Rezension vom 27.09.2015
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Sabine Rennefanz hat hier ein sehr persönliches Thema zu einem Buch verarbeitet. Es ist die Geschichte ihrer Großmutter, Anna Stein.
Anna Stein, gebürtig in Schlesien, musste nach dem Krieg wie so viele Familien fliehen. Damals gerade erst vierzehn, musste Anna miterleben, wie ihr Vater von den Russen abgeholt wurde und niemals wieder zurückkehrte. Ihre Mutter war schon lange zuvor verstorben. Mit ihrer Stiefmutter und den jüngeren Brüdern wagt sie die Flucht und kommt in einem Dorf namens Kosakenberg an. Flüchtlinge wurden zu der damaligen Zeit den Bewohnern zugewiesen. So auch Annas Familie.
Das Leben war hart. Es gab kaum zu Essen, nur schlechtbezahlte Jobs, einfache, ärmliche Unterkünfte und die Menschen hatten die schrecklichen Kriegsbilder noch in den Köpfen. Jeder auf seine Art und Weise. Die Angst und das Misstrauen bestimmte mitunter den Alltag der Bevölkerung.
Anna hatte Glück, sie durfte bei den Wendlers auf dem Hof als Magd arbeiten. So hatte sie ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen. Kriegsgefangene kehren Jahre später zurück, so auch Friedrich. Anna mochte ihn von Anfang an nicht. Auch er hatte alles verloren, seine Familie, sein Heim und wohl auch sein Herz.
Annas Leben ändert sich mit einem Schlag, ausgerechnet am Schlachttag. Das Gesehehene behält sie viele Jahrzehnte für sich und es kommt erst ans Tageslicht, als ihre drei Töchter schon erwachsen sind und eine eigene Familie haben.
Sabine Rennefanz hat mit ihrer persönlichen Geschichte „Die Mutter meiner Mutter“ ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen. Sie beschreibt sehr eindrucksvoll, welche Angst, welche Entbehrungen, welche Hoffnungen und welche Scham auf den Menschen lastet. Ihr Schreibstil ist sehr einfach gehalten, so dass man sich sehr gut in die beschriebenen Situationen einfühlen kann. Das Geschriebene berüht sehr und ich glaube, der eine oder andere Leser wird froh sein, damals noch nicht auf der Welt gewesen zu sein. Es war eine sehr harte Zeit, voller Entbehrungen und harter körperlicher Arbeit. Die Menschen waren sehr konservativ, Entscheidungen wurden oftmals rein aus Vernunft getroffen. Da wundert es auch nicht, dass viele Ehen nicht aus Liebe geschlossen wurden.
Das Cover finde ich sehr ansprechend. Schlicht gehalten mit einem Kranz aus verschiedenen Zapfen, spiegelt es die Geschichte wieder.
Mein Fazit
Ein wundervolles und berührendes Buch. Unbedingt lesenswert, wenn man es auch nicht auf einen Rutsch weglesen kann, obwohl die Schreibweise einfach gehalten ist. Man muss nachdenken, über das Geschriebene, über einzelne Sätze und zieht unterbewusst Parallelen zu den eigenen Großeltern. Und wer weiß, vielleicht können wir anhand dieser Geschichte manche Handlungen von unseren Großeltern besser verstehen.
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