(S. 13)
Als am gleichen Tag der Winzer Pierre Batout, 63, gegen 16:28 Uhr ca. 15 km südöstlich von Dijon am Hang seines Weinbergs den Blick zum Himmel richtete, weil er aus großer Höhe ein donnerähnliches, scharf aufplatzendes Grollen vernommen hatte, das zum wolkenlos blauen, vollkommen ungewittrigen Firmament so gar nicht hatte passen wollen, gewahrte er, wie er den bald darauf herbeigerasten Rettungskräften, Löschmannschaften, Fernsehreportern und Polizisten schilderte, die zwischen rauchenden Wracktrümmern und verkohlten Leichen herumirrten, etwas Erhabenes, das ihm nichts von den Ursachen dessen verriet, was er sah, nichts vom Leck der Hydraulik, nichts vom Brand und der nachfolgenden Explosion der Triebwerke, sondern etwas, das ihm statt dessen, wie er sich ausdrückte, sowohl "Schrecken wie Ehrfurcht" einflößte "gleich einem feu d'artifice", eine grellblendend aufpuffende Wolke aus gleißend metallischem Staub, Myriaden aufblitzender Punkte und glühender Partikel, einen "Sternentanz", schwebend und sprühend, zerstiebend und stäubend, dann allgemach sinkend zum Grund. Als sich Batout zuletzt noch (zweifellos eher unter Schock denn im Vollbesitz seiner Urteilskraft) zu der Äußerung verstieg, die Katastrophe sei "zwar ein grauenvoller, aber doch eigentlich ein schöner, jedenfalls sublimer" Anblick gewesen, verfügten die TV-Sendeanstalten die Tilgung dieses Satzes aus ihrem Interview und meldeten aus dem Studio statt dessen, das Unglück habe 95 Menschenleben gefordert; Überlebende habe es nicht gegeben; (...)
© 2007 Eichborn Verlag, Frankfurt am Main.