Netzwert Reloaded LVI: Dem Anfang entgegen

by Thomas Knüwer on 29. Juni 2012

In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jede Woche, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Spätestens mit der Ausgabe vom 10. Juni 2002 wusste das Netzwert-Team, dass es dem Ende entgegen ging. Der Mindestumfang der Beilage war von Anfangs 12 Seiten auf Wirmüssenmalgucken-wasanAnzeigenkommt zusammengedampft, im konkreten Fall blieben noch magere drei Seiten. Die lange überdachte Rubrikentitel, die dafür sorgen sollten, dass jenes weite Themenspektrum von Unternehmen über Startupfinanzierung bis zu Rechts- und Politikthemen abgedeckt wurden, war Makulatur.

Der Witz aber war: Selbst in diesem dürren Zustand trug sich das Konzept Netzwert, selbst an jenem 20.6. gab es Anzeigen, insgesamt 0,45 Seiten. Das klingt nicht nach viel, bedeutete aber eine Bruttoeinnahme nach Listenpreis von (wenn ich es richtig im Kopf habe) von über 20.000 Euro. Und dass die Online-Abrufzahlen ordentlich waren, dafür sorgte ja das Thema E-Business.

Trotzdem wollte das “Handelsblatt” das Thema nicht mehr, die Verlagsgruppe gehörte zu jenen Häusern, die glaubten das Internet sei nur eine Modeerscheinung. Trotzig entwickelte sich im Netzwert-Team ein Corpsgeist. Der brach sich einerseits Bahn im Tabubruch. Das Foto einer nackten Frau erregte in der Gesamtredaktion noch immer Entsetzen – nun wurde es bei Netzwert bewusst ausgewählt (und bevor hier es Wut von weiblicher Seite gibt: Vier der sechs Netzwerter waren Frauen).

Der zugehörige Artikel enthält einen Vorgeschmack auf die Zukunft. Denn damals begann die Vermischung redaktioneller mit werblicher Inhalte im Web. Bei Bild.de wurde zum Beispiel der “schnellste Weg ins Netz” gezeigt: Der führe über T-Online, hieß es, ohne zu erwähnen, dass T-Online mit 37% an Bild.de beteiligt war. Bei Spiegel Online prangte auf der Wirtschaftsseite im Navigationsmenü ein Posthörnchen mit gelb unterlegten Schlagzeilen – und der eher dezenten Nennung des Wortes “Werbung”. L’Oréal dagegen finanzierte diversen Angeboten von RTL New Media ein Frisurenspecial mit Gewinnspiel.

“Schleichwerbung hat im Netz eine neue Qualität angenommen”, kritisierte sogar Volker Nickel, der Sprecher des Werberates: Es müsse ja nicht überall Werbung drüberstehen, aber auch der flüchtige Leser müsse eben erkennen, welche Inhalte bezahlt werden und welche nicht. Ja, das wäre toll. Faktisch aber ist diese Forderung seitdem und bis heute nichts wert. Schlichtes Beispiel: RP-Online am heutigen Tag: [click to continue…]

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Netzwert Reloaded LV: Sebastian Kehl surft zurück

by Thomas Knüwer on 28. Juni 2012

In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jede Woche, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Wann das Team von Netzwert erfuhr, dass es die montägliche Beilage nicht mehr geben würde, weiß ich heute nicht mehr. Doch, dass da etwas im Busch warm, überraschte niemand. Ein Signal dafür war zum Beispiel die Ausgabe vom 3. Juni 2002.

Es passierte, was eigentlich nicht passieren sollte: Netzwert wurde vermischt mit einer der üblichen Technik-Beilagen des Handelsblatts, nämlich “Telekom-Markt Europa 2002″. Früher boten alle Zeitungen einen ganzen Kranz solcher Themen-Beilagen in der Hoffnung, dass Anzeigenkunden sich so besonderen Buchungen in einem thematischen Umfeld überreden ließen. Je nach Menge der Buchungen variierte dann die Beilage. Jene verantwortlichen Redakteure, die etwas auf sich hielten versuchten dann die Anzeigenkunden in der Beilage nicht zu erwähnen. Doch bei manchen Blättern war und ist es Usus, genau das zu tun. Was praktisch bedeutet: Man kann sich Berichterstattung kaufen.

Dies war beim “Handelsblatt” nicht der Fall. Trotzdem waren gerade die Technikbeilagen aber anders als Netzwert – eben technischer. Für den “Telekom-Markt 2002″ waren zwei Viertelseiten zusammengekommen. Das hätte dann für vier Seiten Beilage gereicht. Doch man hielt es für sinnvoller, diese Beilage als Netzwert-Schwerpunkt laufen zu lassen.

Ist es aufgefallen? Ich glaube nicht. Denn die Netzwerter wollten mal zeigen, wie Beilagen eben auch gehen. So analysierte Katharina Slodczyk, die Telekom-Fachfrau des Handelsblatts (und heutige London-Korrespondentin) die vier Probleme der Telekom-Branche, die diese an den Abgrund geführt hatten: [click to continue…]

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Zeichen der Zeit: Zeitungsgipfel 2012

by Thomas Knüwer on 26. Juni 2012

In diesem Minuten, da ich dies schreibe, läuft der “Zeitungsgipfel” im Wiesbadener Dorint-Hotel. Es ist eine nominell hochkarätig besetzte Veranstaltung unter dem Titel: “Die Zukunft der Zeitungen in Deutschland”.

Wer sich ein wenig im Digitalen tummelt, der kennt Konferenzen nicht nur vom Hingehen. Viele werden komplett live übertragen, rund um die Streams entstehen Diskussionen und Kommunikation. Aus dem Saal selbst gibt es Kommentare via Twitter und dann auch recht flott in Blog-Artikeln. So sind die entsprechenden Redner der Einstieg in eine Konversation über ihre Themen, das Internet bereichert die Konferenzen.

Nun trifft sich ja in Frankfurt eine Branche, die wie keine andere unmittelbar betroffen ist vom digitalen Wandel. Doch einen Livestream – gibt es nicht. Und wie sieht der Twitter-Strom aus? So:

Ja, wenn ich es richtig sehe (und gern korrigiere ich mich, sollte ich mich irren), twittert exakt eine Person aus dem Dorint: Thomas Koch. Keiner der anwesenden Chefredakteure, Medienjournalisten, Medienberater oder Verlagsmanager, nicht einmal der Mitausrichter “Horizont” glaubt, dass die Debatte durch die Öffentlichkeit bereichert werden könnte. Nicht alle sollen ja twittern – aber gerade mal einer?

Noch dazu ist Thomas Koch kein Journalist. Er schreibt ein exzellentes Blog zu dem Feld, aus dem er kommt: der Werbeplatzvermarktung und der Werbung. Und dass jemand aus der Mediaagentur-Szene der einzige ist, der über einen Zeitungskongress live berichtet – das ist dann auch ein Zeichen der Zeit.

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New York: (Social) Web als Alltag

by Thomas Knüwer on 26. Juni 2012

Times Square am Nachmittag, strömender Regen. Aber das hält natürlich niemand davon ab, sich in der Schlange für die reduzierten Eintrittskarten zu den Broadway-Shows am gleichen Abend einzureihen. Manche Dinge können etwas dauern. Aber vielleicht gibt es ja irgendwo ein Wlan…

Nein, nicht irgendwo strahlt vielleicht ein Starbucks seine Web-Wellen hinüber – der gesamte Times Square ist mit öffentlichem und kostenfreien Wlan abgedeckt. Und so stehe ich unter meinem Schirm und verfolge den ORF-Livestream (der ORF hat sich anscheinend nicht so sehr mit Länderkennungen wie ARD und ZDF) des EM-Spiels Polen – Russland.

Es ist ein Vorgeschmack dessen, was möglich wäre – auch in Deutschland. Doch Kommunen in Old Germany kümmern sich selten bis überhaupt nicht um öffentliche Netz-Zugänge. Für kleine Gastronomen ist die Störerhaftung noch dazu ein gewaltiges Problem. Es wäre ein wichtiger Schritt würden die Politik den heute gemachten Vorschlag der Digitalen Gesellschaft zu einer Gesetzesänderung aufgreifen. 

Denn es geht ja hier nicht nur ums Fußballgucken. Tatsächlich hat die Möglichkeit per Smartphone nach Informationen zu indirekte Effekte: Touristen müssen nun nicht mehr eher unseriös erscheinende Personen nach dem Weg fragen und Ticket-Schwarzhändlern wird es schwerer fallen Karten zu überhöhten Preisen anzubieten. Wenn wir über offenes Wlan reden, geht es häufig um Geschäftsideen und Startups. Doch mit steigender Verbreitung von Smartphones – und weiterhin überhöhten Roaming-Preisen – gewinnt drahtloses Internet eben auch eine touristische Bedeutung.

Doch auch in anderen Punkten prägt digitale Technik inzwischen das New Yorker Stadtbild. So gibt es über vielen Eingängen zu U-Bahn-Stationen Meldungen über Betriebsstörungen auf einem HD-Bildschirm. Und weil der Bahnnutzer garantiert dort garantiert hinsieht wird darüber natürlich Werbung platziert. In einer so mit Werbung überbordenden Stadt sind diese wohl einige der wenigen Flächen, oder besser Displays, die tatsächlich wahrgenommen werden.

Wenn wir über Werbung in New York reden, kommen wir nicht um das Thema Social Media herum. Social is everywhere ist überall. Kein Restaurant, kein Supermarkt, keine Drogerie, die nicht an ihrer Eingangstür auf ihre Aktivitäten bei Facebook, Twitter und Foursquare hinweisen würde. Überhaupt Foursquare: Wie spannend dieser Dienst sein kann zeigt, sich wenn ihn viele nutzen. Dann sind die Tipps an Orten hilfreich und ebenso die ortsbezogene Suche nach Restaurants oder Geschäften.

Wer an deutsche Verhältnisse gewöhnt ist, den überrascht vielleicht die Selbstverständlichkeit mit der digitale Begrifflichkeiten in Werbung einfließen, die auf die breite Masse zielt. Wer nicht weiß, was @ und # bei Twitter sind, der wird beispielsweise mit der aktuellen Kampagne für das Nike Fuelband wenig anfangen können:

Diese Kampagne ist für mich – Nike ist ja häufig Vorreiter – Zeichen einer neuen Zeit. Auch weiterhin werden wir analoge Werbung sehen, egal ob als Plakat, Magazin-Anzeige oder TV-Spot. Doch im nächsten Schritt wird sie das Ziel haben den Kunden auf die Online-Präsenzen des Unternehmens zu bekommen. Denn dort erfährt man, wer er ist und bringt ihn in die Konversation.

Auch in Sachen Museum gibt es einen gravierenden Unterschied. Bei der Nacht der Museen in Düsseldorf hatte das NRW-Forum, das vielleicht innovativste Museum Deutschlands, Foto-Blogger angeworben. Die sollten durch die Nacht und die beteiligten Häuser schlendern und mit ihren Bildern Lust auf Kunst machen. Leider aber wurde dies von einigen Museen wie den Landeskunstsammlungen NRW nicht erlaubt. Die rechtlichen Begründungen wirken dabei vorgeschoben, geht man durch das New Museum an der Lower East: Dort ist Fotografieren ganz offen erlaubt. Mehr noch: Freies Wlan gibt es ebenfalls überall, in jedem Raum wird offensiv für die Digitalität geworben.

In einem Punkt immerhin hängt New York aber zurück: Taxibestellung per App. “In New York sind Taxizentralen gesetzlich untersagt”, erfuhr ich zum Erstaunen während der Le Web in London vergangene Woche vom CEO des britischen Minicab-Verteilers Hail. Und da New Yorker Taxen angesichts der Sprach- und Ortsunkundigkeit der Fahrer ohnehin nur so mitteltoll sind hat sich in den vergangenen Jahren eine teure Alternative breit gemacht: Limousinen. Die musste man bisher vorbestellen (außer während des Taxistreiks, bei dem sie offen für ihre Dienste warben).

Im Januar 2011 aber startete in San Francisco Uber Cars – und der Jubel über diesen Dienst kennt seitdem im nordamerikanischen Teil meiner Twitter-Timeline keine Grenzen. Vergleichbar mit MyTaxi in Deutschland kann der Fahrgast per Mobile App eine Limousine bestellen, abgerechnet wird nach einem (allerdings eher komplizierten) Zeit-/Distanz-Maßstab. Zum Bezahlen ist dagegen gar nichts nötig. Der Betrag wird von der bei Uber hinterlegten Kreditkarte abgebucht, das Trinkgeld kann entweder standardmäßig als Prozent vom Fahrpreis festgelegt werden oder jedes Mal manuell justiert werden. Interessant auch: Anscheinend bewerten nicht nur die Fahrgäste die Fahrer – sondern auch anders herum.

So wird in New York das Web mit der Betonung auf Social immer mehr zum Alltag. Und natürlich ist klar, was hier in Deutschland passiert: In zwei Jahren wird es hier ähnlich aussehen.

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Der Mythos von den innovationsfreudigen Verlagen

by Thomas Knüwer on 25. Juni 2012

Dem Gummistiefelhersteller Nokia geht es nicht gut…

Ne, warte. Ich komm nochmal neu rein.

Der Pharmakonzern BASF…

Auch nicht gut. Nochmal…

Der Stahlkonzern TUI in Hannover.

Kein Sorge, ich bin nicht verrückt geworden. Dies sind nur drei Beispiele dafür, dass Unternehmen sich in ihrem langen Leben teilweise gewaltig wandeln können. So sehr, dass sie mit ihren Anfängen absolut nichts mehr gemein haben. Nokia hat eben mal Gummistiefel hergestellt, BASF hatte einen gewichtigen Pharma-Arm (und produzierte ja auch mal Tonbänder und Kassetten), die Wurzeln der heutigen TUI liegen beim Industrieunternehmen Preussag. Solch ein Wandel ist das, was der Ökonom Schumpeter unter schöpferischer Zerstörung einordnete: Manchmal erfordert der Wandel der Welt die radikale Veränderung.

Dies als Einleitung zu einer Replik auf einen Artikel, der gestern beim Online-Magazin Carta erschien. “Der bequeme Mythos von den angeblich innovationsunfähigen Verlagen” ist er überschrieben worden vom geschätzten Wolfgang Michal (Disclosure: Wir gehörten beide zu den Autoren des Internet-Manifests). Wolfgang greift die hier von mir und anderenorts ebenfalls immer wieder geäußerte Meinung auf, dass Deutschlands Verlage innovationsfeindlich sind und schreibt:

“Das ist – mit Verlaub – der größte Quatsch, den man über die Verlage verbreiten kann.”

Woran er das festmacht? Am steigenden Digital-Anteil in den Bilanzen der Großverlage.

Beispiel: Axel Springer AG. Man muss die Berliner nicht mögen. Aber tatsächlich sind sie in vielen Dingen weiter als die Konkurrenz. Nur: Sie können sich das auch leisten. Wie erfolgreich welche digitalen Aktivitäten sind – das ist jedoch vollkommen offen. In seinem Geschäftsbericht rühmt sich das Haus eines steigenden – und ohne Frage beeindruckenden – Digital-Anteils Allerdings bestehen die Geschäftsfelder längst nicht mehr allein aus journalistischen Inhalten, neben die Werbung platziert wird. Springer ist auch Betreiber von Online-Marktplätzen wie Immonet, SeLoger oder Stepstone. Und schließlich gibt es noch die Online-Werbevermarktung mit Diensten wie Zanox oder Kaufda. Wer wie und wo Geld verdient lässt sich nur in Ausnahmefällen sagen. Wie die meisten Verlage drückt sich auch Springer um eine separate Veröffentlichung von Bilanzen herum. Bei Zanox lässt sich für das Geschäftsjahr 2010 immerhin konstatieren, dass der Werbevermarkter profitabel war bei sinkenden Gewinnen. Kaufda hingegen ist Teil der Juno Internet und die fuhr 2010 ein Minus von rund einer halben Million Euro ein. Irgendwo aber wird in diesem bunten Kranz digitaler Dienste viel Geld verdient. Nur: Hat das noch etwas mit dem Verlagswesen zu tun?

Sicher, Kleinanzeigen sind klassisches Verlagsgeschäft. Nur dienten diese eben früher dazu Journalismus zu finanzieren. Heute aber sind die Anzeigenportale komplett unabhängige Angebote. Dies gilt ebenso für den Online-Vermarkter Zanox. Natürlich wird er auch auf den Seiten von Springer eingesetzt (nehme ich jetzt mal an). Doch genauso kann ihn jeder andere für sich nutzen.

Und Springers Paid Content? [click to continue…]

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Visit England: so geht Twitter für Unternehmen

by Thomas Knüwer on 25. Juni 2012

Das ist ja so eine Sache mit der Kommunikation auf Twitter. Viele Unternehmen in Deutschland tun sich schwer, weil sie schlicht versuchen den auf Facebook trainierten Stil auf Twitter zu übertragen. Nehmen wir nur die Sandwich-Kette Subway:

Nun antwortet Subway auch aktiv auf Anfragen was richtig und löblich ist. Doch wann immer das Franchise-Unternehmen selbst eine Konversation anzustoßen versucht, kommt so etwas dabei raus. Dies deckt sich eben mit Facebook. Auch dort beschränken sich viele Marken auf eine Art der Ansprache, die gemeinhin Kindergärtnerinnen mit ihren Schutzbefohlenen pflegen. Beispiel Bahlsen:

Das bedeutet nicht, dass dies komplett erfolglos ist. Die Hardcore-Fans werden solche eher dümmlichen Einträgen immer liken und Antworten darauf schreiben. Doch auch auf Facebook behaupte ich: Auf Dauer werden neue Nutzer – und somit potenzielle Hardcore-Fans-in-spe – eher abgestoßen. Wer will schon ständig auf Kinderniveau angesprochen werden?

Auf Twitter verschärft sich das Problem. Denn hier sind Debatten nicht mehr wirklich nachvollziehbar. Man hat das Gefühl, allein mit dem Unternehmen zu sein, während gleichzeitig viele weniger kundige Nutzer nicht um eine bestimmte Filterfunktionalität von Twitter wissen. Steht am Anfang einer Nachricht “@nutzername”, so wird diese Meldung nur jenen Followern angezeigt, die auch dem Adressaten des Textes, also @nutzername folgen.

Unternehmen müssen sich also umstellen. Wollen sie auf Twitter Marketing betreiben (und nicht Kundendienst wie es Telekom und Bahn sehr erfolgreich tun), müssen sie eine andere Ansprache finden – und die unterscheidet sich vielleicht auch maßgeblich vom Ton anderer Marketing-Maßnahmen. Wie das geht demonstrierte gestern, nach der Elfmeter-Niederlage Englands gegen Italien, die englische Tourismusfördergesellschaft Visit England:

Erfolg: 8144 Retweets und über 1000 Speicherungen als Favorit. So geht das mit Twitter-Marketing für Unternehmen.

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Das Fenster der Hoffnung für Windows auf dem Handy

by Thomas Knüwer on 22. Juni 2012

Vor einiger Zeit testete ich das Nokia Lumina mit Windows-Betriebssystem – es hat mich wenig begeistert. Wie seit langer Zeit war die grundlegende Hardware nicht übel: Es sieht gut aus, liegt gut in der Hand. Das Betriebssystem aber wirkte unelegant und unfertigt. Nein, nicht katastrophal. Aber eben spürbar zurück hinter iOS und Android. Noch dazu gab es zwar weitestgehend die meisten Standard-Apps von Twitter über Foursquare bis Wetter – doch jene, die etwas kosteten lagen spürbar über den Preisen für iOS- und Android-Apps.

Und ohnehin hegte ich bisher wenig Hoffnung für ein Handy-Betriebssystem aus dem Hause Microsoft. Der Grund ist dabei keine generelle Ablehnung des Unternehmens, in Redmond werden sehr coole Dinge produziert – und sehr schlimme. Aber der entscheidende Faktor, ob ein Handy-Betriebssystem Erfolg hat wird auf Dauer die Beteiligung von App-Programmierern sein. Deren Zahl ist zwar immens groß – aber begrenzt. Und weil viele von ihnen als One-Man- oder Kleinteam-Show unterwegs sind, praktizieren sie Marktwirtschaft auf Speed: Für viele von ihnen ist es entscheidend zu wissen auf welchem System sich mit welchen Apps wieviel Geld machen lässt.

Das bekam schon Android zu spüren. Im Dezember vergangenen Jahres verkündete Google-Chairman Eric Schmidt auf der Le Web in Paris volltönend, schon bald werde es exklusiv für Android entworfene Knaller-Programme geben:

“Six months from now you’ll say the opposite. Because ultimately applications vendors are driven by volume. And the volume is favored by the open approach that Google is taking.”

Ähm… nun… Nein. [click to continue…]

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Nehmen wir an, die Bundesregierung plante ein Gesetz, das Tanzen auf öffentlichen Plätzen verbieten soll.

Warum sie das tut? Weil Discobesitzer sich darüber erregen, denn die frei auf der Straße tanzenden Menschen nähmen ihnen Einnahmen weg. Und da die Regierung Discos für eine wichtige Einrichtung halten, will man helfen. Außerdem gibt es die Angst, die Gastronomen könnten ihre Gäste auffordern, eine andere Partei zu wählen.

Ob dieses Vorhabens entbrennt eine große Diskussion, denn niemand weiß wie dieses Verbot genau gestaltet sein soll. Schließlich erreicht die Öffentlichkeit ein Referentenentwurf des Gesetzes.

Eine der Regierung nahe stehende Gruppierung, nennen wir sie das M-Netz, äußert sich nun und kritisiert den Entwurf. Zum Beispiel sei die darin enthaltene Regelung über nicht erlaubte Tanzschritte zu unkonkret, auch müsse über die Lautstärke der Musik diskutiert werden die als “tanzauslösend” definiert wird. Unter anderem schreibt das M-Netz in seiner Stellungnahme:

“Der vorliegende Entwurf zu einem Anti-Tanz-Gesetz kann deshalb nur dann unsere Zustimmung finden, wenn sichergestellt ist, dass keine neuen Rechtsunsicherheiten entstehen.”

Wie würden Sie, liebe Leser, diese Passage interpretieren? Ist das M-Netz gegen dieses unsinniges Gesetz? Oder nur gegen bestimmte Regelungen des Gesetzentwurfs, hält ein Anti-Tanz-Gesetz aber alles in allem für sinnvoll?

Und: Halten Sie diesen Unterschied zwischen Gegen-Gesetz-sein und Formulierung des Gesetzestextes für wichtig?

Für mich persönlich ist dies ein bedeutender Unterschied. Gesetze entstehen ja nicht, weil gerade ein paar Parlamentarier am Abend noch nichts vor haben (OK, sie sollten nicht so entstehen). Gesetze sollen einen Mangel oder ein Problem lösen. Wer nur über die Formulierung eines Anti-Tanz-Gesetzes diskutieren will erkennt im Grundsatz an, dass öffentliche Tänzer Discobesitzer schaden und dass diese dafür einen wirtschaftlichen Ausgleich erhalten sollten.

Vielleicht bin ich da ja zu korinthenkackerisch. Dorothee Bär, Bundestagsabgeordnete der CSU, ist nämlich der Meinung, diese Unterteilung seien “sind sprachliche Haarspaltereien von Menschen, die offenbar keine Probleme im Leben haben.”

Ihre Aussage entstand gestern im Rahmen einer Twitter-Diskussion aus Anlass meines Blog-Artikels zur Haltung des C-Netzes (einer CDU/CSU-nahen Netzpolitik-Organisation) in Sachen Leistungsschutzrecht.

Erinnern wir uns: Das C-Netz äußerte in einer Pressemitteilung Kritik an dem nun bekannten Referentenentwurf des Leistungsschutzrechtes. [click to continue…]

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Netzwert Reloaded LIV: Anpfiff im Netz

by Thomas Knüwer on 21. Juni 2012

In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jede Woche, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Jüngst war hier in der Indiskretion weniger los – manchmal muss auch Urlaub sein. In diesem aber hatte ich einen dieser “Das Internet ist toll”-Momente. Denn die vorletzte Woche verbrachte ich in New York und auf dem Flug dahin erwischte ich zum ersten Mal eine Lufthansa-Maschine mit Wifi. Während wir also gen USA flogen lief gerade das Spiel der Niederlande gegen Dänemark im Rahmen der Europameisterschaft.

Reicht für solch einen Stream die Bandbreite des LH-Online-Zugangs? Yep, sie reicht. Ich konnte das Spiel auf dem iPad (wenn auch ein wenig unscharf) verfolgen. Irgendwann allerdings riss der Stream ab, was möglicherweise mit einem fliegenden Wechsel der Landes-IP zusammen hing. Doch im Gegensatz zu deutschen Sendern ist der ORF nicht ganz so pingelig was Stream-Zugriffe aus dem Ausland betrifft: Auf seiner Seite konnte ich weiterschauen. Das war dann auch positiv an den restlichen Tagen.

Wie abgedreht ist es, wenn man im strömenden Regen auf dem Times Square steht, in der langen Schlange vor der Theaterkasse mit den reduzierten Tickets, und gleichzeitig Polen gegen Russland schaut? Denn während deutsche Bürgermeister sich des Themas “Öffentliches Wlan” nicht annehmen wollen, sieht das in New York anders aus: Der gesamte Times Square ist mit einem kostenfreien und frei zugänglichen Netz-Zugang ausgestattet.

Vor 10 Jahren war dies nicht unvorstellbar – aber es schien noch weit weg zu sein.  Am 27.5.2002 stand nämlich die Fußball-WM in Japan und Südkorea an. An Livestreaming war damals noch nicht zu denken – die Bandbreiten machten dies zu einem eher unerquicklichen Erlebnis.Erstmals aber hatte die Fifa die Online-Rechte an Zusammenschnitten verkauft – dummerweise an die Kirch-Gruppe, die im April 2002 endgültig  Insolvenz anmeldete. [click to continue…]

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Als ich am Montag ankündigte, wegen der staatlichen Subvention für Medienhäuser namens “Leistungsschutzrecht” nicht mehr auf die digitalen Angebote von Print-Verlagen zu verlinken, hatte ich nicht mit einer solch vehementen Reaktion gerechnet. Leider habe ich nicht mitgezählt, aber hier im Blog, auf Twitter und Facebook schlossen sich geschätzt so um die zwei Dutzend Blogs dem an.

Es scheint, so langsam geht den Verantwortlichen anscheinend ein wenig die Düse. So versuchte die Zeitungs-Lobbyorganisation BDZV die Wogen zu glätten, jener Verein also dessen Chef auch gerne mal von sich gibt, Blogs und Wikipedia seien für ihn kein Journalismus – aber Kundenkarten seien ganz toll. Kürzlich wohnte ich einer Veranstaltung bei, bei der er stolz verkündete, auch mit dem Leistungsschutzrecht dürften kleine Unternehmen Inhalte aus dem Internet kostenlos ausdrucken. Doch, ehrlich, hat er so gesagt.

Wie bei solchen Äußerungen zu erwarten strotzt auch die Rechtfertigung des BDZV vor verdrehten Unwahrheiten. Rechtsanwalt Thomas Stadler hat für die Interessierten alles weitere aufgeschrieben.

Hohn und Spott darf sich auch Axel Springers Cheflobbyist Christoph Keese anlesen. In seinem Privatblog (das bei strenger Auslegung des vorliegenden Leistungsschutzrechtsentwurfs als dienstlich gelten würde) verschwurbelt er sich im Spindoctoring derart, dass Stefan Niggemeier schreibt:

“Zurückrudern ist noch nicht olympisch, aber Christoph Keese übt schon mal in der Disziplin Einer ohne Steuermann…

Wenn das Leistungsschutzrecht nur ungefährlich ist, solange die deutschen Verlage sich gutwillig, vernünftig, zurückhaltend und maßvoll verhalten, muss man dieses Gesetz fürchten.”

Heute nun hat sich auch das C-Netz zu Wort gemeldet. Dabei handelt es sich um einen Verbund von CDU/CSU-Mitgliedern die noch so eine Art Einäugige unter Blinden spielen. Nachdem die SPD mit der Initiative D64 ein vergleichbares Konstrukt gegründet hatte, sahen sich auch die Christdemokraten in der Pflicht. Nun veröffentlichten sie eine Stellungnahme, die anscheinend die Gegner des Leistungsschutzrechts beruhigen soll – en detail aber zeigt, dass anscheinend die ganze christdemokratische Bundestags-Fraktion auf Seiten der Verlagslobby steht. [click to continue…]

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