Gibt ja viel auf dem Gebiet, hat er gesagt, bandagierte Füße, in die Länge gezogene Hälse, Unterlippen, so groß wie Teller, alles mögliche, aber so was, ein perfektes Loch auf dem Kopf, das ist einmalig. Er hat den Kopf geschüttelt und mir aus nächster Nähe ins Gesicht geglotzt. Wer hat dir das gemacht, hat er gefragt, das war erstklassige Arbeit, Millimeterarbeit sozusagen, wie heißt du eigentlich? Er ist noch ein Stück näher gerückt. Ich habe versucht, meinen Sessel weiter zurückzuschieben, bin aber an die Wand hinter mir gestoßen. Rita, hab ich gesagt, und wie heißen Sie? Ich denke nicht daran, ihm meinen richtigen Namen zu sagen. Zier dich doch nicht so, hat er gesagt und die Hand ausgestreckt, laß es mich sehen, ich geb dir auch Geld.
(S. 13)
Es ist doch mein Kopf, hat er gesagt, wie kann man mir verbieten, an meinem eigenen Kopf ein kleines Experiment vorzunehmen? Ich bin nicht überrascht. Ich weiß längst, worauf er hinauswill. Meine Verletzung hat ihn überhaupt erst auf die Idee gebracht. Er möchte ein Loch, wie ich es habe, weil er glaubt, daß ihm das helfen würde. Meine Freunde waren an dem Tag nicht da, hat er gesagt, sie haben mich die ganze Zeit beaufsichtigt wie ein Kleinkind, aber an diesem Tag haben beide zugleich das Haus verlassen müssen, und ich habe die Gelegenheit genützt. Ich habe den Werkzeugkasten meines Freundes geholt und auch gleich den passenden Bohrer gefunden. Um mich zu üben, habe ich ein paar Löcher in die Tropenholzmöbel meiner Freunde gebohrt. Meine Schädelplatte kann nicht sehr viel widerstandsfähiger sein als Tropenholz, hab ich mir gedacht. Die richtige Stelle auf meinem Schädel, die Stelle, an der anzusetzen ist, die kenne ich natürlich schon längst. Es ist von allergrößter Wichtigkeit, den Bohrer richtig zu plazieren. (S. 94)
Man täuscht sich da oft, hat die Frau gesagt, ohne Säge ist nicht viel zu machen, das könnte in ein Gemetzel ausarten, und dazu möchte ich mich eigentlich nicht hergeben. Wenn es nicht sauber und einigermaßen schmerzlos gemacht werden kann, dürfen Sie auf meine Hilfe nicht zählen. Ich bin verzweifelt. Es ist ganz ausgeschlossen, daß ich hier im Zug irgendwo eine Säge auftreibe. Säge oder Axt, hat die Frau gesagt, beides ist möglich. Auch eine Axt wird sich hier im Zug nicht finden, sie weiß das genausogut wie ich. Dann ist also alles umsonst gewesen, hab ich gesagt, Yolande hat umsonst so tapfer durchgehalten und kann mir mit Recht den Vorwurf machen, daß ich ihr Bein ganz unnötig aufs Spiel gesetzt habe. Sie beobachtet uns die ganze Zeit, hat die Frau gesagt und an mir vorbei ins Abteil geschaut, sie schöpft Verdacht, wenn wir noch lange hier draußen stehenbleiben.
(S. 197)
(c) 1997, Residenz, Salzburg, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.