
Der einsame Wolf und lästige Gefährten
Cirilla, die Thronerbin von Cintra, wurde entführt und soll mit dem Kaiser von Nilfgaard verheiratet werden. Das ist zumindest, was dem Hexer Geralt zu Ohren gekommen ist. Einsam und mit zahlreichen, kaum verheilten Wunden begibt er sich auf den Weg, um Ciri zu retten. Ganz so einsam, wie der weiße Wolf es sich wünscht, bleibt seine Mission nicht. Der Barde Rittersporn bleibt hartnäckig an seiner Seite und immer wieder schließen sich zu Geralts Verdruss neue Weggefährten seiner Reise an. Schon bald gesellt sich die Jägerin Milva, eine Gruppe Zwerge und noch viel seltsamere Begleiter hinzu. Dabei kommt Geralt doch alleine viel besser zurecht, oder nicht? Als wären seine Gefährten nicht schon Plage genug, wird der Hexer auch noch von Alpträumen über Ciri heimgesucht.
Der Hexer ist zurück
Die Fans von Geralt können aufatmen. Wurde der Hexer in "Die Zeit der Verachtung" noch zur Nebenfigur degradiert, erhält Geralt jetzt wieder die verdiente Aufmerksamkeit. Besonders durch die Interaktion des Hexers mit seinen Gefährten erwacht dieser Roman zum Leben. Mehr als einmal weist Geralt seine Begleiter darauf hin, dass er ohne sie viel besser zurecht kommt und gerne auf ihre Gesellschaft verzichtet. Doch diese lassen sich nicht so leicht abschütteln. Im Gegenteil, sie stellen sich immer wieder als sehr nützlich heraus und retten den Hexer aus der ein oder anderen brenzligen Situation. Natürlich würde Geralt nie zugeben, dass er im Grunde doch ganz froh ist, sie dabei zu haben. Mit der Jägerin Milva, dem Nilfgaarder Cahir und dem Barbier Regis werden neue Charaktere eingeführt, die den Unterhaltungswert der Gruppe unheimlich bereichern. Ich möchte nicht zuviel verraten und die Erkundung der Eigenarten und Geheimnisse dieser Neulinge dem Leser überlassen. Die Charaktere der Gruppe sind alle einzigartig und ausnehmend gut gezeichnet. Der Fokus auf die Gruppe um Geralt hat jedoch seinen Preis. Cirilla verschwindet fast vollständig von der Bildfläche und die Gesamthandlung des Romanzyklus schreitet kaum voran.
Sapkowski experimentiert mit der Erzählperspektive und nicht jedes dieser Experimente ist gelungen. Im sechsten von sieben Kapiteln wird bei einem Treffen des magischen Geheimbundes die Geschichte des alten Bluts erzählt. Der Leser wird dabei mit so vielen Namen und Informationen bombardiert, dass es fast unmöglich ist, da noch den Überblick zu behalten. Eine der Zauberinnen sagt so treffend "Ich habe den Faden verloren". So ging es mir in diesem Kapitel auch.
Einen Weg durch die Flammen ...
muss der Leser sicherlich nicht gehen, sehr wohl aber die handelnden Personen in diesem Roman. Jede Figur erlebt seine ganz persönliche Feuertaufe. Zudem herrscht weiterhin Krieg zwischen Nilfgaard und den nördlichen Königreichen. Dementsprechend düster ist "Feuertaufe" auch ausgefallen. Aufgelockert wird das unfreundliche Szenario durch einen feinsinnigen Humor und den wie gewohnt unverschämt grandiosen Dialogen. Wie schon in den vorigen Bänden, hat der Autor wieder gekonnt zeitgenössische Themen in sein Werk eingeflochten. Unter anderem wird diesmal Alkoholsucht verarbeit. Nur dass es sich in "Feuertaufe" nicht um Alkohol, sondern um Blut handelt. Keine Panik, hier wird keineswegs die Moralkeule geschwungen. Diese kleinen Realitätsbezüge sind so geschickt verpackt, dass Leser, die damit nichts anfangen können, diese nicht als störend empfinden werden. Für mich gewinnt der Zyklus gerade durch diese kleinen Anspielungen eine zusätzliche Qualitätsebene.
"Feuertaufe" hat eher einen Brückenbandcharakter. Für das Verständnis des Gesamtzyklus ist das Buch als unwesentlich einzustufen. Ein Auslassen dieses Bandes ist dennoch nicht empfehlenswert, denn über weite Strecken ist Sapkowski wieder einmal ein Geniestreich phantastischer Erzählkunst gelungen.

Feuertaufe
- Autor: Andrzej Sapkowski
- Verlag: dtv
Deine Meinung zu »Feuertaufe«
Hier kannst Du einen Kommentar zu diesem Buch schreiben. Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer, respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Danke!
Der schwerverwundete Geralt von Riva befindet sich bei den Dryaden im Brokilon, um zu heilen, als er erfährt, dass Ciri Emhyr var Emreis heiraten soll, den Nilfgaarder Kaiser. Obwohl noch nicht vollständig genesen, hält ihn nun nichts mehr im Brokilon und er macht sich auf die Suche nach Ciri.
Der dritte Roman der Reihe setzt zeitnah an den Geschehnissen des Vorgängerbandes an. Andrzej Sapkowski, in meinen Augen ein begnadeter Erzähler, lässt den Leser nicht nur an Geralts Reise teilhaben, sondern auch an vielen anderen Geschehnissen, wir erfahren die Geschichte aus vielen verschiedenen Perspektiven und einiges, allerdings weniger als in den Vorgängerbänden, wird per Dialogen erzählt. Es ist eine Kunst, glaubwürdige und lesenswerte Dialoge zu schreiben und der Autor hat diese Kunst noch potenziert, in dem er durch viele seiner Dialoge das Geschehen transportiert und all die Dinge erzählt, an denen man nicht selbst teilhaben kann, oder auch, um einfach eine andere Sicht auf die Dinge zu berichten. Diese Art der Erzählung ist für mich, neben dem Humor, der immer wieder durchblitzt, das, was mir an dieser Serie am allerbesten gefällt – und das will schon etwas heißen, gefällt mir doch auch der Rest sehr gut.
So finde ich auch die Charaktere allesamt sehr gelungen, die vielschichtig und interessant sind, und die man nicht immer gleich richtig einzuordnen vermag. Geralts Begleiter in diesem Roman sind zum Teil altbekannt (Rittersporn und die Zwerge um Zoltan Chivay), aber auch neu, wie Emiel Regis, der ein ganz besonderes Geheimnis hat, und den man eigentlich nicht an der Seite eines Hexers erwartet hätte. Auch ein anderer Charakter findet sich, zur Überraschung Geralts und des Lesers, an der Seite des Hexers wieder. Sehr gut hat mir auch die Pointe am Ende des Romans gefallen.
Eine der anderen Storylines dreht sich um eine Reihe Zauberinnen, die ein Bündnis untereinander eingehen, um die Magie zu erhalten. Auch hier gibt es wohlbekannte Charaktere, wie Triss Merigold oder Philippa Eilhardt, aber auch interessante Neuzugänge, und auch hier sind die Charaktere allesamt gelungen.
Auch die Welt, die der Autor entworfen hat, gefällt mir gut. Nach den Ereignissen des Vorgängerbandes ist nun Krieg ausgebrochen, und, obwohl man hier weniger auf bösartige Wesen trifft, die es zu töten gilt, ist sie nicht weniger düster, im Gegenteil, es zeigt sich, dass auch der Mensch ausgesprochen bösartig und grausam sein kann, und das ist im Grunde noch viel schlimmer.
Auch der dritte Roman der Reihe ist wieder sehr lesenswert, unterhaltsam und spannend und macht Vorfreude auf den nächsten Band. Ich empfehle die gesamte Reihe uneingeschränkt. 92°