er trat an sie heran und berührte ihr Haar. „Nicht jetzt“, sagte sie, „du könntest mich verletzen“.
All die Jahre hat er gewartet, all die Jahre hat er Bilder in seinem Kopf gespeichert, nun ist er ratlos.
Der Film, die Liebe, die Frau.
Manchmal, nachdem sie miteinander geschlafen haben, und sie schon längst wieder fort ist, riecht er an seinen Händen, nur um sich selbst zu vergewissern.
Der Geruch, die Liebe, das Leben.
Momente die sich wiederholen, rasch oder langsam, es spielt keine Rolle. Ein Teppich, darauf tausend Muster. Er denkt sich: „Wenn das Leben schwer sein soll, ist der Tod eine Rose“.
Was immer er denkt, er ist es auch. Er denkt nach, er sieht fern, er rasiert sich, er will schön sein. Seine Frau geht fort.
Endlose Muster. Ein Teppich. Tausend Fragen.


Heute wurde es wieder heraufbeschworen wie in alten Tagen. Während er ihre Musik hörte und anschließend französische Filme sah, stellte sich heraus, dass sie ihm an und für sich wehtun wollte.
Doch war sie bemüht, dieses Vorhaben zu überspielen, was allerdings nicht gelang. Sein auf sensible Wahrnehmung getrimmter Instinkt verriet ihm ihre Absicht und nicht nur das, der Zufall wollte es, dass er feststellen mußte, dass sie ihn schon seit Monaten betrog.

Sie sagte später, es wäre immer der andere gewesen, den sie liebte. Da flocht er aus Draht eine Schlinge. Tags darauf lag sie erwürgt in gemeinsamen Bett und die Grimasse, die sie schnitt, dachte er sich als ein Lächeln. Er wollte sich von nun an nicht mehr von ihr trennen. Sie begann aber naturgemäß nach einiger Zeit einen außergewöhnlich intensiven Geruch zu verbreiten, was ihm sehr mißfiel.


Er zuckte jedesmal zusammen, wenn das Telefon klingelte. Seit Wochen schon weigerte er sich, abzuheben. Aus Angst, es könne jemand dran sein, der ihn schaden könnte.
Seine Freunde hatten es längst aufgegeben, sich Gedanken um ihn zu machen. Sie wußten, dass er seine Eigenarten hatte, wie zum Beispiel tagelang nicht aus seiner Wohnung zu gehen.Er verbrachte an solchen Tagen die meiste Zeit damit, auf seinem Kanapee zu liegen und einen Punkt an der Decke zu fixieren, vollkommen ohne Gedanken, nur darauf bedacht, still zu sein.
Im Winter ließ er nachts das Fenster offen, deckte sich nur leicht zu, um die Kälte und deren Wirkung an seinem Körper elementar zu spüren. Auch beobachtete man ihn dabei, sich auf der Straße für jemand anderen auszugeben, sprach man ihn an. Nach und nach verlor Jedermann das Interesse an ihm, man ließ ihn in Ruhe und ging ihm aus den Weg.


Die Nacht getränkt voller Sehnsucht und Veränderung im kahlen Raum. Eine Glühbirne baumelt von der Decke. Vorhanglos ist der Blick nach Außen. Regengrau ergießt sich die Äußerlichkeit in die klaren Seen der Seele und des Raumes, der keinen Widerstand leistet. Die Fenster zerspringen nicht, auch sonst bleibt alles so wie es ist. Das schwarze Telephon als einzige Verbindung zur Außenwelt.
Vergebens auf die Wörter aus der Muschel gewartet. Schrillende Hoffnung. Nein, und abermals nein. Nur das monotone Ticken des Weckers und die Wärme der Bettdecke als richtungsweisendes Inventar. Keine Gottheiten, keine Gegenstände, die ein Laster verraten würden. Dennoch öffnet sich dem Protagonisten eine verwirrende Welt. Tausend Wurzeln aus dem Gehirn treibend, bietet sich ein Bild, vielmehr eine Vielzahl von Bildern, die der Phantasie Nahrung geben und der Sünde, der Verwesung, der Körperlichkeit, der Scham, der Lust und dem Leben zu einer Gestalt verhelfen, selbst in diesem kahlen Raum.


Die Verzweiflung, sagte er, ist nichts anderes als ein schaumgefüllter Becher. Nocheinmal wendet er sich zu ihr, knabbert an ihrem Ohr und sagt:“ Ich werde sterben!“
Sie lacht, und ihr Lachen erinnert an abgedrehte Zentralheizungen, die immerzu glucksen und knarren. Neulich hat sie ihn gefragt, ob er es liebe, wie eine Wolke zu sein. Er fühlte sich geschmeichelt und dachte an Sex. Noch konnte er Nächte rauben, doch er spürte seine Kräfte schwinden verbunden mit der Angst, eines Tages vor dem Nichts zu stehen. Das machte ihn wahnsinnig. Aber er dachte sich immer noch: mit einer Frau in den Armen ist alles halb so schlimm.
Er liebte ihr Glucksen und ihre Unbeschwertheit, von der einige seiner Freunde zwar behaupteten, es sei Dummheit, doch das störte ihn nicht weiter.
Er war es ja, mit dem sie schlief, und deshalb scherte er sich einen Dreck um das Gerede.


Er war sich seiner Krankheit bewußt, leugnete sie jedoch hartnäckig. Überall wo er auftauchte, steckten die Leute die Köpfe zusammen und tuschelten unübersehbar.
Manchmal drang auch der ein oder andere Wortfetzen zu ihm herüber, und jedesmal schnürte es ihm die Kehle zu, wenn dies geschah.
Er blieb wie angewurzelt stehen, kramte nervös in seinen Taschen herum, ohne auch nur Irgendetwas zu suchen. Gelegentlich lud ihn ein alter Freund ein, einer der ihn kannte, noch bevor diese Sache mit ihm passierte. Er stand dann herum, ein Glas Wein in der Hand und warf jedem der vorbeiging, böse und verachtende Blicke zu.
Wollte jemand mit ihm sprechen, so bekam er eine Kanonade zynische Bemerkungen zu hören, die sich gewaschen hatten.
Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass er krank war, noch dazu offensichtlich. Er war nicht in der Lage, Gefühle zu zeigen, ebensowenig welche zu empfinden. Das war nicht immer so. Früher führte er mehr oder minder ein normales Leben und es begann damit, dass er sich in ein Mädchen verliebte, das seine Liebe erst nach langem Zögern erwiderte.
Eine Weile schien alles gutzugehen, man zog zusammen, schmiedete übermütige Pläne fürs nächste Jahrzehnt. Doch dann geschah es, dass sie mit ihm nicht mehr reden wollte. Sie saß in der Wohnung herum und sagte kein Wort, war einfach stumm.
Er bedrängte sie mit Fragen, wollte wissen wie ihm geschah, sie saß jedoch nur da und sagte nichts.
Er kam mit Späßen, machte Witze, schrie, fluchte, weinte, doch umsonst.
Kein Ton. Er war dabei, seinen Verstand zu verlieren, hatte er doch keine Ahnung, warum sie nicht mehr Reden wollte.
Nach fünf Tagen brach er zusammen, nachdem er sie eine halbe Stunde lang angeschrien hatte. Als er im Krankenhaus wieder zu sich fand, spürte er, etwas in ihm war zerbrochen, war nicht mehr vorhanden.


Er wußte nicht, was Liebe ist. Er dachte wohl manchmal, wenn ihn ein unbestimmtes Gefühl befiel, dass sei jetzt Liebe, aber in Wirklichkeit war es nur das Aufwallen eines tief in ihm schlummernden Instinkts.
Eine Frau zu erobern, sie zu besitzen, sie zu gebrauchen und anschließend fallenzulassen, war eine ihm eigene Wesensart. Er dachte nicht daran, dass es schlimm sei, so zu handeln. Sein Vater sagte ihm an einem rauhen Winternachmittag, als sie dabei waren, mit dem ‚Pferd einen astlosen Stamm zum Hof zu bringen, die Frauen seien nur dazu da, anständig gefickt zu werden, die Küche zu bewirtschaften und sich um die Kinder zu kümmern, ansonsten gehören sie zum Hof wie das Vieh auch.
Obwohl er glaubte, seine Mutter zu lieben, betrachtete er sie von diesem Zeitpunkt an mit dem schrägen Gefühl eingeprägter Gewißheit.
Später, als er vom Land in die Provinzhauptstadt zog und eine Stelle als kleiner Beamter bei der Post bekam, dachte er oft daran, wie sein Vater vor Weihnachten eine Sau gestochen hat, und er dem Schauspiel meistens beiwohnte und eines Tages der Halluzination verfiel, die Sau könnte seine Mutter sein.
Ihm wurde übel und er lief hinter die Scheune um sich zu übergeben.
Die Schalterbeamtin Maria K. machte ihm schöne Augen, eines Tages küssten sie sich in der Mittagspause hinter der Tür zum Paketraum, in dem sich gerade niemand befand.
Maria nahm ihn mit auf ihr Untermietzimmer, entblößte ihre Brust und weckte seine Männlichkeit. Sie röchelte und schrie, stöhnte und biss ihn in den Hals. Er war stumm und Schweißtropfen liefen seine Stirn hinab. Eine Zeitlang hielt sie ihn gefangen mit ihren geöffneten Schenkeln, doch dann wurde er Tag für Tag grausamer ihr gegenüber. Er schikanierte sie mit lächerlichen kleinen Dingen, meinte sie würde Papiere und Akten verlegen, die er zu bearbeiten hatte.
Er reichte schriftliche Beschwerden ein und eines Tages ging er persönlich zum Vorstand, dieser hörte ihn an und wenige Tage später wurde sie entlassen.

Rosanne Dingli

The Land of Smiles

All my dreams used to be about places. With no need to wake from them, I voyaged. I voyaged because I knew even as I dreamed that I would wake and dissolve it all. I arrived and departed, I revisited and recognised, I explored.
When I was a boy, we lived close to an aqueduct, and I would climb the grassy slope with a cousin, who would pretend to be King of the Mountain when he got to the top. ‚When I grow up,‘ he would say, ‚I am going to be a bandmaster.‘ He waved a twig like a baton. ‚Did you hear me, Franz?‘
I had similar ambitions, but I was not about to damn them with such foolish declarations. My superstition held me in check, kept me silent. I was not about to ruin things like Grégor. He ran back down the grassy slope, rolling down the last few yards, breathless, reckless like a child. And I, with all the sagacity and prudence of my eleven years, plodded slowly down the aqueduct side like an old man.
‚Dust yourself off,‘ I said to Grégor, impatient with his levity.
I was a solemn child, wanting more than was available in Komárom. Wanting what was so near, and yet so far, across Hungary’s border into Austria. Wanting more than just sheet music, more than just what the aunts hummed under their breath as they darned stockings.
Grégor was scornful of my caution, scornful of my superstition. I never told him secrets. Yet, when we grew up, he became a bookkeeper, pushing a pen, counting columns of figures. And I – I went on from the Prague Conservatorium to bigger and better things. I remember bowing on meeting Antonín Dvorák. I dared not lift my eyes to meet the famous composer’s until a decent interval had passed. How could I presume such an intimacy? Yet I could sense something in the man. He liked me, encouraged me, and from him I learnt a circumspect kind of daring.
Ah – what heady days those were. I really did become a bandmaster, and thought of Grégor every time I waved my baton. Every time I took a bow or an encore I thought of Grégor rolling down the side of the aqueduct in the watery eastern European sun of our long long childhood. I conducted the band with a new verve, a new gusto in the last months of 1899, knowing that when the great celebrations started, when a new century began, people all over Austria would be playing my music, my songs.
I wonder where you get the inspiration, wrote my cousin Grégor from Tatabánya, where he was auditing the books of a textile factory. Was it possible he did not know it was Vienna itself? The people, the music – everywhere there was music – the laughter, the companionship and the tinkle of cake forks upon fine china. Was it possible his childhood passion had ebbed and died? Did he no longer hear the music?
I wrote and wrote, pushing Leon and Stein, librettists who understood and accepted that acknowledgment and applause, not to mention renown, always went to the composer of the music. I pushed until they understood my pace, my peculiar kind of quiet ambition that flamed only when fanned by success. They wrote words – and such words! – but I concentrated on the waltzes.
‚What is this?‘ they asked, perplexed. They had never seen such a plan for an operetta.
‚Yes,‘ I cried. ‚It is a new kind of operetta!‘ I ignored their looks of disbelief.
‚But…!‘ they tried at once.
‚And it will take the whole of Europe by storm.‘
And it did of course, and not only Europe. It was La Belle Epoche – a breathless, sensual, sumptuous time – and it was everywhere. Die Lustige Witwe, The Merry Widow, was heard all over the world, overwhelming not only its writers but our critics as well. No one could deny the notion worked.
Grégor wrote from Pécs – the furthest he ever travelled in his life – to congratulate me, and I am afraid I laughed, tossed his careful papers in the air and proceeded with what many thought was insanity. How dare I introduce music so like the can can into operetta? Was I not afraid it would be a nine day wonder?
My response was tacit. Perhaps I had retained something of my youthful prudence. But I laughed again when the success of The Merry Widow burgeoned. It took only two years before it was lauded in places like Buenos Aires, where it was playing at five theatres at once. That, I thought, would be answer enough for any critic.
The hardest audience to please is an English audience. They are slow, discriminating consumers of all that is novel, groundbreaking, risky. But the Widow brought houses down there too. Audiences rose to their feet as one, roaring and begging for encores.
And I found my name was now a household word. What would my father think? And my dear mother? What would the aunts, in their stiff black skirts, suppose about my widow whose inspiration evolved from those silk stockings, that even fresh from the laundry basket, smelled of them? The rustle of taffeta, the swing of brocade, the flash of jewellery, the shimmer of sparkling shirt fronts and the small glimpse of onyx cuff links as dancers whirled around a floor. That was what I wrote in my music. It was all about the life of the dance floor, the fleeting romance, the perfidy and loyalty lost and gained at an elegant thé dansant.
And what of Grégor? His letters dwindled then stopped altogether, even when I thought there was still a chance he would one day visit me in Vienna. But I was travelling, revelling in the way Il Conte di Lussemburgo, as they called my latest operetta, was doing in Rome. People were humming snatches on the street. Ladies summoned all the patience and indulgence of their escorts by stopping me at cafes, longing to touch my arm or look into my eyes. I looked back, searching more for inspiration than for adulation. I saw in some of those eyes all that I needed to write another piece. Like The Land of Smiles. What a show! What lightness and sweetness. I wrote the music of colour, the music of satin skirts swirling, of black hair and golden hair drawn up into daring chignons under tiaras sparkling in chandelier light.
And when I paused to think, I thought of my dreams. They were a muddle, a kaleidoscope of faces. Of mouths wide with smiles, of eyes sparkling, of the reflection of theatre lights upon the shiny back of a violin. I no longer dreamed of places.
A solemn pause is inevitable after months and months of social whirling and gallivanting. I gathered my wits one empty night, one dull and freezing night when the condensation of my own breath shrouded the window of my hotel room. It was 1932, and the world was a noisy place, full of my music and of laughter, of the tinkle of crockery and glasses, the chink of coins in a pocket. I stood alone for once in a hotel room in Paris, a fringed scarf of cream silk still thrown around my neck, creasing my bow tie. I could not see past the fog of my breath in the gelid room. Someone had omitted to light the fire, but I was patient, benign. I did not summon a valet. I did not move. I stood at the window in the dark and thought of my dreams.
Strange, but it was then I thought once more of Grégor, and his childish rolling down a grassy hill. I wished suddenly – but only for a brief moment – that I was a painter rather than a musician, and could capture on a canvas the aqueduct, the games of my childhood. I longed for dreams about places, just places. Landscapes unpeopled by the crowds, the laughter, the strident gaiety. I longed for a stretch of moonlit sand, a damp-smelling copse of birches, a group of lichened crags, a meadow of corn waving in the wind, an endless sea. Perhaps, just as I had inherited Grégor’s ambition by keeping quiet about it, he had similarly inherited mine. Perhaps he was at that very moment in some solitary place, alone, without a soul to accompany him. Alone on a hill overlooking a lonely place warming with his own presence.
That week, I started the outline of my most ambitious piece, Giuditta. With the package of new score paper, tied with string and inviting in its brown wrapper, came the letter that announced Grégor’s death. His cabriolet was involved in a level crossing collision, and he was killed instantly, with the horse and the driver.
I tried to recall, counted the hours, tried to stem my grief with a slow calculation. Had he died while I stood alone at a cloudy hotel window, thinking of him as a child, rolling down the green slope of the aqueduct? But no – it was too romantic a notion. I was merely trying to mask my guilt. I had allowed my success to come between us, and had not even bothered to write or visit him for years. What was I? What sort of unfeeling success-bent monster had I become?
I threw myself into my work, ignoring all who summoned me to the glittering world outside. I heard La Terra Dei Sorrisi was again having a successful season in Milan, I heard that any number of sopranos and soubrettes were lining up to audition for the Widow. I heard Gypsy Love was once more showing in Vienna. People flocked to watch, to listen, to laugh at the musical comedy. My little attempts at satire were small diversions, perhaps not even noticed. No matter: was it not the music I wanted them to take away, as they left the theatres in their evening clothes?
I shaved off my small moustache, then grew it again in the space of a fortnight. I wrote like one demented. I paced and hummed and played and sang. I consulted books, even the bible. And on impulse, I confided in a woman. It is not important to say her name now – it is a small matter. It is a small matter.
I told her all about my new work, all about my great attempt at a serious opera, Giuditta. I told her too much. She laughed, smiled, and her rope of pearls clattered against a gold chain around her neck. It was then I remembered my own superstition. How silly, I thought to myself. That was only a childish thing I would do then, when I was young. But still I wondered. I had let on my plans, my ambitions, to another person. What was more, I treated it all lightly. What would happen?
It was two years later, 1934, long after I forgot the whole episode, that I was looking at a string of reviews clipped from the Vienna papers. The opera had not succeeded. They all expected yet another light musical comedy from me and I let my audiences down.
I stood in the wings at one of the last performances. I listened to the crowd. They did not think my opera was such a great idea, in spite of the polite applause.
‚They are applauding the singers, not the work,‘ I said to the Italian impresario.
He looked sideways at me, but remained silent.
‚Next season…‘ I started to say.
He interrupted, smiling widely. ‚Next season, we’ll put on the Widow – La Vedova Allegra! And everything will be all right again.‘
I left the theatre alone, an unusual thing for me, but I wanted solitude. I wanted peace. I wanted to put myself into a quiet frame of mind so that I would sleep deeply. And long. I wanted to return to dreaming of places again.


This fictionalised episode from the life of Franz Lehár was inspired by the picture Scene from Musical Comedy 1967 by Jack Brack (The University of Western Australia art collection at the Lawrence Wilson Gallery, Nedlands, WA) and has appeared in print in a special edition of Westerly in Summer 1997.

Carolyn Smale

5 Online Poems

OUT TO SEA

In your tattoo,
rose-dust clouds
pulverised stars & bones;
nothing left except skin & squealing.

The big dipper up and down over the years
creates its own electricity ,
losing all its colour.

Your voice vibrates like steel at 40 storeys,
your leached face
voodoo mask
glued to your skull.

Hymn singing riots
street entertainers
this humdrum road.

There’s a gypsy waving at me
monsoon swimming
moon dimming
looking out to sea.

NIGHTSHIFT ICU

Clearly majesty,
something you’re not meant to see,

woven between bindings
and plastic sheets.

The rosebuds have swollen,
left behind clump blood.

Crouching, hair up ears flat
your lobster claw seizing at the steam.

The scratching is cockroaches in the kitchen
ascending with the predawn sweat.

The dimmed priestess moon
framed by lamps
hides her blackhandled knife like a sigh.

Morning mops and soapy cloths.

The night’s scrubbed.
The grubs drop.

HANSEL AND GRETEL

Sugar dripped like autumn sludge.

Shivering within this syrupy cavern,
she weathered seven winters,
famine molesting every belief.

At last they came;
two shapeless creatures.
She, stone-blind.

The web contracted
and took them in.

LIKE A CAT

Genesis was consulted
and found to be missing
a letter here, a letter there.

The execution is so simple for so many.
Adjacent bones and hairless fingertips,
clockwork models of the milky way.

I’ve been seeing an exorcist on Mondays
and a psychiatrist on Thursdays.
They’re uniform, cartilage and ligaments and skin.

A partial chromosome and you’re crying like a cat.
How about that,
crying like a cat.

You have my eyes, prowling and sweeping.
I’ve seen strangers pat you on the head,
and whisper doubtfully.

They flame.

The grand experiment.

ANZAC DAY CAREY’S BAY

Plants, vicious as wasps, spawn in your backyard,
poisoned and whittled by the lead paint running off the house.
A legion of rainy days.

Your modified goats,
further foul progeny of this quarter acre,
eating withered corncobs and hard, cutting plants.

Your misbegotten pots sink in heaps,
their shelly eyes picked off by magpies several years ago.

The harbour’s cold and faraway today,
like a neutral assassin.

We sit dumbly on green steps
sipping tea and planting little red felt poppies in the plumby ground.

 

All 5 poems are published in „apples and oranges“, hansel and gretel and out to sea are published in „a writer’s choice literary journal“, out to sea and anzac day carey’s bay are published in „downunder“.

Herbert Kronig

Geschichten zur Durchsicht

VERKOMMEN

Ein alter Mann saß vor seiner Höhle, die mit Goldstücken vollgefüllt war und sich in einem abgelegenen Gebiet befand. Hie und da kam ein Fremder vorbei, der ihn fragte, was er in seiner Höhle habe. Das Prozedere war in jedem Fall das Gleiche: Der alte Mann ging mit dem Blechkübel, der mit Wasser zum Durstlöschen gefüllt war und den er immer neben sich stehn hatte, wenn er nach draußen vor die Höhle in die Sonne trat, hinein ins Innere. Drinnen leerte er das restliche Wasser aus dem Kübel und füllte es nicht mit dem Gold, sondern mit Sand vom Boden. Damit kam er heraus und zeigt es dem Fremden: „Sieh, das ist es, was ich in meiner Höhle habe.“ Den Fremden hielt dann nichts mehr und er ging weiter seines Weges. Der alte Mann hatte hauptsächlich folgende Gründe, warum er sich so verhielt und das Kostbarste, das er besaß, den Anderen vorenthielt:

Er hatte Angst,

  • dass der Fremde ihn erschlüge und ihm den Schatz raubte, sobald er nur ein winziges Körnchen zeigte.
  • dass ihn der Fremde zwar in Ruhe ließe und ging, er es aber überall weitererzähle, wodurch dann viele Fremde kämen und ihn erschlügen.
  • dass der Fremde ihn zwar am Leben ließe, ihm aber den Schatz wegnehme, dann ginge und er mitansehen mußte wie sein Gold durch fremde Hände gereicht wurde.
  • dass der Fremde ein Armer wäre, für den er sich dann verpflichtet fühlen müsse, ihm einen Teil seines Schatzes abzugeben. Er könnte möglicherweise wiederkehren bis nichts mehr vom ursprünglichen Reichtum übrig wäre. Außerdem könnte er es wiederum überall weitererzählen, wodurch er dann bald eine Horde von Bettlern um sich hätte, die das Gold noch schneller verzehrten.
  • dass dem Fremden der Schatz nichts bedeute, er ihn kaltließe und ihn dadurch entwerte. Von solchen Fremden gab es zweierlei: zum einen solche, denen zwar das Gold nichts bedeutete, ihm aber etwas Anderes entgegenhielten, etwa Blechmünzen, zum anderen solche, die dem ihnen nichtssagenden Gold nichts entgegenhielten und so den alten Mann im Unklaren ließen, was für sie wert habe, auf ein imaginäres Etwas hinweisend.
  • dass der Fremde sich zwar als Freund erwies, und mit ihm etwa schöne Kleidungsstücke oder verzierte Töpferwaren tauschte, doch dass sich der Ort unweigerlich herumsprechen und all die vorherigen Möglichkeiten über den Umweg des freundlichen Fremden wieder eintreffen würden.
  • dass er irgendwann nur mehr Kleider und sonstige Waren in seiner Höhle haben könnte, seinen Schatz also vollständig eingetauscht zu haben.
  • dass der freundliche Fremde, wenn er auch alles für sich behielt, vor ihm sterben könnte und so ihre fruchtbringende Tauschbeziehung abrupt ein Ende finden täte. Er wäre dann womöglich von den Kleidern schon so abhängig geworden, dass er keinen ruhigen Schlaf mehr fände. Er könnte in den Wahnsinn getrieben werden und sich vor lauter Entzugserscheinungen töten.
  • dass der Fremde nach anfänglichem Interesse nach einigen Wochen oder Monaten einfach nicht mehr wiederkäme. Oder wenn er wiederkäme, ihm sagen würde, er habe keinen Gefallen mehr an dem Gold. Besonders ängstigte ihn, wenn er dann auch noch sagen würde, er habe von Anfang an falsch daran getan, sich an die Goldmünzen zu halten und er hätte sich besser nach einer Blech- oder Kupferhöhle umgesehen.

Das war in der Tat für den alten Mann das Schlimmste: wenn plötzlich alle, mit denen er in einer Beziehung über den Schatz stünde, übereinkämen, dass Gold nichts wert sei.

RETTUNG

Phobos bewohnt eine abgedunkelte Kellerwohnung, in der man sich nur mit Hilfe von elektrischem Licht oder – sofern man Raucher ist – Feuerzeug orientieren kann. Die Fenster sind hinter zehn Vorhängen verborgen, mit hundert Nägeln vernietet und tausend Mauern umstellt. Die Nahrungsmittelversorgung erfolgt durch eigens abgerichtete Maulwürfe, die so die jahrtausendlange Tradition der helfenden Hunde ablösen.

Hie und da gelingt es einem von ihnen – man mag ihn je nach dem wie man es sieht entweder einen Tolpatschigen oder Gesegneten heißen – das zu vollbringen, was die Schildbürger vergeblich unentwegt versuchten – nämlich Licht in Kübeln in einen fensterlosen Turm zu schütten – hie und da also bleibt an einem augenlosen Maulwurf ein Lichtfetzen von draußen an seinem Fell hängen und erstrahlt für einen kurzen Augenblick Phobos Wohnung derartig, dass dieser sein für den Fall der Fälle gelagertes Dynamit hervorholt, um Vorhänge, Nieten und Ziegelsteine fortzujagen und unter den blauen Himmel einzutreten.

DER SPRUCH

Es war eine Krise in Jaroslavs und Marjas Liebesbeziehung eingetreten. Je länger sie dauerte, umso mehr wurde es Jaroslav bewußt, dass er der Verursacher war und andererseits, wie die einzige Lösung nur aussehen konnte. Er selbst trug das Knoten zerschlagende Schwert bei sich, hatte es immer schon an sich gehabt, übersah es aber aufgrund seiner andauernden Präsenz. Es war so einfach, wie es einfacher nicht hätte sein können, wie es nur Kinder begreifen und wie es in Märchen zuhauf erzählt wird; etwa im Schneewittchen, das tot im Glassarg liegt und vom Prinzen durch einen Kuß zum Leben erweckt wird: Der Prinz erweckt seine Angebetete durch seinen bloßen Kuß, der Schneewittchen bedeutet, es sei Zeit des Aufwachens, Wiederlebens und Fortgangs; der Prinz habe sie abgeholt, sie als die eine auserwählt, mit der er seinen Sattel teilen möchte. Ähnlich wie der Engel Maria erschien, ihr sagte „Fürchte Dich nicht“ und die heilsvolle Geburt Jesu verkündete, ihr also zu verstehen gab: „Es ist Zeit, Du bist auserwählt, fürchte Dich nicht ob Deines Loses, alles ist geregelt, für Alles gesorgt, hab Vertrauen und nimm an“. Maria und Schneewittchen werden erwählt und nehmen an, sie lassen geschehen und verändern sich, sind nicht mehr dieselben, die vorher waren. Vor allem aber vertrauen sie ihrem jeweiligen Erwecker, geben sich ihm hin, glauben an Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit seiner Absichten und halten sie nicht für Spieler, denen es bloße Genugtuung bereitet Menschen in ihren Händen zu benützen, zu beobachten, zu analysieren, zu testen – im allgemeinen also unreife Menschen, die noch nicht wissen, woran sie sich im Leben halten mögen und denen leidergottes auch manche Marias und Schneewittchens auf den Leim gehen –.

Die Macht des Prinzen oder des Engels sind aber keine Mächte, die nur in Märchen oder Bibelerzählungen ihre Wirkung haben, es ist dies sogar völlig ausgeschlossen, denn wie hätte der Mensch solche Geschichten erfunden, wenn er nicht die Wirklichkeit der dargestellten Kräfte an sich selbst erfahren hätte. Alle Erzählungen handeln nur vom Menschen, so irreal sie auch erscheinen mögen, so fern von hiesigen Gegenden in jenseitige Feenwälder versetzt.

So hat auch unser Jaroslav die Macht des Prinzen und des Engels in sich. Er muß sie nur aktivieren, den Zauberspruch laut sagen und es wird sich erfüllen. Er muß nur seiner geliebten Marja, die im Zweifel ob seiner Liebe zu ihr ist, sich also bildhaft gesprochen im toten Zustand Schneewittchens befindet, er muß nur die sieben Worte in ihrer Gegenwart, in ihr Angesicht aussprechen: „Ich will, dass Du mich ganz liebst!“ Er deutet ihr damit an, selbst bereits einen Türflügel vom für sie beide bestimmten hellen vielbelusterten Raum geöffnet zu haben und nun nur mehr auf sie zu warten bis sie den Anderen öffne und sie beide einschreiten können. All ihre Zweifel ob Jaroslavs Liebesfähigkeit werden ob eines solch gewaltigen magierähnlichen Spruches wie von einem heftigen Sturm weggeweht sein!

Gwen Leanne

Two Poems

EMMY JANE

The coach rolled to a clanking halt
Amid the swirling dust and yapping dogs
Men raced to horse‘ heaving sides
To grapple with stiff harness, chains and buckles.

Spewing from the coach in straggling lines
Passengers emerged disgruntled
The stout, the thin, the tall, the short,
Children tugging at their coat tails grumbled.

Escaping flies and heat, the weary travelers
Trooped into the homestead tavern
Longing for a respite from the jolting bustle
Seeking sustenance for aching muscles

Above the din of entry and departure
‚Where is my Emmy Jane.‘
A fearful, frantic mother ran in circles
Searching for her darling girl gone missing.

The rumble of the distant coach died from the yard
The mother’s weeping broke the silence
As she rocked in grief amid the homestead workers
Their murmurs of condolence gave no ease

All through the night across the lonely sand dunes
The searchers called for Emmy Jane
Dawn peeped between sparse mulga scrub
No childish voice echoed in reply.

Days long and empty stretched like years
The nights were full of unrelieved pain
The grieving mother lost all hope
She fell to depths of dark despair.

At last, at last, a cry was heard.
‚They’re bringing in the child.‘
No joyous shout or buoyant stride
For in their arms she lay as cold as stone.

Into the mother’s outstretched arms was laid
The tiny body thin and withered
Tears dripped from squinting eyes to hoary chins
As toughened bushmen cried

Today upon a lonely dune on Birdsville Track,
Iron railings and a head stone mark
The resting place of Emmy Jane
Who wandered and was lost.

THE SWAMP

The wind an unseen spirit, sweeps across the swamp
Grasses bow in adoration at its passing.
A silent sea of green, an empty sky,
Greet the watchers waiting for birds to rise.

With flash of wing and strident call,
Birds rise from reed and marsh – a thunderous cloud
A leaden hail of shot explodes
Shattering the pristine dawn

Writhing bodies drop in throes of death.
Skies turn grey at wanton waste.
Hunters wade in haste, with avid hands outstretched,
Lest birds meant for the plate escape

The wind a mourning spirit, whimpers through the reeds,
While the sun, like one ashamed,
Drops its head below the distant range.
Darkness falls – a shroud – concealing bloody deed