Aussteigen, innehalten, etwas ganz anderes machen? Als junger Mann führte Neil Ansell jahrelang ein rastloses Leben. Dann bekam er die Gelegenheit, in eine einsame Hütte in den Bergen zu ziehen – und nutzte sie. Wie er dort zu sich selbst fand, das erzählt er hier.
von Neil Ansell
Als ich dreißig war, wurde mir ein entlegenes Cottage ohne Strom und fließend Wasser zur Nutzung angeboten, weit oben in den Bergen von Wales. Der Zeitpunkt schien perfekt; in meinen Zwanzigern hatte ich fünf Jahre auf Weltreise verbracht, trampend, überall schlafend, wo es sich anbot und mit den unterschiedlichsten Jobs, die ich unterwegs annahm – ich führte praktisch das Leben eines Landstreichers – und dies schien die perfekte Gelegenheit, um zu lernen, wie man zur Ruhe finden und einen Ort gut kennenlernen konnte, anstatt ständig unterwegs zu sein.
Wie bei meinen Reisen fühlte es sich nicht so an, als würde ich vor der Gesellschaft weglaufen; eher, als ob ich zu mir selbst unterwegs sei. Ich betrachtete es als neue Herausforderung; ich würde lernen, allein zu sein, ich würde versuchen, autark zu leben, und ich würde meine lebenslange Leidenschaft für die Natur ausleben. Ich hatte kein bestimmtes Ziel im Sinn, nur, so lange zu bleiben, wie es sich für mich wie zu Hause anfühlte.
Als die Jahre vergingen, gewöhnte ich mich mehr und mehr an ein Leben, in dem Wochen vergehen konnten, ohne dass ich einen anderen Menschen sah, und ich vertiefte mich immer mehr in die Tier- und Pflanzenwelt, die die Hügel und Wälder rund um meine Hütte umgab. Abends saß ich am offenen Kaminfeuer und schrieb beim Licht der Kerze. Das Schreiben war ich schon mein ganzes Leben gewohnt; ich hatte immer Tagebuch geschrieben, nur für mich Essays und Prosa verfasst, Dinge, die ich nie jemandem zeigen, geschweige denn veröffentlichen wollte.
Erst nach fünf Jahren beschloss ich, das Cottage wieder zu verlassen. Was mich schließlich dazu veranlasste, war der Gedanke, dass ich, sollte ich irgendwann einmal Kinder haben wollen, langsam damit anfangen sollte, mich darum zu kümmern.
All die Jahre der Selbstgenügsamkeit, sowohl im Alltag als auch auf emotionaler Ebene, haben mir ein tiefes Gefühl des inneren Friedens beschert, und einen Kern innerer Kraft, der mich für jede Herausforderung gerüstet hat. Erst Jahre später kam ich auf den Gedanken, dass die Erfahrungen aus dieser Zeit der Einsamkeit vielleicht für andere hilfreich und interessant sein könnten, und beschloss, dass es Zeit sei, die Notizen aufzuarbeiten, die ich in der Zeit dort gemacht hatte. Meine Kinder sind heute Teenager, bald werden sie unabhängig sein, und ich werde wieder die Freiheit haben, auf einsamen Ausflügen umherzustreifen. Ich spüre immer noch den Ruf der Wildnis; es fühlt sich an, als ob es mein Urzustand sei, allein in der Wildnis zu sein, und als ob ich dort irgendwann einmal meine Tage beenden werde.
alle Fotos © Neil Ansell
Das Buch
Konzentriert, bildhaft, melodisch erzählt, hat der Text meditativen Charakter. Er vermittelt, was es heißt, ganz im Hier und Jetzt zu sein.
Tief im Land entführt uns in die Ruhe eines archaischen, asketischen Lebens. Neil Ansell verbrachte fünf Jahre zurückgezogen in den Hügeln von Wales. In exzellenter Prosa erzählt er von seinem Alltag in einem alten, halb verfallenen Cottage ohne Strom und Gas. Im Laufe der Zeit verschmilzt er immer mehr mit seiner Umgebung. In bemerkenswerter Selbstvergessenheit beschreibt er Landschaft, Tier- und speziell die Vogelwelt. Auf wunderbare Weise gelingt es ihm, uns in die Stille des Landes hineinzuziehen.
Links
Tief im Land auf den Seiten der Ullstein Buchverlage
Hört sich toll an, hat mich neugierig gemacht; darum habe ich mir jetzt das Buch bestellt. Bin gespannt…….