Das Wichtigste für ihn sei, daß er allein wohnen könne und mir nicht mehr täglich begegnen müsse. Ich sah mich im großen Wandspiegel gegenüber, fand mich durchaus sehenswert und fragte mich, warum er mir nicht mehr täglich begegnen wollte. Hatte ich den Aussatz? Verströmte ich einen schlechten Geruch? War ich mit Mängeln behaftet, die mir bisher an mir noch nicht aufgefallen waren? Immerhin begann mir zu dämmern, daß er es ernst meinte. Ich fragte ihn, nun schon den Tränen nahe, was ihn an mir so störe. Nichts, sagte er, aber ich habe genug. Ich habe genug, sagte er, und mir fiel sofort die Bach-Kantate ein, die man gern bei Begräbnissen spielt. Also sollte an unserem 20. Hochzeitstag unsere Ehe begraben werden, ein Begräbnis erster Klasse bekommen. Das also war der Leichenschmaus, mit Schnitzel und Milchlamm.
(S. 8 f.)
© 2002, Suhrkamp, Frankfurt am Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
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