Viele Menschen leiden an Corona. Als grausame Nebenwirkung der Krankheit entstehen schlechte Gedichte. Und noch schlimmer: Andere finden die auch noch gut!
Lyrik ist ja ansonsten eher nicht so gefragt. Doch wenn es den Menschen oder gar der ganzen Menschheit schlecht wird, dann werden unbescholtene Mitbürger auch zu schlechten Dichtern. Irgendetwas drängt sie dazu, ihre Eindrücke in Gedichte zu pressen, Versmaß oder Reimschema sind dann zweitrangig und in der Viren-Not verzichtbar. Wichtig ist die Botschaft, die Message. Sie sollte auch nicht allzu verklausuliert in Metaphern und Bildern versteckt sein, sondern möglichst hell aufscheinen. So hell, dass im Idealfall Menschen, die weniger helle sind … nein: die noch nie ein gutes Gedicht gelesen haben, spontan davon begeistert sind.
Dichten Sie über die Klopapierknappheit:
Das Virus nun uns alle bedroht,
das ganze Land, es ist in Not.
Und nirgendwo gibt’s Klopapier,
Nun sag mir bloß, wie mach ich’s hier?
Das Virus ist wahlweise vom Schicksal oder vom HErrn persönlich unter die Menschen gebracht:
Das Virus will uns alle knechten,
ist Gottes Straf’,
Der schaut nach dem Rechten.
Warst du nicht brav?
Hadern Sie mit dem Virus und halten Sie lyrische Zwiesprache:
Warum nur Corvid-19, du?
So lass’ uns doch endlich wieder in Ruh’!
Nein, oh Mensch, ich gedeih’ hier prächtig,
Dachtest wohl niemand ist wie du so mächtig?
Greifen Sie in Ihren Gedichten die Politik, die Wirtschaft oder die Kirche an:
Machtlos sind selbst die hohen Herrn,
Die Krankheit ist auch dort nicht fern.
Es hat sie selbst im Brexit-London,
der höchste Chef, der Boris Johnson.
Wenn sie nur schlecht genug dichten, aber so, dass die Menschen zustimmend nicken und »genauso ist es« murmeln, dann berichtet sogar der NDR darüber.
Und jetzt, wo die Plagen Blagen nicht in die Schule dürfen, da können die doch mal ein Haiku schreiben:
Mundschutz.
Von Viren befreit der Bach
Im Sonnenlicht.
Wenn die Mutter berühmt genug ist, bringt selbst der SPIEGEL einen Bericht über den lyrischen Ausfluss des lieben Kleinen.
Oder umgekehrt: Sie sind alt? Sie sind voll in der Risikogruppe? Dann richten Sie mahnende gereimte Worte an Ihre Mitmenschen:
Ich bin jetzt fast schon hundert alt,
Corona lässt mich da sehr kalt.
Ists der Infarkt? Sterb’ ich viral?
Am Ende ist mir das egal.
Also: Gehen Sie’s an! Dichten Sie!
Aber bitte, bitte schicken Sie keines Ihrer Werke ans literaturcafe.de. Malte Bremer hat genug schlechte Gedichte vor sich liegen.
Wenigstens Gedichte darf man wohl noch schreiben über was man will und es kann ja auch gute Corona-Gedichte geben, liebe Grüße aus Wien!
Jawoll! Das wird man ja wohl noch dichten dürfen!
Wenn man sich aufs Leben keinen Reim mehr machen kann, dann reimt man eben!
Das war jetzt ein ganz unfreiwilliger Reim, drum lass ich’s lieber sein. Äh – seim.
Als Lyriker, und das jetzt mal ganz im Ernst, habe ich im Moment beim Schreiben ein ganz anderes Problem: Ich kämpfe, dass das, was ich schreibe, nicht einfältig und banal klingt. Und verzichte temporär auf 90% meines Outputs, weil diese neue Epoche noch keine angemessene Möglichkeit des Ausdrucks hat.
Gedanken sind frei, jeder darf auch schreiben, was er will, nur sollte er seine peinlichen Ergüsse nicht öffentlich machen. FSK Lyrik wäre angesagt.
Sie sehen nicht die
blühenden Korollen, nein,
Nur noch Klorollen!
;-))
Rolf A. Leemann
Und man muß die öffentlich gemachten Ergüße ja nicht lesen, wenn man nicht mag und dann ist der Geschmack ja immer noch verschieden, also jeder wie er mag! Mit ein bißchen Toleranz kommt man auch hier sicher weiter!
Wie Sie sehen,
sehen Sie NICHTS!
Warum Sie NICHTS sehen,
werden Sie- DANK LITERATURCAFE –
auch NICHT sehen !
UNSRE ALTE GOETTER
unsre alten götter wohnten gern
in der korona mit dem sonnenkern
oh, wie in der raetselhaft koronium
die linientreuen fragen kreisen
erzeugen dabei lichtgestalten
die selbst goether für unmöglich halten.
sie singen reden tanzen gern
ums goldne kalb als wanderstern
und sieh, sie ziehen nacht für nacht
gen bethlehem zur golgathenschlacht.
und dreissig silberlinge klingen leise
auf die altvertraute weise.
dazu rieselt still und sanft
weitgereister sternstaub
immerfort zur erde nieder
wo die gichtgedichter
umgeben von den geisterlichtern
schrauben an den alten liedern richten
wir sind hier und die sind dort
und waehrend diese lichtgestalten
aurora für nen mehlsack halten
der in china umfällt und europa
auf den magen schlägt
verbrennen wir aus altem brauch
den gartenmuell zu schall und rauch
https://youtu.be/DnIhnfDZoZg
Aber Büttenredenqualität haben die Ergüsse. Warum sonst höre ich beim Lesen mehrfach innerliches Täff-Tääää, Täff-Täääa, Täff-Tääää?
Passend zum Sujet ist diese anspruchslose Reimerei auch noch ansteckend. Ich denke schon den ganzen Nachmittag in Knittelversen. Aber ich schreib’s nicht auf, keine Angst. Ich werde nichts einsenden. Kontaktverbot für schlechte Verse, juhu. Täff-Tääää!
anstatt eines überflüssigen kommentars ein weiteres
überflüssige gedichterl.
:)
UNSRE ALTEN GOETTER
unsre alten götter wohnten gern
in der korona mit dem sonnenkern
oh, wie in der raetselhaft koronium
die linientreuen fragen kreisen
erzeugen dabei lichtgestalten
die selbst goether für unmöglich halten.
sie singen reden tanzen gern
ums goldne kalb als wanderstern
und sieh, sie ziehen nacht für nacht
gen bethlehem zur golgathenschlacht.
und dreissig silberlinge klingen leise
auf die altvertraute weise.
dazu rieselt still und sanft
weitgereister sternstaub
immerfort zur erde nieder
wo die gichtgedichter
umgeben von den geisterlichtern
schrauben an den alten liedern richten
wir sind hier und die sind dort
und waehrend diese lichtgestalten
aurora für nen mehlsack halten
der in china umfällt und europa
auf den magen schlägt
verbrennen wir aus altem brauch
den gartenmuell zu schall und rauch
Corona, Corona, was treibst du den da?
Du ärgerst den Wolfgang Tischer und den Bremer Malte gar!
Bringst schlechte Gedichte von Hobbyautorenden
denen es nacher zwar besser geht
die Expertentoleranzgrenze aber übersteigt!
Zwar keine Prologe und keine Kurzhosigkeit
auch keine nobelpreisgewürdigte Langsameit!
Aber schlechte Reime, als mögliche Krisenbewältigung!
Nein, nein, schreien die Experten da
das kann doch nicht sein!
Stop und halt, Korona, laß aus und
dreh dich endlich heim!
Das wollen wir nicht hören, also laß es sein!
Sonst holen wir die Polizei mit ihrem Zollmaßstab
und die buchtet dich dann ein
So jetzt haben Sie mich auch zum Dichten gebracht, obwohl ich das sonst nicht tue und nur sozialkritische Romane schreibe, die ich dann selbst verlege! Es hat aber großen Spaß gemacht!
Vielleicht kann man anregen, beim möglichen digitalen “Bachmannpreis” auch eine Lyrikschiene mit “schlechten Gedichten” zur Erheiterung und Ablenkung einzuführen! Ich trage meines dann gern ganz ohne Schminke und einem wetterbedingten kurzen Höschen vor!
Uiuiuiuiuiuiui – auauauauau!
(das verstehen aber nur Gucker der Määnzer Fassenacht)
Wirklich?
Jeden von uns wird die Krise verändert ins Leben entlassen:
Grenzen der Freiheit gezeigt und die Nichtigkeit eigenen Planens
Spürbar verdeutlicht zu haben, den Blick auch für Kleines zu schärfen,
Bleibt ihr Verdienst, gibt uns neues Bewusstsein für uralte Werte.
Irgendwann wird es erlaubt sein, Coronagedichte zu schreiben,
Die, frei gereimt, des Hexameters strengen Korsetts nicht bedürfen.
Mögen wir alle bis dahin genügend Geduld uns bewahren!
Ein Coronagedicht, das ist die Krönung – der Poesie!
(würde Frau Sommer sagen).
Warum sind Sie immer so zynisch?