Mark Z. Danielewski: Das Haus. House of Leaves
(Roman)
      Kritik:
Lassen Sie sich von dem Textlabyrinth, den Fußnoten, dem Anhang und dem Index nicht davon abschrecken, "Das Haus. House of Leaves" zu lesen; der typografische Aufwand erhöht einfach nur den Spaß bei der Lektüre dieses originellen Romans. Buchkritik, Rezension
 

Mark Z. Danielewski:
Das Haus

 
  Inhalt:
Der Pulitzer-Preisträger Will Navidson bezieht mit seiner Lebensgefährtin und den beiden gemeinsamen Kindern ein altes Haus auf dem Land. Zu seiner Überraschung stellt er fest, dass es einen Raum gibt, der im Grundriss nicht eingezeichnet ist und das Haus innen länger als außen ist. Nach einer ersten Erkundung eines wie aus dem Nichts entstandenen Korridors findet er beinahe nicht mehr ins Wohnzimmer zurück. Deshalb holt er einen Ingenieur und einen Höhlenforscher zu Hilfe ... Inhaltsangabe, Handlung

Originalausgabe:
Mark Z. Danielewski: House of Leaves
Pantheon Books, New York 2000

Das Haus
Übersetzung:
Christa Schuenke, Olaf Schenk
Klett-Cotta, Stuttgart 2007
ISBN 978-3-608-93777-0, 797 Seiten, 29.90 € (D)

   


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Mark Z. Danielewski: Das Haus. House of Leaves

von Zampanò, mit einer Einleitung und Anmerkungen von Johnny Truant

Ausführliche Inhaltsangabe zu "Das Haus"



Buchbesprechung:

Wer das große, dicke Buch "Das Haus. House of Leaves" von Mark Z. Danielewski aufschlägt, wundert sich als Erstes über den enormen typografischen Aufwand. Schriftarten und –größen wechseln, hin und wieder sind Passagen durchgestrichen, manche Zeilen stehen auf dem Kopf oder laufen schräg über die Seite, einige Seiten sind fast leer, eine Reihe von Textblöcken sind auf der Rückseite noch einmal in Spiegelschrift zu sehen, die Wörter Haus, House, Maison sind stets in blauer Farbe gedruckt usw. Bei der Lektüre versteht man rasch, dass dieses Textlabyrinth dem Irrgarten entspricht, der sich in dem geheimnisvollen Haus in der Ash Tree Lane auftut und dazu dient, das Informationsangebot für den Leser auf mehreren Ebenen gleichzeitig ablaufen zu lassen:

  1. Die Ereignisse im Jahr 1990
  2. Die Filmdokumentation darüber, der "Navidson Record" (Dreharbeiten: 1990; Uraufführung 1993)
  3. Der blinde Greis Zampanò befasst sich – bis er Ende 1996 stirbt – mit Hilfe von Vorleserinnen nicht nur mit dem "Navidson Record", sondern auch mit wissenschaftlichen Untersuchungen darüber und dazu abgegebenen Stellungnahmen
  4. Johnny Truant ordnet Zampanòs Aufzeichnungen sowie das von dem Greis gesammelte Material und ergänzt das Vorhandene durch eigene Kommentare; diese Arbeit schließt er 1998 ab
  5. Bei der Veröffentlichung – "House of Leaves, von Zampanò mit einer Einleitung und Anmerkungen von Johnny Truant" (1999) – fügen die Herausgeber editorische Anmerkungen hinzu

Keine Angst: Trotz der mehrfachen Verschachtelung liest sich der Roman "Das Haus. House of Leaves" ganz leicht. Man sollte sich auch nicht von den mehr als 450 Fußnoten abschrecken lassen, ebenso wenig von dem 139 Seiten umfassenden Anhang und dem (absurden) Index auf den Seiten 769 bis 794.

Unsere Köpfe sind voller Fußnoten. Jeden Tag. In jedem Augenblick. Dutzende während eines Gesprächs. Wenn wir jemandem zuhören. Wenn wir beobachten, wie unser Gesprächspartner die Hände bewegt. Wenn wir überlegen, ob es bald noch etwas zu trinken gibt.
Wenn wir uns an etwas erinnern, das vor kurzer oder vielleicht sogar vor längerer Zeit passiert ist. Möglicherweise geht uns das alles durch den Kopf, ohne dass wir es bemerken. Aber wenn man darüber nachdenkt, kann man sich an den Akt des Erinnerns erinnern. (Mark Z. Danielewski)

Den Eindruck der Authentizität erweckt Mark Z. Danielewski durch den fortwährenden Bezug auf die Filmdokumentation ("Navidson Record") und die (pseudo-)wissenschaftliche Auswertung. Bücher von Dieter Wunderlich Mit dieser sachlichen Ebene kontrastieren die Fußnoten Johnny Truants, der die Leser in der 2. Person Plural anspricht und in der Gossensprache ausufernd von persönlichen Erlebnissen erzählt, die von seiner geistigen Zerrüttung zeugen. Während Mark Z. Danielewski gerade durch die sachlich wirkende Darstellung der unerklärlichen Ereignisse in dem Haus in der Ash Tree Lane auf raffinierte Weise (ähnlich wie in dem Film "The Blair Witch Project") Horror erzeugt, erlaubt ihm das unbekümmerte Gequassel Truants, ein paar deftige Bett- und brutale Gewaltszenen einzubauen, die Leser zu veralbern und die satirische Komponente des Romans hervorzuheben.

Die Geschichte von dem Haus, in dem sich Abgründe auftun, hätte schon für einen (Horror-)Roman gereicht, aber Mark Z. Danielewski verwendet sie in "Das Haus. House of Leaves" nur als Kern und fügt eine Fülle von Ideen dazu.

[...] Tischfeuerwerk aus Belesenheit und interpretatorischer Schläue, das in den Anmerkungen und auch im Erzähltext abgebrannt wird. Allein die Erfindung der Titel, die die wissenschaftlichen Bücher, Aufsätze, die Fernseh- und Rundfunkbeiträge tragen, strotzt vor Gescheitheit und protzt zugleich mit einem Witz, der die Welt der Theorie aufs Korn nimmt.
(Georg Klein, Süddeutsche Zeitung, 14. September 2007)

Kurz: "Das Haus. House of Leaves" ist originell, raffiniert und eine Mordsgaudi.

Thomas Böhm (* 1968) schrieb nach Absprache mit Mark Z. Danielewski eine etwa 55 Minuten lange Hörspielfassung des Romans. Das Hörspiel "Das Haus" wird am 10. Dezember 2009 erstmals ausgestrahlt, und zwar simultan auf drei Wellen, denn es besteht – entsprechend der Mehrgestaltigkeit der literarischen Vorlage – aus drei parallelen Teilen: Während es auf WDR1Live um den von Will Navidson gedrehten Dokumentarfilm über das Haus geht ("Navidson-Record"), hören wir auf WDR3, was der Amateur-Cinematologe Zampanò darüber schrieb und auf WDR5 den Bericht des in Los Angeles lebenden Aushilfsarbeiters Johnny Truant, der Zampanòs Aufzeichnungen findet und beim Lesen verrückt wird. Thomas Böhm hat das Hörspiel so konzipiert, dass es sowohl für den Hörer funktioniert, der zwischen den drei Wellen hin- und herzappt als auch für den, der bei einer Welle bleibt. Entsprechend der drei Teile gibt es drei Regisseure und drei Komponisten der Musikuntermalung: Claudia Johanna Leist, Jörg Schlüter und Martin Zylka, Rainer Quade, Thom Kubli und Andreas Bick. Darsteller: Roberto Ciulli (Zampanò), Tom Schilling (Johnny Truant), Camilla Renschke (Vorleserin / Beatrice), Andreas Grothgar (Ansager), Anna Thalbach (Thumper), Nic Romm (Lude), Therese Dürrenberger (Mutter), Rainer Homann (Psychiater Dr. Draines), Matthias Redlhammer (Raymond), Wolfram Koch (Will Navidson), Fabian Gerhardt (Tom), Sascha Icks (Karen), Christian Redl (Holloway), Marlon Kittel (Jed), Florian Seigerschmidt (Wax), Markus Scheumann (Reston) u.a.

Mark Z. Danielewski wurde 1966 als Sohn des polnischen Filmregisseurs Tad Danielewski und dessen Ehefrau Priscilla Machold geboren. Seine Schwester Annie Decatur Danielewski (* 1968) ist unter dem Künstlernamen Poe als Sängerin bekannt. – Nach dem Studium der Englischen Literatur an der Yale University arbeitete Mark Danielewski in der Filmbranche und im Verlagswesen. 2000 veröffentlichte er seinen Debütroman "House of Leaves" ("Das Haus"), an dem er zehn Jahre lang gearbeitet hatte, und ein Begleitbuch dazu: "The Whalestoe Letters". Zwei weitere Bücher von Mark Z. Danielewski erschienen 2006 bzw. 2012: "Only Revolutions" und "Das Fünfzig-Jahr-Schwert".

Inhaltsangabe

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007 / 2009
Textauszüge: © J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH

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Mark Z. Danielewsk (kurze Biografie / Bibliografie)

Mark Z. Danielewski: Das Haus. House of Leaves (Inhaltsangabe)
Mark Z. Danielewski: Only Revolutions
Mark Z. Danielewski: Das Fünfzig-Jahr-Schwert



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