
Gemalte Illusionen.
Alexa Meade benutzt Gegenstände des Alltags als Leinwand. In ihrer jüngsten Arbeit mit einem Mercedes-Benz C-Klasse Coupé verschmilzt Malerei mit Fotografie auf surreale Weise.

Foto oder Gemälde.
Neben dem Fotoapparat liegt ein Pinsel, neben der Farbpalette ein Lichtmesser. Wer die Utensilien betrachtet, kann nicht ganz sicher sein, ob hier ein Foto geschossen wird oder ein Gemälde entsteht. Die Antwort: Beides stimmt. Die amerikanische Künstlerin Alexa Meade malt ihre Bilder nicht auf Leinwände, sondern trägt die Farbe direkt auf Menschen oder Gegenständen auf. Mit groben Pinselstrichen verändert Meade auf diese Weise etwa Gesichtszüge und Kleidung eines Models. Strich für Strich entsteht so aus einer dreidimensionalen Vorlage ein zweidimensionales Bild. Da die Farbe nur wenige Stunden hält, fotografiert die Künstlerin ihr Werk. Die Bilder zeigen eine optische Täuschung, die den Betrachter gleichermaßen verwirrt und fasziniert, weil sich nicht auseinanderhalten lässt, ob das Gezeigte gemalt oder einfach nur bemalt wurde.

Bekannt wurde die Amerikanerin fast über Nacht mit ihren Arbeiten, nachdem der einflussreiche Kunstblogger Jason Kottke auf sie aufmerksam gemacht hatte. Damals, so erinnert sich Meade, sei sie überwältigt und erschrocken gewesen von dem erdbebenhaften Erfolg ihrer Arbeit. Heute, nur wenige Jahre später, stellt sie unter anderem in renommierten Häusern wie der Saatchi Gallery in London aus und kann sich voll und ganz ihrer Kunst widmen.
Zwischen Fotografie und Malerei.
In einem Park in Washington D. C. produzierte Meade ihr Motiv mit dem Mercedes-Benz C-Klasse Coupé. „Die Farbe überdeckt genau das, was sie eigentlich zeigen soll“, so die 25-jährige Künstlerin, einen vergänglichen Moment, festgehalten in groben, farbintensiven Pinselstrichen. Dieses Spiel mit der Erwartungshaltung unseres Blickes, mit der Grenzüberschreitung zwischen Fotografie und Malerei und der Frage nach Bild und Abbild, ist es, was Meade fasziniert. Dafür hat die studierte Politikwissenschaftlerin sogar eine vielversprechende Laufbahn auf Capitol Hill ausgeschlagen.

Die Farbe überdeckt das,Film ansehen
was sie zeigen soll.

Dynamische Momentaufnahmen.
Der Herausforderung, ihre umgekehrte Trompe-l’œil-Technik auf ein
C-Klasse Coupé anzuwenden, hat sich Meade begeistert gestellt. „Es ist
gar nicht so einfach, ein Auto samt seiner Dimensionalität und Dynamik
zu bearbeiten“, erklärt sie. „Jedes Mal, wenn ich den Kopf leicht bewegt
habe, verschoben sich die Reflexionen und damit die Referenzpunkte auf
der Oberfläche, die ich beim Malen brauche.“
Dennoch hat sie es geschafft, das Coupé in ein zweidimensional wirkendes Fahrzeug zu
verwandeln. „Während des Shootings fing es an zu dämmern. Plötzlich
passte das Licht nicht mehr zu der Stimmung, die ich mir ursprünglich
vorgestellt hatte. Statt dagegen anzukämpfen, entschied ich mich, genau
diese Stimmung widerzuspiegeln.“ Entstanden ist eine dynamische
Momentaufnahme, in der eine mysteriöse Atmosphäre mitschwingt.

Eine andere Wirklichkeit.
Im Studio der Künstlerin liegen bemalte Gegenstände und Kleidungsstücke aus ihren Bildern.
Sie wirken wie gemalte Fragmente einer anderen Wirklichkeit. Und obwohl man die Sinnestäuschung inzwischen kennt, nutzt der Effekt sich keinesfalls ab: Man möchte am liebsten alles berühren, um sich der Existenz der Objekte zu vergewissern.
An einer der Wände sammelt Meade Zitate, die sie immer wieder zum Nachdenken anregen. Frei nach James Turrell, einem ihrer Lieblingskünstler, steht dort geschrieben: We can only view reality with our backs to reality. Wir können die Wirklichkeit nur sehen, wenn wir ihr den Rücken zukehren.

Wir können die Wirklichkeit nur sehen, wenn wir ihr den Rücken zukehren.








