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Carsten Kuhr
Werwölfe im 15. Jahrhundert

Buch-Rezension von Carsten Kuhr Jun 2007

Anfang des 15. Jahrhunderts wachsen in einer abgelegenen Burg zwei Jungen heran. Der Eine, der leibliche Sohn von Gräfin Anna von Aichelberg und Hans Thumb von Neuburg ein introvertierter Büchernarr, der Andere, der charismatische Ziehsohn der beiden Adeligen genannt Hagen von Stein. Ein Geheimnis verbindet die beiden so ungleichen Brüder - Hagen ist ein Wariwulf. Schlimmer noch - trotz dieses Makels fliegen ihm die Herzen seiner Pflegeeltern zu. Albrecht dagegen wird aufgrund seiner herrischen, verletzenden Art von fast allen gemieden und gefürchtet. Ein Zwist nimmt seinen Anfang, der die beiden ihr Leben lang verfolgen wird. Voller Hass und Neid verfolgt Albrecht seinen Pflegebruder und zerstört dessen Glück und Liebe.

Der Krieg um die Macht - mittendrin zwei Brüder

Während Hagen sich König Sigmund als dessen vertrauter Ritter anschliesst, setzt Albrecht auf den böhmischen König Wenzel. Um diesen von seiner Krankheit zu erlösen, wendet Albrecht sich der Alchimie und Zauberei zu und macht sich auf die Suche nach einer lebensverlängernden Reliquie mit dem Dorn aus der Krone Christi.

In der Folgezeit kreuzen sich die Wege der ehemaligen Brüder immer wieder. Als Albrecht am Hochzeitstag Hagens dessen Frau und ihre Eltern umbringt, kann Hagen den Wolf in ihm nicht mehr zügeln. Voller Trauer und erfüllt von einem unbändigen Rachedurst metzelt Hagen in Wolfsgestalt die Täter und deren unschuldige Familien nieder. Nur Albrecht entkommt zunächst dem Wüten. Auf der Seite der Johanniter, denen Hagen sich anschliesst, bekämpft der Ritter in der Folgezeit die den katholischen König bedrohenden Hussiten. Als er erfährt, dass sein Bruder ein heimtückisches Attentat auf Sigmund plant, eilt er an den Königshof. Noch weiss er nicht, dass das Schicksal noch mehr schwerste Prüfungen für ihn bereit hält, denn finstere Mächte wollen ihn verlocken, sein Seelenheil durch die Verletzung des achten Gebots zu verlieren...

Deutsche Geschichte hautnah und überzeugend?

Warum nur siedeln deutschsprachige Autoren ihre Fantasy-Romane meist in englischen Gefilden an? Bietet die Deutsche Geschichte mit den Rittern des Deutschen Ordens, der Hanse oder den Fuggern nicht wahrlich ein reiches Repertoire an geschichtlich relevanten und machtpolitisch bedeutenden Bündnissen, die jeder Autor als Hintergrund für seine Handlung nutzen könnte? Doch nein, es muss immer wieder das viktorianische England oder König Artus Tafelrunde sein, die als Bühne dienen.

So war es für mich denn nicht nur ungewöhnlich, sondern auch überraschend, als ich las, dass André Wiesler seine Handlung eben gerade im mittelalterlichen Deutschland situiert hat. Ausgehend von einer Rahmenhandlung im Jetzt, das uns eine moderne Hit-Squad der Inquisition auf der Jagd nach Werwölfen zeigt, berichtet er uns anhand eines Journals aus dem Leben des Ritters Hagen von Stein.

Ein Werwolf-Roman ohne Wölfe?

Wer nun aber eine der üblichen Schilderungen über Lycantropen erwartet, der sieht sich getäuscht. Die Andersartigkeit Hagens, der Wolfsbruder in ihm drin, wird zwar angesprochen, taucht aber zunächst nur sehr dezent auf. Die Wariwölfe sind weitestgehend im Geheimen bleibende wichtige Mitglieder der Gesellschaft und streng gläubige Christen. Mit ihren besonderen Kräften unterstützen sie den Klerus als dessen Streiter und unterwerfen sich strenger Regeln. Wiesler lässt dies peu à peu im Verlauf der Handlung einfliessen, so dass sich vor den Augen des Lesers zunächst ein Familienzwist im Rahmen eines mittelalterlichen Schauplatzes auftut. Dabei gelingt es dem Autor, die Hinwendung der Menschen zum Glauben als einzig Haltgebenden zu portraitieren. Die Verwurzelung in den Lehren der Kirche, die Furcht vor dem Anderen, seien es Freidenker, Hexen oder Andersgläubige führt zu einer inneren Verbohrtheit, die die Existenz der Inquisition erst ermöglicht.

Das Mittelalter - so sauber war es nicht

So weit die überzeugenden Aspekte des Romans. Wielser vermochte es aber leider nicht in demselben Maße wie zum Beispiel Mary Gentle in ihren historischen Fantasybüchern, die Zeit wirklich überzeugend zum Leben zu erwecken. Zu sehr bleibt er distanziert, zu sauber und rein ist die Darstellung des Lebens. Der Alltag der Menschen war eben nicht nur geprägt vom Beten und Arbeiten, es gab tagtäglich Gewalt gegenüber allen Schwächeren, seinen es Kinder, Frauen oder Untergebene. Man nahm sich, was man wollte, sei es Nahrung oder Sex, wenn man die Macht dazu hatte, ohne groß nachzufragen oder sich auch nur Gedanken zu machen, ob man den Anderen dadurch verletzt. Die hohen Herrschaften übten gegenüber ihrem eigenen Stand Höflichkeit, im Umgang mit den Untergebenen, Leibeigenen oder dem einfachen Volk waren sie gedankenlos brutal. Dieser Aspekt der selbstverständlichen, tagtäglichen Grausamkeit wird kaum thematisiert, obwohl gerade dieser zu einer grösseren inneren Überzeugungskraft beigetragen hätte.

Zu Beginn des Romans hatte ich meine Schwierigkeiten. Lange Zeit blieb unklar, um was es überhaupt geht. War der Bruderzwist das zentrale Thema oder der Kampf der beiden so ungleichen Könige um die Macht, und wie passten die Werwölfe und Hexen in dieses Bild? Fragen, die lange offen oder teilweise auch unbeantwortet blieben. Die Darstellung der mit übernatürlichen Kräften ausgestatteten Wesen bleibt zu unbestimmt - wo kommen sie her, was macht sie zu dem, was sie sind, ist es eine natürliche Begabung, ein Pakt mit dunklen Mächten, ein Gottesgeschenk oder Fluch?

Zwar wird Hagen vom Schicksal gebeutelt, und seine Verzweiflung anschaulich dargestellt, doch die anderen Personen, allen voran sein Bruder bleiben in ihrer Zeichnung eindimensional. Albrecht angetrieben vom Hass und Neid macht kaum eine Entwicklung durch, ist das personifizierte Böse schlechthin. Das ist zu einfach gestrickt, um wirklich zu überzeugen. Und wie passt die moderne Inquisition ins Bild? Fragen über Fragen, die zumindest bislang offen bleiben.

André Wiesler, der bislang vornehmlich im Rahmen der »Shadowrun« und »Das schwarze Auge« publizierte - das flott geschriebene Fantasy-Abenteuer »König der Diebe« kommt mir hier in den Sinn - hat uns im Auftaktband seiner Mystery-Serie für meinen Geschmack zu wenig erklärt und sich zu sehr auf Hagen konzentriert, um ein wirklich interessantes Gefüge einer - wie es im Klappentext heisst - dunklen Verschwörung aufzubauen. Hier muss er im zweiten, für April 2008 zur Veröffentlichung vorgesehenen Band »Teufelshatz« nachlegen, sonst wird er seine Leser verlieren.

Hexenmacher

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Letzte Kommentare:
24.10.2007 14:35:52
Laudisi

Ich kann auch nur in den höchsten Tönen von diesem Buch reden, das, wie bereits gesagt, den Leser sofort in seinen Bann zerrt. Ich bin besonders davon begeistert, wie einprägsam die einzelnen Charaktere gezeichnet sind: man kann sie sich sofort vorstellen, man erkennt sie auch immer wieder und lernt sogar die Bösewichte auf die ihnen gebührende Art zu lieben und zu schätzen: indem man sie verabscheut - vielleicht kommt André Wieslers charakterisierendes Talent besonders bei diesen zur Geltung, und man kann nur hoffen, dass man sich nicht in der einen oder anderen Figur wiedererkennt?

Die Verflechtung von Gegenwart und Vergangenheit, das gegenseitige Beziehen aufeinander, treibt meiner Meinung nach die Spannung mit auf die Spitze - man möchte zunächst gar nicht aus der Vergangenheit gerissen werden, aber sobald man sich in der Gegenwart umsieht, und Spuren der Vergangenheit erblickt, möchte man ihnen nachgehen, aber dann ist die Episode schon wieder vorbei und es bleibt nur die Suche nach den Ursachen in der Vergangenheit; aber welche Entwicklungen sind es, die sich so viel später noch auswirken?

Durch die Verbrämung der fiktiven Handlung in der realen deutschen und europäischen Geschichte ist auch der Hintergrund so schön angerichtet, dass der Autor sich durch rasche, skizzenhafte Pinselstriche eines bekannten Hintergrundes bedienen kann, den der jeweilige Leser sich mit den eigenen Farben ausmalen kann, so bunt wie nötig, so detailliert er mag und so grell, wie er (oder sie, natürlich) es verträgt. Da man sich aus diesen Inhalten also wie selbstverständlich bedienen kann, finde ich es auch keineswegs mühsam, dass man Begriffe wie "Bletzer" oder "Wariwulf" nicht kennt - unser Mittelalter und damit die Mitmenschen unserer Protagonisten kennen sie immerhin auch nicht. Der Wissensvorsprung des Lesers vor den Romanfiguren wird gering gehalten (obgleich er natürlich ausreichend da ist, um Komplizenschaft hervorzurufen), und schon rauscht das Blut ein wenig rascher dahin.

Natürlich nicht so rasch wie die Handlung, die auf einem feurigen Rhythmus den Leser durch die Seiten trägt, rittlings auf der flüssigen und sehr angenehmen Sprache, noch angespornt durch geistreiche Dialoge - es ist alles sehr bildlich und befeuert die Vorstellungskraft, man erwartet fast, den Ruf des Kameramanns zu hören. Natürlich macht das die Gewaltszenen durchaus plastischer, als man es sich vielleicht antun möchte. Andererseits gehört eine Gewisse Würze nicht nur in das finstere Genre, sondern auch in die brutale und kurzentschlossene Welt unseres Mittelalters (wie natürlich auch unsere Gegenwart damit nicht geizt).

Ich kann mich nur anschließen, dass das Ende des Romans erst den wahren Anstoß gibt, so dass man sich wirklich händereibend auf die Fortsetzung freuen kann - und sich wünscht, man könnte ebenso mühelos wie der Autor durch die Zeiten springen, damit man die "Teufelshatz" endlich in Helden halten kann - für die der Hexenmacher, in sich schon ein ganze, großartiges Buch, einen wundervollen Prolog darstellt, wie man ihn sich nur wünschen kann.

Sci-Fi & Mystery
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