Es ist: 15-12-2020, 17:37
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La Belle Morte (1)- Überarbeitete Version
Beitrag #1 |

La Belle Morte (1)- Überarbeitete Version
Hallo, was Neues von mir. Titel wird noch überarbeitet. 

Gelangweilt zappte Luna durch die Kanäle. Rendezvous mit Joe Black. Brad Pitt in der Hauptrolle. Ein alter Klassiker, da war Brad noch jung und knackig. In den zwanzig Jahren, die seit dem Dreh vergangen waren, hatte er gewaltig nachgelassen, was nicht zuletzt am Kiffen und übermäßigem Alkoholkonsum und natürlich seiner Scheidungsschlacht mit Angelina Jolie lag.
Luna blieb einige Zeit bei dem Film hängen. Gerade küsste Joe Black die Hauptdarstellerin, die natürlich jedes Klischee eines romantischen Liebesfilms bediente. Ebenso Joe Black alias der Tod. Schmalz pur.
Die Menschen waren ja völlig ahnungslos.
Luna trank einen Schluck Cola. Diese koffeinhaltige Limonade war eine der besten Erfindungen, seit es Amerikaner gab. Auf dem Wohnzimmertisch stand eine gut gefüllte Schale mit Chips. Luna selbst hatte sich auf der großzügigen Couch aus sandfarbenen Leder ausgestreckt. Ein gemütlicher Abend nach einem Arbeitstag, so wie tausende Menschen in dieser kleinen Stadt irgendwo auf der Welt den Tag ausklingen ließen. Lunas Füße steckten in gestreiften Socken.
Sie mochte gestreifte Socken. Sie strahlten etwas Lebendiges aus.  
Ihr Blick schweifte durch die ordentlich aufgeräumte Wohnung. Gardinen, aus zartem weißem Stoff bauschten sich frisch gewaschen vor blank geputzten Fenstern. Nicht ein Körnchen Staub lag auf den Möbeln aus hellem Holz. Es war nicht Lunas Wohnung. Sie hatte einmal einem jungen Mann gehört, der nicht mehr unter ihnen weilte. Vor seinem Fortgang hatte er Luna erlaubt hier zu leben, bis man seinen Weggang bemerkte. Nicht, dass sie unbedingt eine Erlaubnis dazu benötigt hätte, aber so machte man das eben unter den Menschen.
Anthony Hopkins alias Bill Parrish hielt gerade eine Ansprache vor den Aktionären seiner Firma. Luna stopfte sich eine Handvoll Chips in den Mund und achtete darauf, dass keine Krümel auf den eierschalenfarbenen Teppich fielen. Als ob der Besitzer je zurückkommen würde.
Ihre ...Luna überlegte. Wie nannte man solche Leute? Klienten? Das Wort schien ihr ein wenig zynisch und doch fiel ihr kein besserer Begriff ein. Wenn man so wollte, waren es ihre Klienten. Jeder würde einmal eines Tages ihr Klient werden. Die einen früher und die anderen später, denn Luna war der Tod.
Sie fand es ein wenig befremdlich, dem Tod ein Geschlecht zu geben. Aber es so waren eben die Menschen. Der Tod. Die Franzosen sagten La Morte, da war sie weiblich. La petite Morte gefiel ihr, obwohl das ja eigentlich zum genauen Gegenteil führte.
Sie trug einen weiblichen Namen, den ihr vor etlichen Jahren eine alte Frau gegeben hatte. Nach ihrer Tochter, die schon lange vor der Mutter gestorben war. Die alte Frau sah wohl das Kind vor ihrem inneren Auge, als der Tod sie endlich von ihrem Schmerz erlöste und dieser mochte den Namen so sehr, dass er ihn für sich behielt. Dabei hatte jeder Mensch eine eigene Vorstellung vom Tod. Meistens gab man ihr einen Körper und ein Gesicht. Körperlichkeit war etwas Vertrautes und wenn die Menschen sich auf diese letzte Reise begaben, war ihnen Vertrautes sehr wichtig.
Seltener gab man ihr das Äußere von Tieren. Der Hund, die Katze, die Herrchen oder Frauchen ins Jenseits führen sollte. Erstaunlicherweise akzeptierten die meisten ihrer Klienten, wenn sie sie abholten und gingen mit.
Von all ihren Klienten faszinierten die Menschen Luna am meisten.
Auf der einen Seite schufteten sie sich zu Tode für das Bisschen, das sie Leben nannten, auf der anderen Seite planten sie ihre Zukunft, ohne zu wissen, ob Luna nicht schon einen Moment später auf ihrer Schwelle stehen würde. Sie glaubten immer, so unendlich viel Zeit zu haben, dabei waren die paar Jahre, die ihnen vergönnt waren nicht mehr als ein Windstoß. Umso überraschter waren sie dann, wenn der Tod an ihre Tür klopfte.
Einige wehrten sich verbissen und sahen etwas Schreckliches in ihr und nicht nur einen Teil, der zum Leben gehörte wie die Geburt. Naiv wie ein Kind versuchten sie das Unbekannte, den schwarzen Schatten und auch den Sensenmann, wie sie genannt wurde, zu bekämpfen.
Aber letztendlich verloren sie doch immer. Dem Tod konnte niemand entkommen. Schon wieder der Tod. Als gäbe es nur einen einzigen Tod. Er war genauso individuell wie das Leben auch.  
Bei entsprechender Kooperation gab es durchaus Spielraum das Ableben persönlich und sogar angenehm zu gestalten. Mit einem älteren Herrn war sie sogar noch in die Bar Whisky trinken gegangen. Er starb, den Kopf an den vollen Busen einer drallen Blondine gelehnt und mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht.
Bei den Flüchtigen musste sie zu drastischeren Mitteln greifen, aber zum Glück kam das nur selten vor. Anthony Hopkins war auch einer der leichteren Sorte. Nachdem er dem Tod einige Tage abgerungen hatte, um noch seinen fünfundsechzigsten Geburtstag zu feiern, verabschiedete er sich im Film von seiner Tochter. Zum Sterben romantisch. Luna trank ihr Cola aus und sah sich in der peinlich sauber aufgeräumten Wohnung um. Der Vorbesitzer hatte kaum Freunde gehabt. Eigentlich überhaupt keine. Er lebte sehr zurückgezogen. Zu der Familie bestand ebenfalls wenig Kontakt. Als Luna an seiner Tür klopfte, erschien ein rosiger Schimmer auf seinen blassen Wangen. Er bat noch darum, seine ohnehin sehr saubere Wohnung noch einmal gründlich putzen zu dürfen. „Damit hier alles sauber ist, wenn die mich finden“, wie er sich ausdrückte. Seine ausdruckslosen Augen leuchteten auf, als Luna ihm nicht nur diesen Wunsch gewährte, sondern auch noch fragte, wie er denn sterben wolle.
„Kann ich mir das wirklich aussuchen?“, fragte er freudig verwundert. Luna hatte nur mit den Achseln gezuckt. „Du bist ja noch recht jung“, hatte sie geantwortet. „So viel Zeit kann ich dir noch einräumen. Aber allzu lange darf es auch nicht dauern“, fügte sie hinzu, um seinen Enthusiasmus zu dämpfen. Sie musterte ihn ohne besonderes Interesse. Er war ein Klient wie jeder andere auch. Noch nicht alt, keine dreißig, aber tagtäglich starben weitaus jünger. Sein aschblondes Haar begann sich zu lichten. Doch die Aussicht, dass sein einsames Leben bald ein Ende haben sollte, schien dem dünnen Körper mit den hängenden Schultern noch einmal Energie zu verleihen. Eifrig machte er sich daran, seine Zwei-Zimmer-Wohnung, die er in den letzten Jahren kaum verlassen hatte, zu putzen. Dann duschte er ausgiebig, rasierte sich und zog einen dunklen Anzug an, der wohl schon lange im Schrank hing. Ein Hauch von Aftershave vermischte sich mit dem penetranten Geruch von Mottenkugeln.
Luna konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ihr Klient stand vor ihr und man hätte meinen können, er zur Konfirmation, statt in den Tod. Er war aufgeregt wie ein Backfisch vor seinem ersten Rendezvous. Er verabschiedete sich von Luna wie von einer sehr alten Freundin. Sein toter Körper wurde eine Woche später von Spaziergängern im Wald gefunden.
Joe Black ging mit Anthony Hopkins davon. Wenige Sekunden später schloss Brad Pitt die Hauptdarstellerin in die Arme. Der Film war zu Ende.
Luna stand auf und ging in die Küche. Eigentlich musste sie nicht essen, aber sie hatte die Nahrung der Menschen zu schätzen gelernt und Spaghetti schmeckten wirklich lecker. In der hintersten Ecke des Küchenschranks fand sie sogar noch eine Flasche Rotwein. Mit dem Ärmel wischte sie die dicke Staubschicht ab. Dornfelder. Trocken kam zum Vorschein. Luna schenkte sich ein Glas ein und trank, während sie Spaghetti Bolognese zubereitete. Später hatte sie es sich wieder auf der Couch gemütlich gemacht. Cola war gegen Rotwein ausgetauscht und Joe Black wurde durch eine Reportage über Kasachstan ersetzt. Ein Blick durchs Fenster sagte Luna, dass es drinnen gemütlicher war als draußen. Dunkle Wolken verdeckten den Himmel und gleich darauf prasselte Regen aufs Dach. Ein typischer Apriltag.
„…ist bekannt für seine Pferde“, näselte die körperlose Stimme des Reporters. Luna mochte Pferde. Ihre Freunde, die Apokalyptischen Reiter besaßen wunderschöne, feurige Tiere.
Ihr nächster Auftrag führte sie nach Kasachstan:
Alexej Bondarenko
Achtundsechzig Jahre,
wohnhaft in der Stadt … Luna kniff die Augen zusammen. Schon allein der Name der Stadt in Gedanken zu lesen, machte ihr einen Knoten in die Zunge. Qu..Quo… Quost… Quostanay. Innerlich stöhnte Luna auf. Allein dafür hatte er schon den Tod verdient. Leberkrebs sollte die Todesursache sein, zu viel Alkohol. Die Menschen unterschieden nie zwischen dem Tod und seiner Ursache. Eine Krankheit konnte, musste aber nicht zwangsläufig zum Tod führen. Meist waren Alkoholiker ganz lustige Gesellen, die gerne noch einen letzten Drink nahmen, bevor sie mit Luna gingen. Sie rechnete nicht mit Schwierigkeiten.
Einmal hatte ein Klient sie gefragt, woher sie denn wüsste, wen sie mitnehmen dürfte. Der Mann saß unschuldig in der Todeszelle und seine Hinrichtung sollte in wenigen Augenblicken erfolgen. Luna hatte nur mit den Achseln gezuckt. Woher wusste der Wind, aus welcher Richtung er wehen sollte? Aber dann hatte sie sich ein kleines Büchlein besorgt und die Namen notiert. Nachdem einige, vornehmlich ältere Herrschaften sich über die auffällige pinke Farbe beschwert hatten, war sie zu einem gedeckteren Ton gewechselt. Es war anstrengend die Klischees der Menschen zu bedienen.
„Dann mal auf nach Kasachstan“, sagte sie zu sich selbst. Die kleine, gemütliche Wohnung würde sie vermissen. Es hatte Spaß gemacht, für eine kleine Weile Mensch zu spielen, aber nichts war für die Ewigkeit.
 

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Beitrag #2 |

RE: La Belle Morte (1)
Zweiter Versuch, meinen ersten Kommentar zu schreiben, nachdem ich fast fertig war und dann versehentlich die Seite verlassen habe  wallbash 
Auch wenn es schon etwas her ist. Das erste Durchlesen hat mich sehr angesprochen, beim zweiten Mal versuche ich, genauer hinzuschauen. 

Zitat:Ihr...Luna überlegte
Ich glaube, grammatikalisch korrekt müsste man zwar direkt nach dem "r" die Punkte schreiben, wie hier ja richtig, aber nach den drei Punkten noch ein Leerzeichen setzen.
Dementsprechend an den folgenden Stellen: 
Zitat:„…ist bekannt für seine Pferde“
(Leerzeichen nach "...")

Zitat:wohnhaft in der Stadt … Luna
(kein Leerzeichen nach "Stadt")

Zitat:Qu..Quo… Quost… Quostanay
("Qu... Quo... "usw.)
Ganz sicher bin ich nicht, ob tatsächlich bei diesen drei Punkten in allen Fällen die gleichen Regeln gelten. Dennoch ist das hier schon ziemlich unstet.
Gefällt mir aber sprachlich richtig gut.

Zitat:Dornfelder. Trocken kam zum Vorschein.
Ich würde, obwohl es ein bisschen auf die Kosten von diesem "nach und nach" geht, zusammenfassen zu "Dornfelder - Trocken kam zum Vorschein". Und ich überlege noch, ob man "Dornfelder - Trocken" nicht als Schriftzug, den Luna (in Gedanken) liest, in Anführungszeichen setzen müsste.

Zitat:die Apokalyptischen Reiter besaßen wunderschöne, feurige Tiere.

Ihr nächster Auftrag führte sie nach Kasachstan
An dieser Stelle ist für mich eine Lücke. Woher weiß sie, dass dieser Mann, den sie da sieht, ihr nächster Auftrag ist? Bekommt sie eine Nachricht? Spürt sie es vielleicht einfach? Die Instanz, die die Aufträge erteilt, oder genaue Kommunikationswege meine ich damit nicht, die sollen gerne im Dunklen bleiben, aber irgendwas fehlt mir da noch. 

Abgesehen von dieser kleinen Lücke bin ich jetzt schon ein Fan dieser Geschichte Icon_smile
Die Idee ist klasse, und sehr schön umgesetzt, wie ich finde. Viele Fragen bleiben offen, in einer für mich sehr positiven Weise. Keine davon würde ich ein der Geschichte beantwortet haben wollen. Und eine interessante Betrachtung.

Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen. (Konfuzius)

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Beitrag #3 |

RE: La Belle Morte (1)
Hallo Korbinian, 

1000 Dank für deinen Kommentar. Dieser Teil steht schon seit über einem Jahr ein und wurde nicht beachtet. Ich musste mich gerade selbst wieder einlesen, um auf deine Kommentare zu antworten. 

Zitat:
Zitat: schrieb:Ihr...Luna überlegte
Ich glaube, grammatikalisch korrekt müsste man zwar direkt nach dem "r" die Punkte schreiben, wie hier ja richtig, aber nach den drei Punkten noch ein Leerzeichen setzen.
 Es müsste grammatikalisch korrekt Ihr Klient bzw Klienten heißen. Sie ist ja am überlegen, wie man solche Menschen eben nennt. 

Zitat:("Qu... Quo... "usw.)
Ganz sicher bin ich nicht, ob tatsächlich bei diesen drei Punkten in allen Fällen die gleichen Regeln gelten. Dennoch ist das hier schon ziemlich unstet.
Gefällt mir aber sprachlich richtig gut.

Ist eine Stadt in Kasachstan an der russischen Grenze und auch da überlegt Luna, wie man den Namen ausspricht. Ein Zungenbrecher, selbst für den Tod.  Mrgreen Mrgreen Mrgreen

Zitat:An dieser Stelle ist für mich eine Lücke. Woher weiß sie, dass dieser Mann, den sie da sieht, ihr nächster Auftrag ist? Bekommt sie eine Nachricht? Spürt sie es vielleicht einfach? Die Instanz, die die Aufträge erteilt, oder genaue Kommunikationswege meine ich damit nicht, die sollen gerne im Dunklen bleiben, aber irgendwas fehlt mir da noch. 
Das lass ich einfach offen  Icon_smile Die einzeln beschriebene Aufträge hier sind auch Chef-Sache. Jeden Tag sterben wahrscheinlich hunderttausende Menschen, da würde der Tod als Person Überstunden machen.  Icon_smile

Ich bedanke mich noch einmal und werde bal mal den nächsten Teil veröffentlichen.

LG 

Persephone

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Beitrag #4 |

RE: La Belle Morte (1)
Na, darauf freue ich mich  Icon_smile 
Ich hoffe nur (ausnahmsweise), da werden nicht zu viele Fragen beantwortet Icon_wink

Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen. (Konfuzius)

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Beitrag #5 |

RE: La Belle Morte (1)
Hi Persephone,

dann will ich auch mal Icon_smile
Das Lesen fand ich amüsant. Zwischendrin gab es einen Absatz der mich weniger interessierte (dazu gleich), aber der ganze Ton der Geschichte passt irgendwie. Vor allem konnte ich mir Luna und ihren "Klienten" total gut vorstellen, sie wirken auf mich sehr plastisch und lebendig.


Zitat:Gelangweilt zappte Luna durch die Kanäle. Rendezvous mit Joe Black. Brad Pitt in der Hauptrolle. Ein alter Klassiker, da war Brad noch jung und knackig.
Da du schreibst, dass sie zappt, war ich kurz überascht, dann nur von einem einzigen Film zu hören. Meine Erwartung war, dass ein paar Filme aufgezählt werden, und Luna dann an einem hängen bleibt (oder vielleicht ihre Hand braucht um sich Chips in den Mund zu stopfen).

Zitat:Luna trank einen Schluck Cola. Diese koffeinhaltige Limonade war eine der besten Erfindungen, seit es Amerikaner gab. Auf dem Wohnzimmertisch stand eine gut gefüllte Schale mit Chips.

Müsste hier nicht schon kommen "Eigentlich musste sie nichts essen, aber zu einem guten Film gehörten Cola und Chips einfach dazu" oder so etwas? Kommt natürlich auch drauf an, wie du deine Andeutungen streuen willst.

Zitat:Gardinen, aus zartem weißem Stoff bauschten sich frisch gewaschen vor blank geputzten Fenstern.

Etwas viele Adjektive. Ich denke, "vor blank geputzten Fenstern" muss nicht unbedingt sein, es kann einfach "vor den Fenstern" sein. Es gibt genügend andere Hinweise auf den Sauberkeitsgrad der Wohnung.

Zitat:Es war nicht Lunas Wohnung. Sie hatte einmal einem jungen Mann gehört, der nicht mehr unter ihnen weilte. Vor seinem Fortgang hatte er Luna erlaubt hier zu leben, bis man seinen Weggang bemerkte.

Das hat mich irgendwie verwirrt. Also an sich ist das gut angedeutet, hier beginne ich zu ahnen, dass ein Todesfall oder Mord geschehen ist. Aber "Fortgang - Weggang" so kurz hintereinander klingt nicht gut. Außerdem frage ich mich, warum Luna eine Erlaubnis braucht, um in der Wohnung zu sein - kann sie sich nicht einfach einquartieren?

Zitat:Als ob der Besitzer je zurückkommen würde. Ihr...Luna überlegte. Wie nannte man solche Leute? Klienten?

Der angefangene Gedanke "Ihr..." hat mich auch etwas herausgerissen aus dem Textfluss, vor allem wird der Gedanke nie zu Ende gedacht.

Zitat:Sie trug einen weiblichen Namen, den ihr vor etlichen Jahren eine alte Frau gegeben hatte. Nach ihrer Tochter, die schon lange vor der Mutter gestorben war. Die alte Frau sah wohl das Kind vor ihrem inneren Auge, als der Tod sie endlich von ihrem Schmerz erlöste und dieser mochte den Namen so sehr, dass er ihn für sich behielt. Dabei hatte jeder Mensch eine eigene Vorstellung vom Tod. Meistens gab man ihr einen Körper und ein Gesicht. Körperlichkeit war etwas Vertrautes und wenn die Menschen sich auf diese letzte Reise begaben, war ihnen Vertrautes sehr wichtig.
Seltener gab man ihr das Äußere von Tieren. Der Hund, die Katze, die Herrchen oder Frauchen ins Jenseits führen sollte. Erstaunlicherweise akzeptierten die meisten ihrer Klienten, wenn sie sie abholten und gingen mit.
Einige Ausnahmen allerdings wehrten sich verbissen und sahen etwas Schreckliches in ihr und nicht nur einen Teil, der zum Leben gehörte wie die Geburt. Sie bekämpften die Bestie, den schwarzen Schatten und auch den Sensenmann, wie sie genannt wurde. Aber schließlich verloren sie alle, denn dem Tod konnte niemand entkommen. Dabei hatte Luna bei entsprechender Kooperation durchaus Spielraum, das Ableben angenehm zu gestalten. Mit einem älteren Herrn war sie sogar noch in die Bar Whisky trinken gegangen. Er starb, den Kopf an den vollen Busen einer drallen Blondine gelehnt und mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht.
Bei den Flüchtigen musste sie zu drastischeren Mitteln greifen, aber zum Glück kam das nur selten vor. Anthony Hopkins war auch einer der leichteren Sorte. Nachdem er dem Tod einige Tage abgerungen hatte, um noch seinen fünfundsechzigsten Geburtstag zu feiern, verabschiedete er sich im Film von seiner Tochter. Zum Sterben romantisch.

Das ist der Absatz, den ich nur überlesen habe. Für mich persönlich nicht interessant. Ich bin wieder eingestiegen an der Stelle, wo es um den Vorbesitzer der Wohnung geht, denn ich wollte wissen, was mit dem Vorbesitzer passiert ist.
Der Absatz mit dem Vorbesitzer hat mir dann wie bereits gesagt gut gefallen, da ich ihn mir gut vorstellen konnte. Allerdings hast du gar nicht mehr erwähnt, welche Todesursache er sich ausgesucht hat, das hätte ich jetzt schon noch wissen wollen (und ich glaube, die Wahl sagt auch nochmal viel über den Menschen aus).

Zitat:„…ist bekannt für seine Pferde“, näselte die körperlose Stimme des Reporters. Luna mochte Pferde. Ihre Freunde, die Apokalyptischen Reiter besaßen wunderschöne, feurige Tiere.
Ihr nächster Auftrag führte sie nach Kasachstan:
Alexej Bondarenko
Achtundsechzig Jahre,
wohnhaft in der Stadt … Luna kniff die Augen zusammen. Schon allein der Name der Stadt in Gedanken zu lesen, machte ihr einen Knoten in die Zunge. Qu..Quo… Quost… Quostanay. Innerlich stöhnte Luna auf. Allein dafür hatte er schon den Tod verdient. Leberkrebs sollte die Todesursache sein, zu viel Alkohol.

Hier kommt mein einziger wirklich wichtiger Kritikpunkt: Woher kommt denn jetzt plötzlich der Auftrag? Es geht übergangslos vom Fernsehen zu dem Auftrag. Bekommt sie ihren Auftrag aus dem Fernsehen? Oder hat sie den Auftrag schon vorher erhalten und schaut jetzt auf den Zettel und versucht die Stadt abzulesen? Kurz gesagt, ich verstehe hier den Zusammenhang gar nicht und verstehe nicht, wie der Auftrag zustande kommt. Dabei würde es mich sehr interessieren, wie der Auftrag seinen Weg zu Luna findet.
Und wenn du das noch nicht im Detail erzählen willst, dann musst du zumindest zwischen den zwei Szenen überleiten. Z.B.:
"Bekannt für seine feurigen Pferde....." (ABSATZ) Die Doku war erst halb durch, da bekam Luna einen neuen Auftrag. Was für ein Zufall... Er sollte sie nach Kasachstan führen."


Ansonsten ist mir noch aufgefallen, dass die "Klienten" ungleich behandelt werden: Der junge Mann wird nie mit Namen erwähnt, Alexey Bondarenko dagegen tritt als allererstes mit Namen in Erscheinung. Der junge Mann darf sich seine Todesursache aussuchen, bei Alexej steht sie schon fest. Nach meinem Leserempfinden müssten diese "Aufträge" aber alle irgendwie ähnlich ablaufen.

Soweit mein erster Eindruck, wie gesagt finde ich den Text gut gelungen und falls andere Leser die gleichen Fragezeichen wie ich haben, dann lassen sich diese sicherlich noch leicht ausbügeln Icon_smile

Viele Grüße


ichigo


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Beitrag #6 |

RE: La Belle Morte (1)
Hallo Ishigo, 

Vielen Dank für deinen Kommentar. Die Geschichte ist wirklich überarbeitungswürdig, da sind einige Punkte, die mir selbst nicht so behagen und sobald ich dazu komme. werde ich das auch tun. 

Zitat:Etwas viele Adjektive. Ich denke, "vor blank geputzten Fenstern" muss nicht unbedingt sein, es kann einfach "vor den Fenstern" sein. Es gibt genügend andere Hinweise auf den Sauberkeitsgrad der Wohnung.
Spoiler: Der junge Mann hat Suizid begangen. Das ist ja eine Todesursache. Dachte, es wird klar. Deswegen hat er die Wohnung auch vorher noch ganz ordentlich geputzt. Manche Menschen tun so das bevor sie in den Freitod gehen.
 Warum und wie finde ich an dieser Stelle nicht wichtig, auch seinen Namen nicht. Er ist einer von vielen Klienten im Gegensatz zu dem nächsten. 

Zitat:Außerdem frage ich mich, warum Luna eine Erlaubnis braucht, um in der Wohnung zu sein - kann sie sich nicht einfach einquartieren?
Sie könnte sich einfach einquartieren, aber ich fand es unhöflich, die Macht so zu missbrauchen. Sie ist anständig. Woher sie ihre Aufträge bekommt, weiß ich selbst (noch) nicht. Bin am überlegen, wie ich das löse. So ganz auflösen möchte ich es auch nicht. Mmmh Icon_confused

Zitat:Ansonsten ist mir noch aufgefallen, dass die "Klienten" ungleich behandelt werden: Der junge Mann wird nie mit Namen erwähnt, Alexey Bondarenko dagegen tritt als allererstes mit Namen in Erscheinung. Der junge Mann darf sich seine Todesursache aussuchen, bei Alexej steht sie schon fest. Nach meinem Leserempfinden müssten diese "Aufträge" aber alle irgendwie ähnlich ablaufen.
Wir sterben alle verschieden. Ich denke, die Todesursache ist bei jedem festgelegt. Der Spielraum bezieht sich einfach auf die Zeit, dass der Tod sagt: "Ok, ich gebe dir meinetwegen noch zwei Tage dazu oder so. 

Zitat:Soweit mein erster Eindruck, wie gesagt finde ich den Text gut gelungen und falls andere Leser die gleichen Fragezeichen wie ich haben, dann lassen sich diese sicherlich noch leicht ausbügeln 
Vielen Dank. Leider hat es lange gebraucht, bis er Beachtung gefunden hat und ich dachte schon, es wäre totaler Müll.  Smiley_emoticons_blush

So kann man sich irren. 

Vielen Dank für deine Anregungen, so konnte ich mich auch mal wieder damit auseinandersetzen.

LG 

Persephone

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Beitrag #7 |

RE: La Belle Morte (1)
Das ist sicherlich nicht "totaler Müll" Icon_wink
Aus meiner Sicht muss auch gar nicht viel bearbeitet werden, wie gesagt finde ich die einzige wirklich eindeutige Stelle der Übergang zu dem neuen Auftrag. Korbinian hatte diese Stelle ja auch herausgehoben. Das geht irgendwie so plötzlich, dass man das "Bild im Kopf" verliert.
Alles andere ist viel Geschmackssache und es hängt manches auch davon ab, wie du die Geschichte insgesamt aufbauen willst. Nach deiner Antwort nehme ich aber an, dass "der junge Mann" keine weitere Rolle mehr spielen wird - angesichts dessen fände ich es schon nicht schlecht, wenn der Suizid deutlich wird. Luna hat ja sonst immer eine lapidare Bemerkung parat, ihr fällt sicherlich auch etwas lässiges dazu ein, wie un/angenehm Suizidklienten sind oder so...

Aber eigentlich wollte ich dir nur kurz mitteilen, dass ich deine Geschichte in der Geschichten-Übersicht von "Einteiler" zu "Mehrteiler" geschoben habe Icon_smile
Gratuliere Icon_jump  und ich bin schon gespannt wie es weiter geht!


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