Rezension vom 28.09.2015
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Wer hat nicht von ihr gehört - der berühmt berüchtigten Christiane F.? Ihr Name war mir bekannt, auch ihre grobe Geschichte, doch habe ich mich immer gefragt, warum sie die Leute - auch nach all den Jahren noch - nicht loslässt. Um mir selbst ein Bild zu machen, beschloss ich mich nun endlich auch an "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" zu wagen.
Das Buch erzählt die erschütternde Geschichte der Christiane F., einem jungen Mädchen aus einem Ghetto Berlins; Schon früh hatte sie unter häuslicher Gewalt und der Trennung ihrer Eltern leiden müssen. Doch das bleibt bei weitem nicht alles. Um angenommen zu werden und Freunde zu bekommen, schliesst sich Christiane im jungen Teenageralter einer Mitschülerin an, fängt an zu kiffen und zu trinken, um diese zu beeindrucken.
- So weit, so gut, es mag viele Geschichten geben, die so anfangen. Immer diese Jugendlichen, die durch falsche Freunde zu Alkohol und Cannabis gelangen -
Doch in Christianes Fall bleibt es nicht dabei, von den 'typischen' und fast schon normalen Drogen geht sie über zu synthetischen Partydrogen, Ephidrin oder Valium.
In dem damals angesagtesten Club Berlins lernt sie etwas später Detlef, ihren zukünftigen Freund, kennen, der bald darauf anfängt Heroin zu nehmen. Auch Christiane kann nicht wiederstehen und wird so als 13 jähriges Kind langsam Heroinabhängig.
Eindrücklich wird beschrieben, wie sehr das Heroin ihr Leben bestimmt, wie sehr sie es braucht - bis sie sich dazu entschliessen muss, auf den Kinderstrich am Berliner Bahnhof Zoo zu gehen, um sich zu prostituieren, damit sie Geld für ihr Heroin beschaffen kann.
Es folgen schier endlose Kämpfe mit sich, mit der Sucht, mit Autoritäten. Entzüge, Rückfälle, Krisen, Glücksmomente.
Das fesselnde an dem Buch ist die Authenzität und Nachvollziehbarkeit der Handlungen Christianes. Auch ein gutbürgerlicher Leser, der weit entfernt von Schicksalen, wie denen der Kinder vom Bahnhof Zoo ist, kann mit Christiane fühlen und sie verstehen.
Warum das Buch so authentisch ist? Es ist die Wahrheit. Die Geschichte ist echt. Der im Buch geschilderte Tod von Christianes bester Freundin Babsi keine dramatische Erfindung - das Mädchen ging als jüngste Herointote in die Geschichte Berlins ein.
All das hat wirklich stattgefunden. Die Drogen, der Handel, das harte Geschäft. Der Kampf von Kindern ums überleben. Mitten in Berlin. Prostitution Minderjähriger. Mitten in Berlin. Doch alle haben weggeschaut.
Mit ihrem Buch hat Christiane F. Augen geöffnet, die erschütternde Wahrheit nicht länger ignorierbar gemacht.
Ich empfehle das Buch auf jeden Fall weiter, für mich gehört es zu jenen Büchern, die man einfach gelesen haben muss.
Dennoch will ich auch negative Kritik üben. Zum einen merkt man stellenweise sehr deutlich, dass Christiane das Buch nicht alleine geschrieben hat und sie sicherlich (vielleicht auch nur ungewollt und unbewusst) von den Mitautoren beeinflusst wurde.
Zum Anderen verleitet das Buch stellenweise fast dazu, Drogen zu nehmen, da Christianes Trips deutlich und auch in all ihrer Faszination und mit einer Art melancholischen Sehnsucht beschrieben werden.
Trotzdem ist das Buch ein phänomenales Werk, und ich bin sicher, dass ich die Bilder, die sich während des Lesens von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" in meinem Kopf gebildet haben, nie vergessen werde.
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