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Alexander Peer: Der Klang der stummen Verhältnisse.

Leseprobe:


Hand auflegen

In Kirchen hatte ich früher grundsätzlich

meine Hand auf dem Geschlecht.

Meist die linke, da die rechte

das Gotteslob hielt.

Sie lag einfach da, ruhig und selbstgewiss,

sie kratzte nicht am Hoden,

weder wenn dieser juckte

noch bei anderen Fürbitten.

Fürbitten machten mich traurig.

Sie waren das Eingeständnis,

dass das Wünschen uns nicht hilft.

Das Gebet hat mich kaum erheben

können. Es presste mich zu oft in den

Schraubstock des Unausweichlichen.

Vollkommene Erstarrung.

Wollte ich aber aufstehen und

mit gesättigter Faust rufen, so,

jetzt packen wir es aber an!,

war der Elan bis zum

Weihwasserbecken verbraucht.

In früher Vorzeit des Bewusstseins fing ich damit an,

meine Hand auf mein Geschlecht zu legen.

Es ging ganz leicht.

Brief an die Korinther,

und schon lag die Linke

auf meinem Schwanz und die

Finger streckten sich hinab

in meinen Schritt.

Manchmal fragte ich mich,

wie es wäre, eine Möse zu haben

und sie bei der Bergpredigt zu reiben.

Manchmal war ich neidig auf das Gefühl,

ohne es zu kennen, je kennenlernen zu können.

Heute gehe ich nur der Kunst wegen

in Kirchen. Ich stehe nur noch in den Domen,

und im Stehen kann ich die Hand schlecht

aufs Geschlecht legen.

Als ich Caravaggios Matthäus-Zyklus in

der San Luigi dei Francesi sehe,

lege ich meine Hand an die Wange,

an die Schläfen,

an die Ohren,

an die Augen...

Ich bin für einen Augenblick ein Mensch,

den sich ein Gott nur wünschen kann.

Tierlos ganz, es rammeln die Gedanken.


(S.44-45)


© 2017 Limbus Verlag, Innsbruck


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