
Furioser Start einer Trilogie des wahnhaften Grauens
Danny McCoyne ist ein ganz normaler Mann, der ein ganz normales Leben führt. Mit einem Job, den er nicht mag, und einer Familie, die er zu gleichen Teilen liebt, wie er von ihr genervt ist. Manchmal kommt er zu spät zu seiner Dienststelle in der Stadtverwaltung, was ihm Rüffel seiner Vorgesetzten Tina einbringt. Doch an jenem Tag, der so einschneidend für sein Leben sein soll - für jedes Leben, kann er eigentlich gar nichts für seine Verspätung. Geriet er doch in einen Menschenauflauf, verursacht durch einen Mann, der eine harmlose alte Frau aus heiterem Himmel zu Tode prügelte.
Das Stadtleben ist halt gewalttätig. Doch bei dieser Einzeltat ohne Motiv bleibt es nicht. Immer mehr Menschen drehen aus unerfindlichen Gründen durch und töten, was in ihrer Nähe ist. Fremde, Freunde, Verwandte. Eine Gewaltpandemie durchzieht das ganze Land - vielleicht sogar die ganze Welt. Bald herrscht der Ausnahmezustand und Danny ist nur noch bestrebt, sich zu verbarrikadieren und seine Familie zu schützen. Doch über seinem Haupt - und dem seiner Lieben - schwebt ein unsichtbareres Damoklesschwert: auch zu einem jener "Hasser" genannten Menschen zu werden, die scheinbar wahllos und willkürlich töten, voller Angst, aber scheinbar auch ohne jeden Skrupel.
In einigen Belangen erinnert David Moodys Roman an die frühen (und besten) Werke Stephen Kings. Wie King es gerne und gut praktizierte, präsentiert auch Moody einen ganz und gar durchschnittlichen Typen, der in unerklärliche Geschehnisse verwickelt wird, die ihm bald über den Kopf wachsen. Jener Danny McCoyne ist alles andere als ein Held. Er wird auch in größten Krisenzeiten nicht beflügelt, nicht mal als in direkter Nähe seiner Kinder ein Mensch abgestochen wird, wächst er über sich hinaus und greift helfend ein. Seine größte "Heldentat" ist es, einem sterbenden Nachbarn eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank zu holen. Ein Loser par excellence mit ein paar bescheidenen Wünschen und Träumen, aber lethargisch und seinem familiären und beruflichen Schicksal widerstandslos ergeben.
Moody dreht die Spannungsschraube in seinem Roman langsam aber konstant an. Was sich zuerst in vereinzelten Zwischenfällen äußert, wird peu a peu zu einer Massenveranstaltung. Während McCoyne und seine Frau Lizzie zu Beginn noch bestrebt sind, ihrem Leben einen alltäglichen Anstrich zu geben, vermehren sich die Zeichen, das alles aus dem Ruder läuft. Erklärungen für die Gewaltausbrüche, die Veränderungen selbst nahestehender Menschen kann niemand liefern. Stattdessen wandert das Land unaufhörlich Richtung Chaos und Zusammenbruch; Regierungsvertreter und Presse machen das, was sie am besten können: sie ergehen sich in hohlen Phrasen. Doch spätestens, als das Fernsehprogramm zu einem Laufband mit dem ewig gleichen Text wird und Soldaten ganze Straßenzüge auf der Suche nach "Hassern" durchkämmen, wird deutlich: es herrscht Krieg auf Englands Straßen. Irgendwann kommt der Punkt, an dem Danny McCoyne dann doch mitmischt. Und merkt: es macht ihm Spaß.
Trotz seiner lediglich rund 300 Seiten ist "Im Wahn" ein vielschichtiges Werk geworden. Gerade weil Moody äußerst sachlich schreibt und beschreibt, anstatt ausufernd zu erläutern und die Gewalttätigkeiten auszuwalzen, gelingt ihm eine spannende und eindrückliche Studie. Er konfrontiert seine Figuren mit einem Grauen, das einerseits alltäglich ist wie der Gang zur Bäckerei, andererseits ihre Vorstellungskraft binnen kurzem übersteigt. Alleine welche Ausflüchte McCoyne sich einfallen lässt, um seine Familie und sich zu beruhigen, als an allen Ecken und Enden Menschen Amok laufen, beweist große satirische Schärfe und Stärke. Dass im letzten Drittel der Actionanteil zunimmt, entwickelt sich aus der Geschichte heraus logisch und nachvollziehbar.
Obwohl man merkt, dass "Im Wahn" als erster Teil einer Trilogie geplant ist, ist das etwas abrupte Ende geprägt von einer lakonischen Einsicht in die menschliche Wesenheit, die mit Macht und Gewalt das Ende der Welt, wie wir sie kennen, einläutet. Euphorie ist aber nur einen Schritt weit weg. Selten hat jemand das Entstehen von Fanatismus und einseitiger Weltsicht, gebündelt in einem simplen WIR gegen DIE, so präzise und schnörkellos in einem Unterhaltungsroman auf den Punkt gebracht. So ist "Im Wahn" zugleich ein furioses Debüt und ein Appetitanreger auf das, was da noch kommen mag. Hoffen wir, das David Moody das hohe Level halten oder eventuell sogar ausbauen kann.

Im Wahn
- Autor: David Moody
- Verlag: Goldmann
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Die Geschichte eines Familienlebens gerät außer Kontrolle und auch das Leben der gesamten Menschheit, als ein Virus ausbricht, dass die Menschen auf der Erde in Hasser und Unveränderte teilt.
Es ist schwierig, dieses Buch zu beschreiben und es hat sehr unterschiedliche Reaktionen bei mir ausgelöst.
Auf der einen Seite war es sehr banal, das ganze Familienleben und Arbeitsverhältnis vom Hauptprotagonisten Danny und auf der anderen Seite war der Ausbruch der Veränderung und die weitere Entwicklung dieser Wende, die mich aber irgendwie auch entsetzt hat.
Ich habe öfter überlegt das Buch nicht weiterzulesen. Die Neugier hat mich doch dazu gebrachtes zu beenden und ich bin mir immer noch nicht im Klaren, wie ich das Ganze bewerten soll.
England. Gegenwart.
Ganz plötzlich kommt es bei einem Teil der Bevölkerung zu unerklärlichen Gewaltausbrüchen. Kinder erschlagen ihre Eltern, Ehefrauen ihre Männer usw. Und es kommt ohne Vorwarnung oder irgendwelche Anzeichen über sie - jede/r kann der oder die nächste sein.
Wir begleiten Danny McCoyne, einen durchnittlichen, eher lethargischen Zeitgenossen. Nachdem er sich mit seiner Familie eine Zeitlang von der Außenwelt abkapselt, überschlagen sich plötzlich die Ereignisse.
Mehr sei hier nicht verraten - das würde der Story einiges an Überraschungsmomenten nehmen - und das obwohl es sich hier lediglich um den Auftakt einer Trilogie handelt.
Moody geizt nicht mit expliziten Gewaltdarstellungen - nimmt sich aber die Zeit seinen Hauptprotagonisten ausführlich zu charakterisieren.
Die Story selbst wird schnörkellos erzählt - Langeweile kam bei mir zu keinem Zeitpunkt auf.
Gespannt warte ich auf die Fortsetzung (September 2010).
Für den furiosen Auftakt gibt es 90%.
Wie kommt man darauf, dass dieses Buch ein Dbüt ist, Herr König? Moody wurde von Michale Krug, Inhaber des Otherworld-Verlages in Graz bereits übersetzt und veröffentlicht. Michael Krug konnte den Autor schon sehr früh für den deutschsprachigen Markt gewinnen.
Aber ansonsten stimme ich zu, dass David, mit dem ich bereits ein Interview führen konnte, ein hervorragender Autor ist.
Spannend und fetzig geschrieben!
Leider schaffte es Moody nicht ganz, dass ich einen wirklich emotionalen Bezug zum Protagonisten und seiner Familie aufbauen konnte... Die geschilderten Ängste und Gefühlsregungen wirken etwas zu "mau", was aber nicht wirklich störend auffällt, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um einen Horror-Schocker handelt... Trotzdem wird der Spannungsbogen kontinuierlich erhöht und man "riecht" schon förmlich, dass das irgendwie kein gutes Ende nehmen wird und die Situation immer aussichtsloser wird. Die Tatsache, dass diverse Ursachen und Ungewissheiten nicht wirklich geklärt werden empfand ich sogar eher als positiv, da es Raum für Spekulationen offen lässt und Lust auf die folgenden Teile macht... Den angesprochenen Härtegrad finde ich durchaus akzeptabel, wenngleich es für mein Empfinden ruhig noch etwas "härter" sein dürfte!
Eine gewisse Ähnlichkeit mit Filmen wie 28 Days later ist nicht abzustreiten. Man sollte also nicht mit zu großer Erwartungshaltung darauf hoffen, dass Moody hier das Rad neu erfindet... Allerdings is die Art und Weise der "Verwandlung" deutlich subtiler und spannender gehalten, da man wirklich absolut nicht weiß, wer der nächste sein könnte...
Spannend und ein guter Härtegrad ! Allerdings nimmt das Buch nach ca. der Hälfte eine Wendung , die alles andere als originell ist. Ausserdem bleiben zu viele Fragen offen. Aber da ja noch 2 Fortsetzungen folgen , wird das eine oder andere vielleicht erklärt . Fazit: Gutes Buch,aber nicht der Kracher,den ich erwartet habe...
Dieser Roman hat mich gepackt! Auch wenn es "nur" 316 Seiten sind, habe ich den an einem Abend verschlungen.
Lange nicht mehr so etwas spannendes gelesen!
Moody gibt hier von Anfang an Vollgas, und läßt einem dann kaum noch Zeit zum Luftholen.
Ich kann im Nachhinein kaum glauben, daß es keinen einzigen Durchhänger gab, aber es ist so!
Moody schafft eine herrlich paranoide Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann. Ständig wird das Tempo gesteigert, der gewählte Härtegrad ist dabei nicht von schlechten Eltern...
wir erleben die erste Woche des "Ausbruch" hautnah mit dem Protagonisten Danny McCoyne, der die Geschichte auch aus der Ich - Perspektive erzählt.
Dabei wendet Moody aber noch einen Kniff an, der mich umgehauen hat! Ich würde gerne mehr verraten, will aber nicht spoilern....
schade ist jetzt nur, daß man auf die Fortsetzungen warten muß...
ich hoffe es dauert nicht so lange!
Für diese Granate von Buch vergebe ich guten Gewissens fast perfekte 95°.
Es ist der Auftakt einer Triologie und das hätte man vorher wissen sollen, denn das Ende kommt zu plötzlich. Auch gibt es nicht wirklich eine Auflösung, warum alle Menschen auf einmal verrückt spielen und die Menschen in ihrer Umgebung grundlos umbringen: Warum sich die einen verwandeln und die anderen normal bleiben.
Abgesehen davon war das Buch spannend und in der Ich-Perspektive geschrieben, als wäre man mittendrin im Geschehen.
Das Buch beginnt für Danny McCoyne ganz normal: ein stressiger Arbeitstag und dann nach Hause zu Frau und den drei Kindern, die ihn ebenfalls nerven. Dann passieren so nach und nach unerklärlich Dinge. Menschen bringen sich auf offener Straße um. Die Vorfälle häufen sich, bis die Menschen überall nur noch die "Hasser" sehen und sich allen in ihrer Umgebung nur noch mit Paranoia gegenüber treten...
Gegen Ende kommt es dann zum großen Showdown zwischen den Menschen.
Nur wie gesagt, das Ende kommt mir persönlich zu plötzlich und nun muss ich warten bis der 2te Teil erscheint.