Seit die irische Bevölkerung sich am 23. Mai 2015 eindeutig für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe ausgesprochen hat, tobt die Debatte auch in Deutschland. Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck kämpft seit Jahren für die Rechte Homosexueller und zeigt, dass die Argumente der Gleichberechtigungsgegner*innen haltlos sind.
von Volker Beck
Vor 25 Jahren haben wir Grünen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erstmals auf die Tagesordnung im Bundestag gebracht. 2001 ist es uns unter Rot-Grün gelungen, das Lebenspartnerschaftsgesetz zu verabschieden, trotz Widerstand aus allen politischen Parteien – übrigens auch aus der SPD. Rechtspolitisch eine Übergangstechnologie: Mit diesem Gesetz haben wir das erste Fundament für die Gleichstellung gelegt. Es war eine Etappe auf dem Weg von der Rechtlosigkeit gleichgeschlechtlicher Paare hin zum Ziel der vollständigen Gleichstellung durch die Öffnung der Ehe. Seitdem das erzkatholische Irland mit einer annähernden 2/3-Mehrheit der #EheFuerAlle das JA-Wort gegeben hat, wird der Ruf in Deutschland immer lauter, endlich den Anschluss an die Rechtsentwicklung in inzwischen 20 Ländern auf sechs Kontinenten zu finden. Obwohl es in Bevölkerung, Bundestag und Bundesrat seit vielen Jahren eine Mehrheit für die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren gibt: Merkels Union verhindert dies mit ihrer Blockademinderheit.
Die Gegner*innen der Ehe für alle haben keine Argumente, die in einer aufgeklärten Gesellschaft oder vor der Verfassung Bestand haben.
Frau Merkel ist die Mrs. No in dieser Debatte: Schon als CDU-Generalsekretärin verdiente sie sich ihre ersten Sporen mit einer Kampagne „Toleranz Ja – Ehe Nein“, um gegen das rot-grüne Projekt des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu mobilisieren. Damit erwarb sie sich den notwendigen Stallgeruch in der gesamtdeutschen CDU, hatte sich doch die Ost-CDU schon 1990 in ihrem Programm zur einzig freien Volkskammerwahl für die rechtliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften ausgesprochen. Eine Selbstverständlichkeit in der DDR-Bürgerrechtsbewegung. Für Merkel war es damals persönliche Karrieretaktik, heute ist es Parteikalkül. Obwohl auch fast 2/3 der Unionsanhänger*innen die Ehe für alle befürworten, will die Parteivorsitzende vermeiden, dass die Union am rechten Rand ausfranst. Aus Angst vor AfD und Pegida hält sie eine unhaltbare Position.
Die Argumente der Gegner*innen der Gleichberechtigung
In der Wahlarena brachte sie 2013 ihre Haltung auf den Punkt: „Ich tue mich schwer mit der völligen Gleichstellung!”
Weniger Argument geht nicht. Das Bauchgefühl der mächtigsten Frau in Europa soll rechtfertigen, dass einer Minderheit Bürgerrechte vorenthalten werden? Der Regierungssprecher bemühte sich, dem Ganzen etwas bildungsbürgerlichen Tiefgang zu geben: Die Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe seien „begründet in den Traditionen, kulturellen und religiösen Grundlagen unseres Landes“. Der familienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion fragte im Deutschlandfunk, „was ist die Ehe dann noch wert?“, wenn Sie auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird. Warum er selbst unverheiratet ist und ein Kind hat und das der Ehe zwischen Mann und Frau nicht schadet, verschweigt er. Kauder sekundiert: Grundgesetz, Adoption, einfach alles problematisch. Gestützt wird er von den sogenannten Bildungsplangegner*innen bzw. besorgniserregenden Eltern, die Respekt gegenüber Lesben, Schwulen und Transidenten in Lehrplänen verhindern wollen. Diese sind aber weniger von der Sorge um eine altersgerechte Aufklärung als von Ressentiments gegen LGBTTI getrieben.
#EheBleibtEhe hashtaggen sie der #Ehefueralle entgegen. Da die Gegner*innen der #Ehefueralle keine Argumente gegen gleiche Rechte haben, versteigen sie sich gern ins Abseitige: Bestes Negativbeispiel ist der Vergleich von #Ehefueralle mit Inzest, wie von der Saarländischen Ministerpräsidentin vorgebracht. Von Verwandtenaffären habe ich aber bislang nur in der CSU gehört und dass Legehennen vom flächendeckenden Mindestlohn profitieren, wäre mir auch neu.
Solch unsachliche Debatten helfen nicht weiter und sind immer verletzend für die Minderheit, deren Liebe mit Inzest verglichen wird oder gar mit Sodomie. Das gleiche gilt für die Frage, ob man sich dann auch selbst heiraten dürfe, wenn man sich selbst genug liebt oder die Ehe mit einem Auto oder Computer legal würde.
Angesichts der Diskussionslage ist es bedauerlich, dass wir auf solche Debatten nicht verzichten können.
Gefühle, Traditionen und Kultur: Ehe bleibt Ehe?
Aus der Kategorie: Auch ein reaktionäres Huhn findet mal ein Korn. Glückwunsch @bzberlin. #Ehefueralle pic.twitter.com/OHPqHz53qA
— Sebastian Brux (@sebibrux) 29. Mai 2015
Wäre die Ehe traditionell nicht überwiegend verschiedengeschlechtlich, müsste man über die Ehe für alle ja gar nicht reden. So weit, so selbstverständlich. Aber nix bliev, wie et es – wie der Kölner sagt. #EhebleibtEhe suggeriert eine rechtspolitische Statik der eherechtlichen Verhältnisse: Man muss nicht zurückgehen bis zu König Salomo mit seinen 1000 Frauen. Es reicht ein Blick auf den Wandel des Eherechts nach 1945: auf die Aufhebung der religiös und rassistisch begründeten Eheverbote sogenannter „Mischehen” und die schrittweise Entwicklung von der patriarchalen Unterdrückung der Frau hin zur Ehe zwischen gleichberechtigten Partner*innen ohne die Bevormundung der Ehefrau in finanziellen und arbeitsrechtlichen Fragen. Den Wandel des Eherechts zeigt auch die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe oder – als Symbol – die Gleichberechtigung im Namensrecht. Welche Ehe bleibt denn da Ehe? Die polygame, die patriarchale oder die geschlechtsverschiedene? Auch eine Institution wie die Ehe muss sich in ihrer Organisation an den menschenrechtlichen Prinzipien orientieren.
Im Netz, aber auch von Christdemokraten, hört man immer wieder: Nur Gleiches müsse man gleichstellen, Ungleiches dürfe man ungleich behandeln. Nein, Gleiches muss man nicht gleichstellen. Es ist schon gleich. Der ganze Sinn der Gleichheitsartikel in Verfassung und Menschenrechtskonventionen ist es, den Menschen trotz ihrer Unterschiedlichkeit die Gleichheit vor dem Gesetz zu garantieren. Vom Prinzip der Gleichbehandlung darf im Rechtsstaat nur abgewichen werden, wenn die Ungleichbehandlung einem legitimen Ziel dient, sie zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist und als Mittel für diesen Zweck angemessen ist. An diesem Maßstab gemessen gibt es keine Begründung für das Eheschließungsverbot für gleichgeschlechtliche Paare. Auch ein diffuses Unwohlsein trägt keines der drei Kriterien. Was wäre in Deutschland los, wenn ein muslimischer Politiker forderte, im Namen von Kultur, Tradition oder Religion Grundrechte einzuschränken? Christdemokrat*innen und Christsoziale maßen sich dennoch an, Homosexuellen mit dieser Begründung die Eheschließung und das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz zu verweigern.
Das Grundgesetz
Kauder sagt: „Für mich ist die Ehe im Sinne des Grundgesetzes die Verbindung von Mann und Frau.“ Das Grundgesetz stellt in Artikel 6 Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates. Was darunter zu verstehen ist, lässt der Verfassungstext selbst offen. Von Mann und Frau ist bei der Ehe jedenfalls nicht die Rede.
Gewinnspiel: im GG Artikel zu Schutz der Ehe „Mann und Frau“ unterstreichen und Ferrari gewinnen! #Ehefueralle pic.twitter.com/gnRCQTLX3P — Anna Mielke (@MielkeAnna) 29. Mai 2015
Das Grundgesetz überlässt es dem Gesetzgeber und der gesellschaftlichen Entwicklung, was unter Ehe und Familie zu verstehen ist. So hat das Bundesverfassungsgericht den Familienbegriff mehrmals an gewandelte gesellschaftliche Realitäten angepasst: Es gibt eheliche, nichteheliche und lebenspartnerschaftliche Familien, die von Artikel 6 geschützt werden.
Schon 1993 wies das Bundesverfassungsgericht darauf hin, dass die Öffnung der Ehe sogar verfassungsrechtlich geboten sein könne, wenn ein diesbezüglicher gesellschaftlicher Wandel von den Beschwerdeführern dargetan würde. Dann steht es dem Gesetzgeber aber erst recht frei, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen.
Der gesellschaftliche Wandel ist inzwischen eingetreten: Die internationale Rechtsentwicklung macht mit inzwischen 20 Staaten, die die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet haben, deutlich, dass ein rechtlicher Konsens über ein eheliches Strukturmerkmal der Geschlechtsverschiedenheit nicht mehr besteht. Dass dies von den Mitgliedern der Rechtsgemeinschaft ebenso gesehen wird, erkennt man an der klaren Mehrheit, die die Eheöffnung befürworten. Oder am Volksmund, der Schwule oder Lesben längst heiraten lässt oder dem das Lebenspartnerschaftsgesetz schlicht die „Homo-Ehe“ ist. Und nicht zuletzt in seiner Entscheidung zum Transsexuellengesetz hat das Bundesverfassungsgericht die ersten gleichgeschlechtlichen Ehen geschaffen, ohne übrigens, dass der Gesetzgeber seine Möglichkeit zum Eingreifen genutzt hätte.
Artikel 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention postuliert: „Recht auf Eheschließung: Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.“
Die Ehe mit einem selbstgewählten Partner ohne Einschränkung auf die Religion, die ethnische Herkunft oder einem sonstigen Grund eingehen zu können, war nach der Barbarei der Nürnberger Rassegesetze eine wichtige Errungenschaft. Das Eheschließungsrecht muss, wie alle Rechte der Konvention, diskriminierungsfrei allen Bürger*innen (Artikel 14 EMRK) offen stehen.
Adoption
Beim Adoptionsrecht versuchen die Gleichberechtigungsgegner*innen durch gezielte Falschinformation zu emotionalisieren und diffuse Ängste zu mobilisieren. Dabei geht es bei der einzig noch offenen Frage, der gemeinschaftlichen Adoption, gar nicht darum, ob Lesben und Schwule Kinder adoptieren dürfen. Es geht nur darum, ob das Adoptivkind, das in eine lebenspartnerschaftliche Familie zur Adoption gegeben wird, von Anfang an zu beiden Elternteilen eine vollwertige familienrechtliche Beziehung hat.
Als Einzelpersonen war Homosexuellen die Adoption rechtlich nie verboten. Auch die gemeinschaftliche Adoptivelternschaft in Lebenspartnerschaften gibt es seit längerem:
2004 hat der Gesetzgeber die Stiefkindadoption für die Lebenspartnerschaft beschlossen, 2013 hat das Bundesverfassungsgericht die Sukzessivadoption eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht stellt grundsätzlich fest: „Unterschiede zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, welche die ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen könnten, bestehen nicht.“
Aber das Kindeswohl?
Das Kindeswohl ist bei jeder Adoptionsvermittlungsentscheidung das einzige ausschlaggebende Kriterium. Es gibt kein Recht für Erwachsene, sich einen Kinderwunsch zu erfüllen. Das gilt für kinderlose Ehepaare wie für gleichgeschlechtliche Lebenspartner*innen.
Hier muss das Jugendamt immer individuell prüfen und begutachten, welche Familie für das Kind die beste Umgebung ist. Allerdings gibt es keinen Grund, hier nach der geschlechtlichen Zusammensetzung der Eltern zu unterscheiden. Das ergab 2009 eine Studie der Universität Bamberg. Die Studie erfolgte im Auftrag des Bundesjustizministeriums und wurde vom Bayerischen Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb) und vom Bayerischen Staatsinstitut für Frühpädagogik in München (ifp) durchgeführt.
Das Kindeswohl muss bei der Adoptionsentscheidung immer geprüft werden, egal ob einzeln, ehelich oder lebenspartnerschaftlich oder sukzessiv adoptiert wird. Daran ändert die Zulassung der gemeinsamen Adoption von Lebenspartnern oder künftig gleichgeschlechtlichen Ehegatten rein gar nichts.
Die jetzige Argumentation der Großen Koalition ist allerdings absurd. Was die Koalition bei der Sukzessivadoption beschlossen hat, ist in doppeltem Sinne verfassungswidrig. Zum einen benachteiligt es gleichgeschlechtliche Paare, weil man erst in zwei Schritten die gemeinschaftliche Elternschaft erreichen kann. Zum anderen schafft es kurioserweise eine neue Ungleichbehandlung zum Nachteil von heterosexuellen Ehepartnern, denn schwule und lesbische Lebenspartner*innen haben jetzt die Möglichkeit entweder einzeln oder über die Sukzessivadoption gemeinsam zu adoptieren. Diese Wahlfreiheit haben heterosexuelle Ehepartner nicht, die können es nur gemeinschaftlich. Das zeigt, dass hier aus ideologischen Gründen neue Ungleichbehandlungen geschaffen werden, die in der Sache keinen Sinn ergeben und am Ende Kinder und womöglich auch Ehepartner benachteiligen. Das will die Verfassung auf keinen Fall. Hier geht es nur um Diskriminierungssymbolik, aber nicht um das Kindeswohl.
Die Sprache der Gegner*innen der Gleichberechtigung
Die frühere Familienministerin Christine Bergmann sagte einmal treffend: „Alles andere als Gleichbehandlung ist Diskriminierung.“ Damit ist eigentlich alles gesagt. Wer dem nicht zustimmen mag oder kann, muss sprachlich den Begriff der Gleichberechtigung umdeuten oder relativieren.
Mit „Mehr Gleichstellung für Lebenspartnerschaften“ preist das Bundesjustizministerium sein Rechtsbereinigungsgesetz für Lebenspartnerschaften an. Als ob es bei der Gleichstellung halbe Sachen geben könne. Die Gleichheit vor dem Gesetz kann es nur ganz oder gar nicht geben.
Schnell wird von Populisten dann die Forderung nach gleichen Rechten in Sonderrechte umgedeutet, um sie so zu diskreditieren. „Voll-Adoption“ (Seehofer), „völlige Gleichstellung“ (Merkel) oder „komplette Gleichstellung“ (Merkel): Der Orwell‘sche Neusprech prasselt in der Debatte hernieder. Der Unionsfraktionschef Kauder wendet sich gar gegen „die totale Gleichstellung“. Was maßen sich die Schwulen und Lesben da an: total, das geht doch nun wirklich zu weit.
Nur wenn man Begriffe wie Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichberechtigung und Gleichstellung derart jedes Sinnes entleert hat, geht einem das paradoxe Bekenntnis über die Lippen: „Nicht zu diskriminieren“ sei das Ziel der Bundesregierung, aber Gleichstellung lehne man ab.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte konstatiert: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“
Erst wenn Recht und Gesetz an keiner Stelle aufgrund der sexuellen Identität unterscheidet, ist für Schwule und Lesben die Verheißung der Menschenrechtserklärung erfüllt. Das Eheschließungsverbot bei Gleichgeschlechtlichkeit macht sie zu Menschen und Bürger*innen zweiter Klasse. Auf die Entkriminalisierung der Homosexualität muss die zivilrechtliche Gleichstellung folgen. Homo- und Heterosexualität wurden als Kategorien im Strafrecht überwunden. Auch im bürgerlichen Recht kann diese Kategorisierung keinen Bestand haben.
Bravo Herr Beck, deutlicher, klarer und eindeutiger geht´s nicht!!
Bei den Äußerungen von Frau Merkel, Herrn Seehofer, Herrn Kauder, Frau Kamp-Karrenbauer, Frau Steinabach, Herrn Beckstein und all den anderen Damen und Herren muss ich immer wieder an George Orwell, „Animal Farm“ denken: Vor dem Gesetz sind alle gleich, aber manche sind gleicher…! Wie wahr, wie wahr!
Nach diesem literarisch zurechtgebogenen totalitären Gleichheitsbegriff (George Orwell beschrieb den Stalinismus, der überhaupt keine Grundrechte gewährte) müsste die LGBT-Lobby sich nach der Nivellierung des Ehe-Privilegs konsequenterweise sofort daran machen, die Privilegien der strafrechtlichen Immunität von Diplomaten und Parlaments-Abgeordneten auf sämtliche Bürger auszudehnen. Alles andere wäre ja nach Ihrer Lesart Diskriminierung.
P.S: Eine Mehrheit bei einer Volksabstimmung wäre Ihnen auch sicher.
Danke für diesen fundierten und informativen Text.
Ich habe mal versucht zu klären, was die Ablehnung der ‚Ehe für alle‘ mit der ‚Krise der Heterosexualität‘ zu tun hat:
„Was macht denn nun ihre Besonderheit, ihre Einzigartigkeit aus, die eine Besserbehandlung gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens rechtfertigen würde? Das Wissen darüber, diese Frage nicht mit stichhaltigen Argumenten beantworten zu können, geht mit einer Art ’narzisstischen Kränkung‘ einher. Die Vehemenz mit der – seitens konservativer Politiker_innen und diverser Kirchenoberhäupter – die Besonderheit heterosexueller Zweierbeziehungen heraufbeschworen wird, scheint mir ein Indiz für eben diese Bewusstwerdung zu sein. Ob es dafür rationale Gründe gibt, ist dabei offensichtlich zweitrangig. Hauptsache, man kann sich in seinen Ansichten bestärken, seien sie auch noch so absurd. Vor diesem Hintergrund wirken heterosexistische Äußerungen auf mich wie der letzte verzweifelte Schrei nach einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. “
Mehr zum Thema ‚Heterosexualität in der Krise‘: http://www.queergeist.com/2015/05/28/heterosexualit%C3%A4t-in-der-krise/
Es fragt sich zu Beginn der ganzen Diskussion natürlich mit gleicher Berechtigung, welche Motivation dahintersteckt, eine Jahrtausende alte bewährte Institution zwischen Mann und Frau für sich zu reklamieren und zugleich im Zuge dessen die Institution Ehe wo nur möglich abzuwerten:
Dass sich die Gesellschaft gewandelt habe und die Ehe keineswegs mehr…
– der Ursprung der Gesellschaft sei, es gebe ja auch unverheiratete Paare mit Kindern
– staatlich gefördert werden solle, sondern Kinder
– Garant für nachfolgenden Kindersegen sei
– Garant für lebenslange Partnerschaft sei, sondern fast immer wieder geschieden werde
– die natürliche Form des Zusammenlebens von Menschen sei, denn Homosexualität sei auch natürlich
– mit Gott rein gar nichts zu tun hat
– ein allgemein anzusteuerndes Ziel sei, sondern ein überflüssiges Überbleibsel des Patriarchats
-etc., etc.
Zum einen wird die Ehe als solche von den Ehe für Alle-Aktivisten keineswegs geschätzt, um dann aber als Recht für sich reklamiert zu werden.
Es scheint also nicht nur der Wunsch nach Gleichberechtigung zu sein, der die Aktivisten treibt, sondern auch eine Art Vergeltungsdrang – sei es aus einem Opferempfinden heraus oder auch aufgrund des guten alten und enorm weitverbreiteten Minderwertigkeitskomplexes.
Kein gutes Argument für die Ehe für Alle und wenig geeignet, auf Verständnis zu treffen.
Ähnliche Äußerungen wie die von Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, dass, wenn die Ehe geöffnet werde, andere Forderungen nicht auszuschließen seien, etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen, wurden sicher auch im letzten Jahrhundert in den USA von konservativen Kreisen als Argument gegen die Eheschließung von gemischtrassigen Personen (Mann und Frau, versteht sich) in die Diskussion eingebracht, bevor das entsprechende Verbot vom höchsten Bundesgericht gekippt wurde.
Ein Hetero-Paar ist die einzige natürliche Möglichkeit, ein Kind zu zeugen. Die Familie ist nach dem Grundgesetz zu stärken, also gibt es ein Ziel, die Ehe auf ein Hetero-Paar zu beschränken. Da Lebenpartnerschaften rechtlich der Ehe fast gleichgestellt sind, ist das Privileg der Ehe angemessen für diesen Zweck. Auch ist es nötig, dass Kindern bei der Entwicklung der sexuellen Identität gestärkt werden. Jungen erleben in Kita und Grundschule kaum männliche Erwachsene, sie sind deshalb stark benachteiligt, gehen Sie mal in eine Hauptschule und sehen Sie, wie Mädchen dort strebsam sein dürfen, Jungen dagegen nicht, weil es nicht cool ist. Bei Kita- und Grundschule ist das Konsens. Nur für die Familie fegt man das mit einer extra zu diesem Zweck geschaffenen Studie beiseite. Das Ziel, einen bestmöglichen Raum für Kinder zu ermöglichen, ist im Bereich Sexualität am Besten von einem Hetero-Paar zu erreichen. Ihre eigene Definition, wann eine Ungleichbehandlung Angemessen ist, zeigt: Die Homo-Ehe muss verboten bleiben!
Was ich nicht verstanden habe: Sind Sie für oder gegen die Einführung der Polygamie? Wenn Sie dagegen sind: Dann diskriminieren Sie polyamorid veranlagte Menschen. Oder sie sind dafür, weil man sie nicht diskriminieren darf wie LGBT auch, dann bestätigen Sie die Argumentation von Frau Kramp-Karrenberger. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.
Ihre Argumente lösen sich in Nichts auf. Nun kann man da anders sehen und muss darüber streiten. Aber was nicht geht, ist, sich an einer Hetzkampagne zu beteiligen.
Hallo „MarTin Weidner“,
natürlich haben Sie recht: Sex zwischen einem Hetero-Paar ist die einzige natürliche Möglichkeit, ein Kind zu zeugen. Aber „auf Fortpflanzung angelegt“ sind nicht nur Ehen. Jede sexuelle Beziehung zwischen Frau und Mann kann auf Fortpflanzung angelegt sein. Das Institut Ehe ist ein Konstrukt der kulturellen Evolution und ist vielleicht mal gerade ein paar Tausend Jahre alt. Der Mensch existierte aber schon einige Millionen Jahre vorher ohne dieses künstliche Gebilde „Ehe“ und ist trotzdem nicht ausgestorben.
Während ursprünglich die Ehe hauptsächlich von Religionen als „heiliger Akt“ geschlossen wurde, ist sie in Deutschland seit über 100 Jahren zusätzlich als Zivilehe ein „staatlicher Akt“ (was in Preußen einen jahrelangen Kulturkampf zwischen Staat und Kirche ausgelöst hat). Ohne Zivilehe ist eine kirchliche Trauung in Deutschland für den Staat nicht gültig.
Also wenn zum Kinderkriegen heute in unserer freien und sexuell nicht mehr „verklemmten“ Gesellschaft die Ehe nicht zwingend erforderlich ist, warum kann sie dann nicht auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden? Wenn diese dann gemeinsam eigene oder angenommene Kinder erziehen, bilden sie eine verfassungsrechtlich geschützten Familie (siehe die aktuellen Urteile des Bundesverfassungsgerichts). Damit werden heterosexuelle Ehen nicht benachteiligt und die Paare können weiterhin so viel Kinder bekommen, wie sie möchten. Und auch bei der Adoption werden sie gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren nicht schlechter gestellt. Denn hier gilt in jedem Einzelfall, ob Homo- oder Hetero-Paar, immer das Kindeswohl.
Und schließlich: Das Kinderkriegen in der Ehe ist nur die „eine Seite der Medaille“. Die andere ist die gegenseitige Verpflichtung zur Treue und Beistand „in guten und in schlechten Zeiten“. Beide Seiten sind gemeint, wenn unser Grundgesetz in Artikel 6 Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt. Dabei werden heterosexuelle Paare in der Ehe nicht weniger geschützt, wenn sich der Schutz auch auf gleichgeschlechtliche Paare erstreckt.
Leider wurde und wird die herkömmliche Ehe von streng konservativ-religiösen Kreisen als alleiniger Ort angesehen, in denen Sexualität stattfinden darf – und das auch nur, wenn die sexuelle Betätigung offen ist für neues Leben, also zum Kinderkriegen. Das ist der eigentliche Grund, warum diese Kreise die Ehe nicht „öffnen“ wollen.
Hallo Hubbi!
Der Mensch ist ein Kulturwesen. Alle Bereiche seines Handelns sind kulturell umgriffen. Alle Grundbedürfnisse sind kulturell gestaltet – Gestalt schließt dabei Begrenzung ein: Ob Tischsitte oder Ehe: Es ist immer ein Verzicht (auf einfach reinhauen ohne offiziellen Start, auf Sex mit beliebig vielen Menschen). Wenn das nicht geschieht, ist die Menschlichkeit gefährdet. Sie führen an, dass Menschen Sex haben , ohne es durch die Ehe gesellschaftlich zu gestalten. Da es aber keine absolut sichere Verhütungsmethode gibt, bedeutet das faktisch, dass Kinder gezeugt werden, die keiner will und die dann oft abgetrieben werden. Abtreibung ist in D weiterhin verboten (was kaum einer weiß) und ist für mich Tötung eines Menschen. Viele Mütter werden nachhaltig psychisch dadurch gestört. (Ich weiß, Abtreibungen haben noch andere Ursachen) Deutlich wird: Die Verweigerung von Gestalt auf dem Gebiet der Sexualität hat gravierende Folgen. Wie das zusammenhängt merkt man auch an kurios anmutenden Gesetzen wie, dass Geschwister alle Sexpraktiken vollziehen dürfen außer dem Vaginalverkehr. Die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, schwingt bei allen Regelungen rund um die Ehe mit. Nun ist es so, dass man sich der Gestaltung nicht entziehen kann. Als die 68’er alle Gestaltungen über Bord werfen wollten, ist es ihnen nicht gelungen. Als die Ehe ohne Trauschein Mode wurde, hat der Staat mit Regelungen nachgezogen, um ein Gestaltloses nicht stehen zu lassen. Mit diesem Notbehelf zu argumentieren, halte ich nicht für sinnvoll. Also. Wenn Menschen sowieso mehrere Sexpartner haben, wieso sollte es dann nicht Polygamie geben? Das entspricht mehr Ihrer Argumentation. Denn auch polyamoride Menschen leben in der Polygamie Liebe, Treue und Fürsorge. Auf die Begründung, warum sie die diskriminieren wollen, warte ich noch.
Hallo Martin,
bei der hier diskutierten Gleichstellung mit der Ehe geht es nicht um die Legalisierung einer „wilden Ehe“, sondern um die Öffnung der „normalen Ehe“ für Menschen, die nun mal nicht auf das „andere“ Geschlecht sondern auf das gleiche Geschlecht geprägt sind.
Wenn Sie aber jetzt sagen, eine solche Prägung sei nicht angeboren, sondern es sei eine freiwillige Entscheidung, dann müssen wir jetzt nicht weiter diskutieren.
Ansonsten werden Sie verstehen, dass gleichgeschlechtlich liebende Menschen die gleiche Verbindung fürs Leben eingehen möchten, wie dies für heterosexuell veranlagte Menschen vorgesehen ist. Und dass eine „eingetragene Partnerschaft“, auch wenn sie gleiche oder ähnliche Rechte und Pflichten hat wie die Ehe, für die betroffenen Menschen zunächst mal eine Herabsetzung ihrer Lebensgemeinschaft ist, werden Sie dann auch verstehen.
Wenn Sie aber aus den von Ihnen genannten Gründen der Gefahr von Abtreibungen Sexualität nur zulassen wollen, wenn sie in der Ehe zwischen Mann und Frau stattfindet und nur zum Zeugen von Nachwuchs, dann kann ich als – so hoffe ich – aufgeklärter Mensch das nicht nachvollziehen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass mit sorgfältiger Anwendung von Verhütungsmitteln eine Schwangerschaft eintritt, die dann zur Abtreibung führen kann (nicht muss), ist nicht gerade hoch. Jedenfalls deswegen jeglichen Sex außerhalb der Ehe zu verbieten oder zu verdammen (auch Selbstbefriedigung oder gleich- oder verschiedengeschlechtlichen Sex, bei denen aufgrund der „Spielarten“ überhaupt kein Ei befruchtet werden kann?), wäre nicht nur für mich außerhalb jeglicher Diskussion. Eine derartige Einstellung entspricht nicht den menschlichen Bedürfnissen und kann nur entstanden sein, durch eine intensive, meistens religiös begründete schuldbeladene Prägung in Kindheit und Jugend.
Das mit der „wilden Ehe“ haben Sie eingebracht.
Die Frage, wieso einige Menschen heteroerotisch empfinden, die anderen homoerotisch, ist nicht geklärt. Nur scheint eine monokausale Erklärung ausgeschlossen sein. Ich habe diese Frage nicht aufgebracht, die kommt von Ihnen aus heiterem Himmel. Und warum wollen Sie aus so einer ungeklärten Frage etwas machen, was das Gespräch beenden sollte? Wo ist Ihr Problem dabei, dass Sei eine Frage, die nur sie hier stellen und auf die es keine befriedigende Antwort gibt, so ein Bohai machen? *kopfschüttel*
Außerdem ist Ihre Alternative sowieso Quatsch: Zwischen Angeboren und freiwillige Entscheidung liegen noch so viele Einflüsse und Entwicklungen. Falsche Alternativen aufmachen und von der Antwort alles abhängig machen: Das sind typische Kennzeichen einer Ideologie.
Kommen wir zum Kern: Es ist eine Herabsetzung, wenn man nicht Ehe sein darf. Vorsicht: Glatteis!
Ich kann eine homosexuelle Beziehung als defizitär beschreiben: Sie ist nicht zwischen-geschlechtlich, sie kann nicht Kinder zeugen, sie kann Kindern nicht gleich- und gegengeschlechtliches Elternteil bieten. Das sind fundamentale Defizite, dass ist objektiv so. Aber das bedeutet nicht, dass die Menschen herabgesetzt werden. Es ist keine Wertung, die Menschen verletzt, sondern eine sachliche Feststellung. Ich bin ein defizitärer Mensch, weil ich sehbehindert bin. Aber deshalb bin ich als Mensch nicht weniger wert. Beides muss man auseinander halten können, sonst kann man gar nicht miteinander leben. Gefühlt besteht diese ganze Debatte fast nur aus diesem Missverständnis.
Was sie mir sonst so unterstellen, was ichangeblich verbiete, das ist Ihre Sache. Und das Sie gleich eine Ferndiagnose für mich mitliefern: Danke, das ist zuviel des Guten.
Schade nur, dass Sie sich in der Aufregung über mich krankhaften Typen entgangen ist, dass ich auf den unlösbaren Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr und Kinderkriegen hingewiesen habe, dem man sich stellen muss und der alle Kulturen seit der letzten Eiszeit und noch länger mitgeprägt hat.
„Ehe für alle“ -NEIN DANKE-
Seit Wochen und Monaten bestimmt die Diskussion um die Homoehe die gesellschaftliche Debatte. Die Ehe, soll für Schwule und Lesben geöffnet werden. Volle Gleichstellung wird gefordert. Endlich heiraten und nicht nur verpartnern. Volle Rechte. Prominente Vertreter wie der LSVD setzen sich vehement dafür ein und zeichnen so das Bild einer Community, die vermeintlich gar nichts anderes will als zurück in den Schoß konservativer Bürgerlichkeit. Die Parteien springen auf diesen Zug auf, einzig die CDU/CSU fehlt noch. Aber die beginnt auch schon zu bröckeln und rettet sich über die Zeit indem sie die Verantwortung lieber dem Bundesverfassungsgericht überlässt umso ihre erzkonservativen Wählerschichten nicht zu vergrätzen. Frei nach dem Motto: „wir konnten ja nicht anders…“. Und das Ergebnis ist schon so sicher wie das Ei in der Kloßbrühe. Wir werden die Homoehe bekommen und alles ist gut…. Die Community kann endlich heiraten und von den Privilegien, wie z.B. Ehegattensplitting profitieren. Dann soll sie aber bitte nicht weiter aufmucken und froh, glücklich und dankbar sein. Ich höre sie schon, wenn sie sagen werden, „ihr habt doch alles was ihr wolltet. Nun seid endlich still.“ Aber ist es das was die überwiegende Mehrheit der Communitiy will?
Ich jedenfalls nicht. Ich verstehe mich als zu community dazugehörig. Und ich wünsche mir, dass lgtbi* aufstehen, die sich nicht weiter instrumentalisieren lassen wollen von einer Minderheit, die auf dem konservativen Mainstream schwimmt.
Aber um was geht es wirklich?
Antropologisch ist die Ehe ein gesellschaftliches Konstrukt, dass historisch als eine gesetzlich geregelte, Verbindung zweier Menschen verstanden wurde mit dem Ziel der Fortpflanzung und der damit verbunden gesellschaftlichen Reproduktion. Damit war Ehe immer auch im Interesse einer Gemeinschaft, einer Sippe, eines Volkes. In Zeiten in denen es noch keine Invitromethode und künstliche Befruchtung gab, in der Kinder in der Regel durch den Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau gezeugt wurden, konnte die Ehe also als Vertrag verstanden werden, in denen die Voraussetzungen geschaffen wurden für die erfolgreiche gesellschaftliche Reproduktion. Das das Konstrukt Ehe, damit auch unter einem besonderen Schutz stand, ist deshalb historisch nachvollziehbar. Allerdings haben sich die Zeiten und der damit verbundene Ehebegriff gewandelt. Kinder können inzwischen per Reagenzglas gezeugt werden. Menschen entscheiden sich zum Zusammenleben mit oder ohne Kinder und in allen erdenklichen Lebensformen. Selbst das Bundesverfassungsgericht sieht in der Ehe und Lebenspartnerschaft gleichermaßen eine private Verantwortungsbeziehung, die rechtlich und institutionell abgesichert werden soll. Ob Kinder gut oder schlecht aufwachsen hängt also weniger von der Lebensform als viel mehr von den sozialen und materiellen Voraussetzungen ab. Die gesellschaftliche Reproduktion ist unabhängig von der Verbindung von Mann und Frau, aber abhängig von der Zeugung von Kindern. Und damit komme ich zu meiner Kernthese:
Eine Gesellschaft, die sich reproduzieren will (und ich kenne keine Gesellschaft, die sich nicht reproduzieren will) muss sich auf die Förderung von Kindern konzentrieren. Sie sind es, die den Fortbestand einer Gesellschaft sichern. Nicht nur sie, aber sie insbesondere. Und sie gilt es besonders zu schützen. Egal ob sie in einer 1Personen- oder in einer Mehrpersonenfamilie groß werden, egal ob Homo, hetero, bi oder was es sonst noch gibt auf der Welt. Ihnen muss unsere besondere Verantwortung gelten und wir als Gesellschaft müssen alles tun um diesen Kindern ein vertrauensvolles Umfeld und die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen für ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen. Wie viele Kinder wachsen inzwischen bei einem alleinerziehenden Elternteil (in der überwiegenden Mehrheit noch Frauen) auf und leben aufgrund der ungleichen Wirtschafts- und Machtverhältnisse in der Frauen sich immer noch auf Grund von Benachteiligungen befinden an oder unter der Armutsgrenze. Und das in einem der reichsten Länder der Welt. Diese Kinder profitieren nicht vom Ehegattensplitting. Das müssen wir abschaffen!
Was wir brauchen ist der besondere Schutz der Familie, verstanden als Gemeinschaft mit Kindern, egal ob mit einem, mit zweien oder mehreren Erwachsenen, egal ob homo, hetero oder andersgeschlechtlich. Das Grundgesetz muss hier an diese real existierenden Verhältnisse angepasst werden und nicht die Öffnung der eines nicht mehr zeitgemäßen gesellschaftlichen Konstruktes für Homosexuelle.
Ich schwimme auf dieser konservativen Welle nicht mit und hoffe, dass noch viele andere aufstehen.
Danke für Ihre offenes, ehrliches Wort. Aber wer ist denn Mehrheit und wo ist die Minderheit?
Zu: Ehe = gesellschaftliches Konstrukt. Nun, das kann man von Sprache auch sagen und von allem, was zur Kultur des Menschen gehört. Wieso benutzen Sie eine Sprache, die doch auch immer im Interesse einer Gemeinschaft, einer Sippe, eines Volkes steht? Kann es sein, dass Ihre Anthropologie verleugnet, dass der Mensch ein Kulturwesen ist? Wenn Sie Kultur verneinen, können Sie gleich den Menschen abschaffen. Und für Sie sind die Zeiten vorbei, in dem Menschen in der Regel durch den Geschlechtsverkehr gezeugt wurden. Bei einer IVF entstehen idR überzählige Embryonen: Sie setzen also voraus, dass man Menschen künstlich zeugt, um sie dann zu vernichten (oder in Forschung zu verbrauchen). Sie erinnern mich sehr an brave new world, bei dem Wörter wie Vater und Mutter verpönt waren. Damit fangen Sie ja schon an, für Sie sind das nur bürgerliche Konventionen. Menschliche Reproduktion soll unabhängig von Mann und Frau geschehen. Ich halte Sie für eine Prophetin der Unmenschlichkeit. Dabei können sie sich auf Gender Mainstreaming stützen. Veröffentlichen sie ihre Meinung überall! Machen sie bekannt., dass die Gender-Ideologie absolut menschenfeindlich ist!
Das mit der wilden Ehe war Ihr Thema, auf das ich eingegangen bin. Sie finden die Ehe ja als überflüssigen Kulturkram und wollen sie gleichzeitig für alle erstreiten. Werden sie sich also selber einig, was Sie wollen und bitte tun Sie die letzten 50.000 Jahre Kultur nicht ab, nehmen Sie lieber zur Kenntnis, dass der Mensch ein Kulturwesen ist.
Ihre Frage nach „angeboren“ oder „Entscheidung“ war hier noch nicht Thema, diese Alternative ist natürlich Blödsinn, denn es gibt noch viel mehr wie soziale Einflüsse verschiedener Art. Die Herkunft von homoerotischen Gefühlen ist unbekannt, da kann ich nicht viel zu sagen, klar ist wohl, dass eine monokausale Erklärung auszuschließen ist. Klar ist nur, dass es Menschengibt, bei der sich das, was man sexuelle Orientierung nennt, geändert hat, aus welchen Gründen auch immer. Aber wieso sollte so ein unklarer Sachverhalt Grund sein, ein Gespräch abzubrechen? Nur eine Ideologie definiert, was Wahrheit ist, aufgeklärte Menschen lassen offene Fragen offene Fragen sein.
Sie schrieben: >>gleichgeschlechtlich liebende Menschen die gleiche Verbindung fürs Leben eingehen möchten, wie dies für heterosexuell veranlagte Menschen vorgesehen ist<< Das verwirrt mich doch sehr. Wie sollen homoerotisch veranlagte Menschen eine Verbindung eingehen, die über die Geschlechtergrenze hinausgeht? Eine Verbindung, die die Geschlechter verbindet und sich damit eine schwere Aufgabe aufbürdet, die der Gesellschaft zu Gute kommt: Das geht nur bei Heteros. Homo-Beziehungen sind in diesem Punkt defizitär: Ihnen fehlt die Überschreitung der Geschlechtergrenze.
Eine Ehe hat die Pflicht, eine geschlechterübergreifende Beziehung auszuhalten. Wie Sie selbst sagen: Gleiche Pflichten, gleiche Rechte, ungleiche Pflichten, ungleiche Rechte. Nach Ihrer eigenen Logik darf es also keine Homo-Ehe geben und eine Ungleichbehandlung verschiedener Dinge ist auch keine Herabsetzung.
Zur Abtreibung: Ich habe darauf aufmerksam gemacht, dass man die Verbindung von (hetero) Sex und die Bereitschaft, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, nicht ganz kappen kann und dass das die kulturelle Gestaltung und die Gesetzgebung mit bestimmt. Was Sie daraus machen, gibt nicht meine Meinung wieder.
Auf diese verdrehte Wiedergabe meiner Meinung, gründen Sie dann eine Ferndiagnose, auf die ich dankbar verzichte.
Was immer ein jeder meint, was die Ehe ist – sie ist all dies und sie ist noch viel mehr. Sie ist die Mutter der Zivilisation und unsere bei weitem wichtigste kulturelle Institution.
Die Ehe als gesellschaftlich garantierte dauerhaft monogame Gemeinschaft von Mann und Frau stellt einen Hauptteil des kulturellen Erbes der Menschheit dar und darf nicht einfach nach unserem aktuellen Gusto in ihrem Kernbereich unwiderruflich verändert und damit zukünftigen Generationen entzogen werden.
Nachdem die Mongamie ursprünglich in den frühen Ackerbaugesellschaften ab der neolithischen Revolution (ca. 10.000 v. Chr.) eingeführt worden war, um allzu häufige Erbteilungen zu vermeiden, nahm die Konkurrenz der ehemals dominant kleine Horden anführenden Männer um Frauen und Nachwuchs so stark ab, dass Männer nun über das Lebensnotwendige hinaus zusammenarbeiten konnten.
So konnten nicht nur arbeitsteilige Gesellschaften entstehen, die Männer konnten zudem ihre nun nicht weiter durch Kämpfe untereinander und für die Begattung möglichst vieler Frauen gebundene Tatkraft zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände einsetzen. Ihre Motivation dazu wurde durch ihre Verantwortung für Frau und Kinder noch weiter gesteigert.
Dort, wo die monogame Ehe die vorherrschende Form des Zusammenlebens darstellte, bildeten sich die ersten Hochkulturen. Egal ob in Mesopotamien oder unabhängig davon in Indien, China und später in Europa und Amerika: Stets war die vorherrschende Familienform die dauerhafte verschiedengeschlechtliche Monogamie und diese wurde von der Gesellschaft mit z.T. drakonischen Strafen geschützt. Lediglich den Königen war es als Zeichen ihrer Macht erlaubt, mehrere Frauen zu ehelichen.
Das Wissen um die Segnungen der Ehe ist in den letzten Jahrzehnten leider in vielen Kreisen geringgeschätzt worden und so verlor die Ehe bereits durch das liberalisierte Scheidungsrecht viel von dem Vertrauen, das ihr entgegengebracht worden war.
In dieser Situation durch die Öffnung der Ehe auch noch ihre Heteronormativität aufzugeben, bedeutet aus meiner Sicht, das Vertrauen nachfolgender Generationen in eine reibungslose Paarbildung – und damit ihre zivilisatorische Kraft – weiter zu schwächen.
Wer während seiner frühkindlichen Moralentwicklung lernt, dass das gesellschaftliche Beziehungsideal nicht mehr heteronorm, sondern auch die Ehe unter Frauen ist – und die Ehe als Institution ist für Kinder schon sehr früh ein Thema – entwickelt in Bezug auf sein Weltbild und das eigene zukünftige Leben gänzlich andere „inner working models“. Als junger Mann greift er später bei der eigenen Paarbildung auf diese über die Lebensspanne recht stabilen „inner working models“ zurück und empfindet die Freundinnen der Wunschpartnerin zusätzlich zu den eigenen Geschlechtsgenossen als Konkurrenz um eine Beziehung. Er wird weniger Zuversicht entwickeln, die Dame für sich gewinnen zu können und diese fallende Zuversicht wird ihn bestärken, mehr Zeit und Energie – und wo nötig auch Härte – in die Eroberung – und wenn mehrere Männer so vorgehen auch Verteidigung – von Frauen zu investieren.
Die sog. „Ehe für alle“ wird den Verfall der Ehe nicht nur beschleunigen, sondern durch den verfassungsrechtlichen Schutz, dem gleichgeschlechtliche Ehen nach deren Einführung genießen werden, auch unumkehrbar zu machen.
Insbesondere Letzteres hieße, zukünftigen Generationen ein mächtiges Instrument zur Stärkung ihrer Zivilisation aus der Hand zu schlagen, etwas, wozu wir ungefähr so viel Berechtigung haben, wie zur Naturzerstörung im Hinblick auf die Ressourcen, die wir künftigen Generationen hinterlassen.
Für gleichgeschlechtliche Paare gibt es die eingetragene Lebenspartnerschaft. Sie ist in geringerem Maße gesellschaftliches Normativ und beeinflusst weniger die Bildung kindlicher Vorstellungen – und das ist auch gut so.
Herr Meineke, haben Sie zu Ihren Ausführungen (insbesondere den geschichtlichen Teil) Literaturangaben, oder, noch besser, weil ich nicht in Uni-Nähe wohne, Links?
Hallo Herr Weidner,
zur Einführung der Monogamie in frühen Ackerbaugesellschaften siehe:
https://en.wikipedia.org/wiki/Monogamy#Cultural_arguments
Zur Ehe als Regel in frühen Hochkulturen siehe:
https://en.wikipedia.org/wiki/Monogamy#Monogamy_in_ancient_societies
Zur Ehe als Mittel des Triebverzichts und zur Entstehung von Gesellschaften durch Triebverzicht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Triebverzicht
Triebverzicht und Sublimierung als Ursache für zivilisatorischen Fortschritt:
https://en.wikipedia.org/wiki/Sublimation_(psychology)#Psychoanalytic_theory
Schöne Grüße,
Oliver Meineke
Danke!
Sehr richtig.
Nur leider sind die vorgebrachten Punkte nicht nur Ideologie, sondern durch Versagen der im Guten Sinn konservativen, schützenden Kräfte mehr oder weniger Realität geworden. Wäre vor allem noch präsent, dass Ehe, Sexualität und Kinder untrennbar zusammenhängen, würde man Herrn Beck bei seiner Behauptung, dass mit der Ehe im GG nicht nur die Verbindung zwischen Frau und Mann gemeint ist, anschauen, als ob er vom Mond käme.
M.E. liegt der „Ehe“-Forderung auch das Bedürfnis zugrunde, sein Verhalten gesellschaftlich absegnen zu lassen. Ein menschliches Phänomen, denn niemand kann auf die Dauer eine Lebenslüge aufrechterhalten, wenn nicht das Umfeld mitspielt. In Bezug auf Homosexualität heisst die Lüge, wie hier schon sehr treffend benannt: „Ich bin nicht defizitär.“ Katastrophalerweise lässt die political correctness es nicht mehr zu, dieses Defizit zu benennen geschweige denn zu lindern.
Frauen erlauben selbständig ein Konto zu Eröffnen oder ohne die explizite Zustimmung des Ehemanns zu arbeiten. Das Schlage von Kindern und die Vergewaltigung in der Ehe zu verbieten. Gegen alle diese Dinge hat die Union massiv Widerstand geleistet. Noch Ende der 90er Jahre hat die gesamte männliche Führungsriege der Union geschlossen dagegen gestimmt Vergewaltigung in der Ehe strafbar zu machen. Auch da hat man damit „argumentiert“, dass das nunmal schon immer so zum Ehebegriff gehört, dass es gottgewollt ist und generell den Untergang des Abendlandes herbeigeredet. Und dieser ganze menschenverachtende Haufen ist heute immer noch größtenteils an der Macht!
Das ist also was die CDU/CSU wirklich unter Familie versteht: in Patriarch der seine Frau unter absoluter Kontrolle hat, abends seine Kinder prügelt und nachts seine Frau zum Sex zwingt.