FRANZISKA NEUBERT
Nach Klicken auf "Lesen Sie mehr" lesen Sie einen ausführliche Text über Franziska Neubert aus dem 169. Frankfurter Grafikbrief vom 16.5.2014
Franziska Neubert ist eine waschechte Tochter der Buch(kunst)stadt Leipzig, und manchmal scheint es das Schicksal doch genau zu bedenken, in welcher Region es eine bestimmte Ausnahme-Begabung ins Leben wirft. Die 1977 geborene Künstlerin war auch erst zu einem Zeitpunkt studienreif, als keine DDR mehr aus sachfremden Gründen den Zugang zur ortsansässigen Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) verwehren konnte. Die ist übrigens mit ihrer Gründung im Jahr 1764 eine der ältesten staatlichen Kunsthochschulen in Deutschland, an der Max Klinger unterrichtete und Erich Ohser (der unter seinem Pseudonym e.o.plauen bekanntere Zeichner von Vater und Sohn) unterrichtet wurde.
Neubert studierte von 1996 bis 2002 an der HGB bei Volker Pfüller und Thomas M. Müller. Nach ihrem Diplom im Jahr 2002 erhielt sie ein einjähriges Stipendium des DAAD und studierte an der École Nationale Supèrieure des Arts Décoratifs. Ihre Paris-Eindrücke verarbeitete sie in der Holzschnittmappe „Souvenir en bois“, für die sie den Anerkennungspreis des „Ars Lipsiensis“ 2007 erhielt. Wichtiger aber war die Auszeichnung der Stiftung Buch-kunst im gleichen Jahr, die das mit 18 Originalholz-schnitten illustrierte Buch Warten von Nina Jäckle unter die 50 schönsten Bücher des Jahres 2007 wählte.
Das zum Abschluss ihrer Meisterschülerzeit noch an der Hochschule geschaffene Buch markiert zusammen mit den kurz vorher am gleichen Ort entstandenen kongenialen Büchern von Katrin Stangl Warum das Kind in der Polenta kocht und Warum man Nkundafedern trägt von Petra Schuppenhauer den Wendepunkt in der zeitgenössischen Holzschnitt-Illustration: Die Bildsprache ist zurückgenommen, geradezu lakonisch, Transparenz in der Farbe verändert die alte Wucht des Holzschnitts in Richtung „Schweben“, und dass es sich bei den Buchillustrationen um Holzschnitte handelt, ist nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen, so weit hat sich die Technik von den bis dato gültigen Sehgewohnheiten entfernt. Dabei kommen vor allem die Bücher von Stangl und Neubert im Format daher wie normale Gebrauchsbücher.
Dass sie in diesem Genre Außergewöhnliches zu schaffen vermag, stellte Franziska Neubert dann in ihrer ersten Illustrationsarbeit für die Büchergilde 2010 unter Beweis, die auch gleich von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet wurde: Das Spinnennetz, Joseph Roths erster Roman, erschien 1923 kurz vor Hitlers Putschversuch in München – und nahm die Wirklichkeit vorweg. In der Gestalt eines jungen Leutnants, der sich nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin als Hauslehrer verdingen muss, führt Roth visionär und exemplarisch die entstehende Generation der Mitläufer vor. Enttäuscht und führungslos werden sie zu willigen Helfern des Rechtsradikalismus.
Neubert hat in aufwendig konzipierten Bildern dieses frühe Meisterwerk Roths illustriert. Die Bilder fungieren hierbei als Verbindung zwischen damals und heute, und das ist Illustration älterer Texte im besten Sinne: ästhetische Aktualisierung. Neubert bemerkte dazu: „Ich wünsche mir, dass meine Bilder eine Brücke für den heutigen Leser bauen. Dafür habe ich grafische Zitate der 20er Jahre und die Technik des Linolschnitts mit zeitgenössischen grafischen Techniken kombiniert. Teilweise verwendete ich bis zu sechs Farbauszüge, die am Rechner zusammengefügt wurden.“
Sie arbeitet mit allen dem Grafiker heute zur Verfügung stehenden Mitteln: Für die Illustration scannte sie eigene Linolschnitte ein, um sie elektronisch weiter zu bearbeiten (keines der Bilder im Buch existiert so als Vorlage, es gibt sie nur als Dateien), um dann etliche der so geschaffenen Bilder wiederum in mehrere Linolplatten zu schneiden und vom Stock zu drucken – nun druckgrafische Originale, die natürlich nicht hundertprozentig mit der im Buch gedruckten Illustration identisch sind. Wir zeigen etliche dieser Drucke in der Ausstellung, und auch wenn es von dem wunderbaren Buch leider nur noch wenige Vorzugsausgaben gibt (die Normalausgabe ist vergriffen), kann man so doch diesen Vergleichstest in der Ausstellung noch anstellen.
In Frankreich, dessen Verlage sich mehr zur Zusammenarbeit mit jungen Künstlern trauen als deren deutsche Kollegen, publizierte Neubert ihre Illustration von Thomas Scottos Si polis et tout et tout. Das auch für Kinder goutierbare buchgewordene Vergnügen zeigt den Weg, den die moderne, lakonische Illustrationssprache geht: In der Reduktion der Zeichnung (hier sind die Vorlagen noch tatsächlich existierende, in der Ausstellung zu sehende Holzschnitte) erinnert manches an flächige Kinder-zeichnungen, deren Raffinement ein Kind natürlich nicht zufällig erzielen kann. Neubert unterscheidet sich damit wohltuend von Altersgenossen einer Künstlergeneration, deren purer Rückgriff auf die sozialisierende Comicsprache ihrer Kindheit der Ausprägung einer markanten eigenen Handschrift oft im Wege steht.
Weitere Arbeiten von Franziska Neubert finden Sie unten – vom Tollen Heft bis zum Petit four, nicht unerwähnt lassen möchte ich aber die länger werdende Liste von Franziska Neuberts Buchumschlägen für die Büchergilde: Robert James Salter Alles, was ist, Robert Louis Stevenson Die Schatzinsel , Upton Sinclair Öl, Ralph Dutli Soutines letzte Fahrt, Taiye Selasi Diese Dinge geschehen nicht einfach so (dies leider vergriffen) und Gaito Gasdanow Das Phantom des Alexander Wolf. Etliche von Ihnen haben also vermutlich den ein oder anderen Neubert im Haus, ohne es recht zu wissen. Auch mit versäumter Vernissage sorgen wir gern für deren Signierung. Die Buchumschläge sind das Gesicht eines Verlages, und wir sind stolz, dass das Gesicht der Büchergilde von Franziska Neubert mit geprägt wird.
Wolfgang Grätz
16.5.2014
169. Frankfurter Grafikbrief

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Orig.-Farbholzschnitt mit Pochoir | Orig.-Flachdruckgrafik | Franziska Neubert - Fenster zur Straße Orig.-Farbholzschnitt 2011 | Kurt Tucholsky – …und in Japan ist alles so klein Grafikmappe | |||||
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Lafcadio Hearn – Japans Geister Künstlerin-Vorzugsausgabe | Hans Christian Andersen – Das Feuerzeug Kassette mit 5 Orig.-Farbholschnitten | Franziska Neubert - Herr und Hund (zu Thomas Mann) Farbholzschnitt in 8 Farben, verlorene Form | Orig.-Farbholzschnitt 2014 | |||||
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Orig.-Farblinolschnitt 8 Druckgänge | Elffarbiger Linolschnitt | Siebenfarbiger Linolschnitt | Holzschnittbuch | Farbholzschnittbuch | ||||
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Mappe | Linolschnitt | Linolschnitt | Orig.-Serigrafie | Orig.-Serigrafie | ||||
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Linolschnitt | Orig.-Flachdruckgrafik 2013 | Radierung 2011 | Holzschnitt 2012 | Linolschnitt 2013 | ||||
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Schöne Fraun und schöne Katzen zweifarbiger Offset 2013 | Linolschnitt 2010 | Linolschnitt 2010 | Linolschnitt 2010 | Linolschnitt 2010 | ||||
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Linolschnitt 2010 | Linolschnitt 2010 | Linolschnitt 2010 | Linolschnitt 2008 | Linolschnitt 2011 | ||||
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Holzschnitt 2007/2008 | Verlorene Form/ Schablonendruck/ Radierung 2011 | Holzschnitt 2013 | Orig.-Farblinolschnitt 2013 | Orig.-Farblinolschnitt 2013 | ||||
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Orig.-Farblinolschnitt 2013 | Orig.-Farblinolschnitt 2013 | Orig.-Farblinolschnitt 2013 | Pochoir//Linolschnitt | Orig.-Flachdruckgrafik | ||||
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Orig.-Linolschnitt | Orig.-Linolschnitt | Farbholzschnitt | Farbholzschnitt | Farbholzschnitt | ||||
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