Jahr: 2013

Die Banlieue als Baustelle

Nach den Unruhen in den französischen Vorstädten unterzog der Soziologe Robert Castel die gesellschaftlichen Verhältnisse in Frankreich einer schonungslosen Untersuchung. Dabei stellte er fest, dass nicht die fehlende Integration der Einwandererkinder in den Vorstädten, sondern die gesellschaftliche Realität der Grande Nation den Anlass für die Ausschreitungen darstellte.

„Solschenizyn kennt und versteht das Lager nicht!“

Niemand hat so eindringlich den russischen Gulag beschrieben, wie Warlam Schalamow. Mit dem Band »Künstler der Schaufel« liegen der dritte und vierte Zyklus seiner beeindruckenden »Erzählungen aus Kolyma« vor. Der Band »Über Prosa« enthält brillante und kluge Reflektionen des eigenen Schaffens sowie Briefe an Alexander Solschenizyn oder Boris Pasternak.

500 Tage in der Höhle oder: dem Holocaust entkommen

Der Höhlenforscher Christopher Nicola stieß vor 20 Jahren in einer ukrainischen Höhle auf ein paar Knöpfe, alte Schuhe und Medizinflaschen. Über zehn Jahre suchte er nach den ehemaligen Besitzern. Der Dokumentarfilm »NO PLACE ON EARTH« erzählt von der jahrzehntelangen Suche nach einer unglaublichen Geschichte des Überlebenskampfes von einigen jüdischen Familien während des Zweiten Weltkriegs. Ich konnte mit Christopher Nicola in Berlin über seine Suche sprechen.

Kann denn Liebe Sünde sein?

Zwei kleine, aber kluge Bücher befassen sich mit den intensivsten aller Gefühle. Während Deutschlands bekanntester Nachkriegssoziologe Niklas Luhmann recht sachlich über die Liebe als »Motivation zur Selektion« schreibt, präsentiert der Philosoph Simon Blackburn eine überaus lesenswerte Ideen- und Mythengeschichte der Wollust.

Vom Entgleisen der Welt

Wassili Grossmans Roman »Leben und Schicksal« ist eine fulminante Apologie des Menschen in barbarischen Zeiten. Dieses opus magnum nennt das Falsche falsch und das Richtige richtig – ein existenzielles Wagnis für Autor und Werk, wenn die Anhänger des Falschen das Sagen haben.

Kleine Bücher mit großen Inhalten

Das Hamburger Institut für Sozialforschung hat renommierte Soziologen danach gefragt, wie angesichts der uns umgebenden postmodernen Verhältnisse mit den Klassikern der Soziologie umzugehen ist und inwiefern deren Theorien und Ansichten überhaupt noch Relevanz besäßen. Im Rahmen einer Vorlesungsreihe unter dem Titel »InstitutsMontage« wurden einzelne Gesichtspunkte von insgesamt zehn Klassikern der Soziologie diskutiert. Acht der Vorträge liegen in einer handlichen Kassette vor.

Auf der Suche nach dem Menschlichen im Menschen

Als erster Filmemacher wurde der Österreicher Ulrich Seidl innerhalb eines Jahres mit drei verschiedenen Filmen zu den drei wichtigsten Europäischen Filmfestspielen in Cannes, Venedig und Berlin eingeladen. Seine Filmtrilogie »PARADIES Liebe« »PARADIES Glaube« und »PARADIES Hoffnung« provoziert. Im Rahmen einer Sondervorstellung bei der diesjährigen Berlinale konnte man die drei Filme erstmals am Stück sehen.

»Der Mensch jedoch lebt«

Wie ist ein Leben nach dem Gulag – wenn Humanität und Kultiviertheit unter den Eindrücken des Inhumanen ihre Relevanz verlieren – möglich, ohne einem ständigen Zweifel an der menschlichen Zivilisation anzuhängen? Dies ist die große Frage, die Warlam Schalamows »Erzählungen aus Kolyma« zugrunde liegt.