Glanz@Elend |
|
Volk ohne Traum XII |
|
Als Claudia Roth neulich in der FAZ über die konsensuelle Schnittmenge multikultureller Gemeinwesen schwafelte und die vom neuen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert wiederaufgerufene „Leitkultur“ als störendes und gefährliches Phantasma schmähte, musste man nicht darüber nachdenken, wer den Deutschen das ins Stammbuch schreibt: Eine ehemalige Konzertmanagerin, die als Bundestagsmitglied beim Absingen der 3.Strophe unserer Nationalhymne ohne die Deckung einer Säule oder Hygienemaske im Plenum die Zähne zusammenbeißt. Zwar ist das erlaubt, doch dürften DIE GRÜNEN mit solchen Trotzköpfigkeiten auch international kaum Pluspunkte sammeln, was mir wirklich wurscht is, aber die Frage provoziert, aus welcher vokalistischen Schnittmenge Frau Roths Regenbogensociety ihr gemeinsames Lied schöpft, wenn zwei Drittel aller Immigranten überwiegend monophonen Sangeskulturen ihre Zungenschläge verdanken, was sie keineswegs eint und nur in unseren Ohren übereinstimmt? Oder ist deutscher Sang (siehe 2. Strophe) sowieso sekundär? Irgendwo müssen wir anknüpfen, wenn unsre Autos nicht brennen sollen. Hieß Mercedes, die Namensgeberin des ersten marktfähigen Stuttgarter Automobiltyps eigentlich Aischa, weil sie ggf. maurischer Herkunft war? Wurde das Rad in Radjastan oder in Radevormwald erfunden? Inder zündeln nur in Indien, aber die Pakis in England und Skipetaren in Serbien. Ist der brennende Christbaum ein falsches Fanal? Immerhin: Pünktlich zum Ende des Ramadan rückten die Schokoladenweihnachtsmänner in die deutschen Einzelhandelsregale ein und in den Warenkörben versammeln sich Produkte, welche ausser einigen exotischen Früchten, Kakao-Erzeugnissen und Spezereien keinen Anlaß geben, den überseeischen Landarbeiterinnen persönlich die Hand zu drücken, es sei denn, sie säßen bereits bei ALDI an den Ladenkassen. Nein, von einem Jerusalemer Christstollen und Moskauer Marzipan haben wir noch nie gehört, obwohl das machbar wäre, und daß die Türken und Araber am Heiligen Abend darauf warten, von ihren abendländischen Nachbarn zu Schweinswürsteln und Weihnachtsbock abgeholt zu werden, ist ein böswilliges Gerücht. Das Fest des Friedens findet de facto nicht statt, denn es handelt sich um den fiktiven Geburtstag eines halbhistorischen Religionsstifters, das Fest der Sonnenwende (am 22.12.) indes begingen unsere Ahnen als einen bei fast allen heidnischen Völkern praktizierten solaren Kult, wobei die Methörner und Maisbierkrüge gewiß nicht auf das Wohl der Fressfeinde erhoben wurden. Dennoch bieten die guten alten vorchristlichen Zeiten eher eine Kulturbrücke als die uns (u.a.) trennenden Eßgewohnheiten und Trinksitten unserer Tage, und selbstverständlich fänden Abi, Artur und Achmed ausgerechnet beim Alkohol garantiert nicht zusammen, sie wären denn gottferne Schwanzlutscher, wie der Muselmann meint, oder Liebhaber des Latte macchiato, wie die slawischen Machos murren. Da aber nicht allenthalben die Waffen schweigen – die technischen Nachkommen der Stalinorgel und die singenden Schwerter des Islam – verlegen wir uns auf das zweitschönste Motto, gleichsam herbeigezwungen mit den Waffen einer Frau: Weihnachten, das Fest der Liebe! HASS heißt hingegen das jüngste Buch von André Glucksmann, mit dem Untertitel „ Die Rückkehr einer elementaren Gewalt“, worin es nicht um unser aller mörderischen Kainkomplex geht, sondern um die „moderne Abneigung gegen Juden, Amerikaner und Frauen“ (FAZ), von denen die Juden die einzige geschichtsnotorische Minderheit bilden, denn niemand weiß genau, wie viel mehr oder weniger Weiber auf der Welt gezählt wurden, und natürlich sind die Chinesen das volkreichste aller Völker, doch die USA trotz ihrer militärischen Debakel die stärkste Großmacht der Erde. Was aber macht die humane Schnittmenge dieser drei Opfergruppen aus? Da auch Juden, Amis und Frauen radeln, mußte sich Glucksmann der Radfahrer nicht auch noch annehmen; ich vermute, daß das Gemeinsame der drei HASS-Subjektobjekte die Tatsache ist, daß es selbst unter ihnen Antisemiten gibt und alle heiß auf Muslime sind, speziell auf feurige Araber. Obwohl der französische Philosoph anlässlich der Reichspogromnacht am 8. November mit Cohn-Bendit in der Frankfurter Deutschen Bibliothek lieber sein Buch bewerben wollte, wurden die „ergrauten Alt-Achtundsechziger“ zur aktuellen Lage in ihrer Sprachheimat befragt, „doch darauf hatten sie an diesem Abend keine Antwort“, was bekanntlich auch eine Antwort ist, zumal Glucksmann und Dany le Rouge nicht den Personenschutz beanspruchen wie die Kleinfamilie Friedman seit Bärbels Beschneidung. Auch ein bewachtes Bad in der Menge kann tückisch sein wie das offene Meer, doch weder in Frankfurt am Main, noch in Paris oder Sraßburg stellten sie sich an die Spitze eines Demonstrationszuges unter der Parole (natürlich en francais): WIR SIND ALLE MUSLIMISCHER ABSCHAUM! Welche Bannmeile west-östlicher Ironie dabei überschritten worden wäre, mag man sich nicht ausmalen, zum gemeinsamen Gelächter fehlt es am homerischen Echo. Vielleicht sollten sich die besonders weihnachtsseligen Deutschen im Vaterland und in Österreich, im amerikanischen Mittelwesten und in der deutschen Schweiz, in Spanien, Italien und Rußland, in den Andenstaaten und in Namibia, in Skandinavien, den Benelux-Ländern und in den Rentnerparadiesen der Türkei, in unseren Staatspensionärsrefugien auf den iberischen und griechischen Inseln, in der Karibik, in Thailand, auf Ceylon oder auf Rügen einmal die Weihnachtsgeschichte vornehmen. Daß Maria und Joseph quasi Asylanten oder einfach Obdachlose waren, wird uns seit Anno Tobak unter die Nase gerieben, doch daß die ominösen drei Könige auf einen astrologischen Wink hin jede Menge Juwelen u.v.a.m. ohne Eskorte durch die nächtliche Wüste transportierten macht nur Sinn, wenn damit die hochgeheime Gründung einer Antiimperialistischen Widerstandsbewegung verbunden war, und weil es sich in der Bibel um Gleichnisse handelt, kann die historische Parallele heute nur lauten: AMI GO HOME! Und selbstverständlich wünschen wir allerseits einen guten Rutsch ins Neue Jahr, wobei schon gar nicht mehr auffällt, daß das gemeinte Hinübergleiten nach den Turbulenzen der Sylvesternacht in einen erholsamen Schlaf längst passé ist und wir auf abschüssiger Bahn in ein finsteres Ziel sausen, während hinter uns die Städte krachen... |
|
|
|
|