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Leseprobe: Josef Rieser - "und legte den atem beiseite"

Durch das extrazimmer stürmend stieß rolf an die schwenktür, die entgegen der gewohnheit nicht aufsprang. er winselte und kratzte ungeduldig, bis sein begleiter mit einem räuspern aufschloß. Rolf, die vorhut, sprang sofort auf die bank und beschnupperte die schlafende erna. Der morgenstundenherr warf einen blick in die küche und stellte befriedigt fest, daß nichts in ordnung war. Er spitzte den keil in den hof, schloß die hintertür und schlenderte durch die küche, mit dem angewinkelten zeigefinger auf der schmutzigen anrichte eine kurvige bahn ziehend, wuchs in den durchgang ein, wo er erna an die bluse langte und sie mit kreisenden bewegungen seiner klodeckelgroßen pfote aufweckte. "he du! es ist zeit für dich." (S. 30f.)

mit dem überleben ist es halt so eine sache, wenn man gerade mittendrin steckt. Die knie beugen und die arme vorstrecken, den hinterkopf fest gegen den boden drücken, so daß die schultern vom boden abheben, und dazwischen rudern im berg voller kieselsteine, damit die fingernägel nur so absplittern. stellungen suchen, immerfort probieren, bis irgendeine körperhaltung an die vormals normale heranreicht. mühe, mühe, nichts als mühe. willen beweisen, lebenswillen zeigen, noch kurz bevor man nach lichtjährigem absturz zerschellt. immer zieht die wanzenschar über den körper hinweg. sie wollen mich beschnuppern, beriechen und sind auf der suche nach eßbarem. sie bewegen sich im takt mit den uhren und haben ihre ganz speziellen bahnen, die sie exakt abschreiten. ich will nicht länger in meiner gestalt bleiben. eine metamorphose wäre höchstes glück und danach für immer wanzenpaul sein. (S. 51)

als sie sich umdrehte, grinsten ihr die visagen entgegen, und man forderte die neue auf, die für sie bereitgestellten einstandsgetränke zu kippen. erna wollte nicht als spielverderberin auffallen, also nahm sie das gläschen aus irgendeiner hand entgegen und nippte an dem scharfen zeug, daß sie vor lauter ekel eine grimasse schnitt, die wiederum eine lachsalve zündete. Sie hatte genug, und als sie aus der schank verschwinden wollte, verstellte man ihr den weg. plötzlich stand auch einer hinter ihr, und alles war laut und düster, und die alkoholfahnen wehten im geilen tanz des übermuts. Sie spürte die grapschenden hände bald überall und wehrte sich, was aber zwecklos war, denn die burschen fanden dadurch nur noch mehr gefallen an ihr. zeremonie der feuertaufe und initiationsritus. (S. 73)

© 1999, Edition Selene, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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