Menu

Verlag: Suhrkamp

Bull Mountain Burning - Panowich, Brian - Suhrkamp

Panowich, Brian

Bull Mountain Burning

Originaltitel: Like Lions
Aus dem Amerikanischen von Johann Christoph Maass

Jahrzehntelang herrschte der Burroughs-Clan über Bull Mountain - ein Drogenimperium im Norden Georgias. Die Macht wurde von Vater zu Sohn und von Bruder zu Bruder weitergegeben. Jetzt sind fast alle Burroughs-Brüder tot. Der letzte Überlebende, Clayton, ist ein gebrochener Mann im Kampf mit seinen Dämonen.
Als konkurrierende Clans zur feindlichen Übernahme von Bull Mountain ansetzen, ist es Claytons Frau Kate, die als erste erkennt, dass es nur einen Weg gibt, sich und ihren neugeborenen Sohn zu schützen: Sie muss den Burroughs-Clan einen und in seine vielleicht letzte große Schlacht führen.

Dieser zweite Roman des Autors, nach "Bull Mountain", war ursprünglich vom Verlag für Juni 2018 angekündigt unter dem Titel "Queen of Bull Mountain".

Autor: Panowich, Brian
Titel: Bull Mountain Burning
Jahr: 2018-08
Seiten: 335 | Taschenbuch
Verlag: Suhrkamp
ISBN: 978-3-518-46878-4
Preis: 9.99 EUR

Verfügbarkeit:
Lieferbar

Portofrei
innerhalb Deutschlands

9.99 €
inkl. MwSt.

Bestellen

Auf die Merkliste

Unsere Meinung:

Muss heutzutage aus einem großen Wurf unbedingt eine Fortsetzung folgen? Ein zweiter Roman, ein dritter, womöglich weitere Bände?
Ein krasses Gegenbeispiel war ja Hammett: Sein Werk umfasst bloß fünf Romane und damit vier völlig verschiedene Arten von Krimi, und selbst seine ersten beiden Romane, mit demselben Detektiv, sind unterschiedlich.

Brian Panowichs Erstling „Bull Mountain“ war ein großer Wurf, ein starkes Stück. Mit sicherer Hand hat er da eine Welt, eine herbe US-Provinz-Welt um den titelgebenden Berg im Norden Georgias, aufs Papier gebracht, und dazu ein Generationen übergreifendes Personal mit recht vielen unnetten bis brutal-kriminellen Figuren.
Am Ende des Romans war der Burroughs-Clan sozusagen erledigt, der unfreiwillige Held Clayton Burroughs persönlich allerdings ebenfalls, hatte er doch als County-Sheriff der langen Gewaltherrschaft seiner Sippe am Bull Mountain den Garaus gemacht. Ende der Geschichte? Nein. Und schon gar kein Happy End.

Der zweite Roman „Bull Mountain Burning“ strickt nun den wuchtigen Country-Noir-Thriller in Richtung epische Verbrechens- und Familiensaga weiter.
Clayton Burroughs hat üble Typen aus dem Verkehr gezogen, aber damit keineswegs Ordnung hergestellt. Im Gegenteil, er hat ein Loch ins Gefüge der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität gerissen, Instabilität erzeugt, und die verheerenden Folgen des von ihm erzeugten Vakuums fliegen ihm nun um die Ohren.
Auch seine eigene Kernfamilie, Frau und Kind, werden bedroht. Und da hört der Spaß auf. Da geht‘s ans Eingemachte. Die Familie ist heilig. Und genau da wird es aber auch, kritisch drüber nachgedacht, interessant und widersprüchlich.
Ging mir im ersten Roman immer wieder das herrlich zweideutige Wort „Familienbande“ durch den Kopf, so zeigt der zweite Roman noch deutlicher, dass dieser heiligste Kern der Gesellschaft, die Vater-Mutter-Kinder-Familie, einerseits vehement als höchstes schützenswertes Gut verteidigt wird, dass sie andererseits immer und immer wieder die Keim- und Brutstätte von Tyrannei, Gewalt, Brutalität, Misshandlung und Unmenschlichkeit ist. (Das geht schon gleich im Prolog los, an den zuletzt der Epilog verblüffenderweise anknüpft und so die Geschichte rundet.)

Ich weiß nicht, woher diese typische US-amerikanische Vorliebe oder Schwäche oder manchmal auch Manie herrührt, die Familie sei das Höchste und Wichtigste. Es irritiert mich nur immer wieder bei manchen US-Thrillern und -Krimis. Eine Welt, hier bei Panowich eben eine US-Südstaaten-Provinzwelt, die auf fanatischem Familien- oder Sippschaftsdenken beruht, kommt nicht aus der Barbarei heraus oder versinkt wieder in ihr. Fehden, Blutrache, falscher Stolz, liebloses Macht- und Besitzdenken, Engstirnigkeit, ein unseliges „Wir gegen die Anderen“-Fühlen und -Denken vergiften alles.
Ein literarisches Gegengift finden wir übrigens bei Joe R. Lansdale. Die ausdrückliche Botschaft seiner Hap-und-Leonard-Krimis lautet: Die wahre Familie, die wirklich zählt, ist die Familie, die du dir im Leben selber zusammensuchst. Hap und Leonard sind bei ihm wortwörtlich „Brüder“, und allein dafür danke und liebe ich Lansdale.

In Panowichs Romanwelt jedoch gehen ganz nach alter Väter Sitte die verschiedenen Familien, Clans, Sippschaften, auch Banden und Syndikate aufeinander los, ob nun Ersatzfamilien wie die Biker-Gang oder tatsächlich miteinander Blutsverwandte. Panowichs Georgia kommt einem deshalb irgendwie wild vor, unzivilisiert, erinnert mal an den Wilden Westen, mal an die schottischen Highlands von einst – na ja, was man so an Klischees davon im Kopf hat, ich kenne ja nicht mal den Schwarzwald von einst.
Das Ganze erinnert auch irgendwie an „Der Pate“. Eine Art Mafiafamiliensaga. Verzweifelt versucht Clayton Burroughs, sich vom familiären Erbe und dessen furchtbaren Verpflichtungen zu lösen, ohne alles noch schlimmer zu machen.
Und, es muss noch mal gesagt werden, obwohl Panowich sich vielleicht gar nicht davon inspirieren ließ: Das Ganze erinnert an die TV-Serie „Justified“, die besonders in der grandiosen 2. und in der 5. Staffel genau davon handelt: „Familienbande“.

(RS, 21.08./25.08.2018)