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Die Niedertracht im System

Pablo Larrain: El-Club | © Fabula

Andreas Dresen war samt jugendlicher Crew am Montagabend mit seiner gleichnamigen Verfilmung von Clemens Meyers Roman Als wir träumten im Wettbewerb zu sehen. Der Film, besetzt gleich mit einer ganzen Riege deutscher Nachwuchsschauspieler, erzählt in eindringlichen und schonungslosen Bildern die Geschichte des Erwachsenwerdens zwischen zwei Welten. Der Film ist ein Porträt des jugendlichen Lebens in Leipzig in den Neunziger Jahren und lenkt damit den Blick auf eine Generation, die in den zwei Welten vor und nach der Wende gleichermaßen zuhause und verloren ist.

Małgorzata Szumowska: Body | © Jacek Drygała

Małgorzata Szumowska: Body | © Jacek Drygała

Am späten Abend präsentierte Małgorzata Szumowska ihren neuen Film Body im Wettbewerb. Die polnische Regisseurin war bereits zwei Mal im Panorama vertreten, bevor sie 2013 mit ihrem eindrücklichen Wettbewerbsbeitrag über einen homosexuellen katholischen Priester den Teddy-Award gewann. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an ihr neues Werk, in dem es um Spiritismus und Anorexie geht.

Olga (Justyna Suwała), die Tochter des Untersuchungsrichters Januzs (Januzs Gajos) kotzt sich seit dem Tod ihrer Mutter die Seele aus dem Leib. Ihr Vater steht hilflos daneben, ertränkt seinen eigenen Kummer in Arbeit und Wodka. Als er sie eines Abends bewusstlos im Bad findet, liefert er sie in eine Klinik ein. Hier trifft sie auf die Therapeutin Anna (Maja Ostaszewska), die in ihrer Freizeit als Medium aktiv ist und Kontakt zu Verstorbenen aufnimmt. Sie wird ihre Fähigkeiten nach einer Weile auch bei Olga und ihrem Vater anwenden wollen, stößt bei Januzs aber auf Widerstand.

Die Schauspieler in diesem Film agieren souverän und glaubhaft, bleiben dem Zuschauer aber dennoch fremd und unnahbar. Die Frage, was uns Małgorzata Szumowska mit diesem Film sagen will, ist nicht klar zu beantworten. Wer will, findet einen feministischen Grundton, der den absurden Körperwahn weltweit und die Auslieferung des Körpers der Frau unter klerikal-motiviere Gesetze in Polen im Besonderen kritisiert. Über diesen wichtigen Grundton hat sie jedoch die esoterisch-spiritistische Geschichte der immer anwesenden, Signale sendenden Mutter gelegt, die ihn fast verschüttet, auch wenn sich diese Geschichte als Mummenschanz herausstellt.

Wozu also das Ganze? Vielleicht um den Film mit der letzten Einstellung aus der Schublade eines mäßig gelungenen Dramas in die Schublade einer augenzwinkernden Komödie mit Tiefgang zu verlegen. Anders kann man den Fußball-Evergreen You never walk alone, der über die letzte Szene gelegt ist, nicht deuten.

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