In einer politisch bewegten Zeit, die eine "Scheidung der Geister" geradezu aufdrängte, eine knappe Woche vor der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler und der dadurch legalisierten Terrorwelle der Nationalsozialisten in Deutschland, versammelten sich am 22. Jänner 1933 im Saale der sozialistischen Bildungszentrale im 5. Wiener Bezirk, Schönbrunner Straße Nr. 56, sozialistische Autoren, um einen neuen Verein - die "Vereinigung sozialistischer Schriftsteller" - zu konstituieren. Bereits einige Zeit zuvor hatten Fritz Brügel, Rudolf Brunngraber, Theodor Kramer, Schiller Marmorek, Heinrich Steinitz und Josef Luitpold Stern den zuständigen Behörden die beabsichtigte Gründung dieses Vereines angezeigt. Als Vereinszweck gaben die Proponenten an: "Der Verein hat den Zweck, alle Schriftsteller, deren Weltanschauung der Sozialismus ist, zur geistigen und materiellen Förderung ihrer Arbeit zu sammeln und die Zusammenarbeit mit gleichartigen künstlerischen Vereinigungen herbeizuführen."
Gerade die in den folgenden Wochen in Österreich durch Mirko Jelusich, Robert Hohlbaum, Erwin Reinalter und gleichgesinnte Autoren initiierte Gründung einer nationalsozialistischen Schriftstellerorganisation - des "Ringes nationaler Schriftsteller Österreichs" -, aber auch die Schwierigkeiten, mit denen der "Schutzverband Deutscher Schriftsteller in Österreich", und hier vor allem Hugo Sonnenschein und Oskar Maurus Fontana, gegenüber NS-Deutschland zu kämpfen hatten, zeigen uns ganz deutlich, welche wichtigen gesellschaftspolitischen und literarischen Aufgaben auf die "Vereinigung sozialistischer Schriftsteller" zukamen; nicht zuletzt die Unterstützung und Integrierung antifaschistischer und verfolgter deutscher Schriftsteller, die die Terrorwelle der Nazis nach Österreich gebracht hatte. Im Paragraph 3 ihrer Statuten regelten die sozialistischen Schriftsteller die Aufnahmebedingungen. Es heißt hier:
"Mitglieder der Vereinigung können nur solche Schriftsteller werden, die in der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreich organisiert sind. Ausnahmsweise kann der Vorstand durch ausdrücklichen Beschluß von diesem Erfordernis bei Schriftstellern absehen, die keiner Partei angehören oder im Ausland leben."
(S. 7f.)
© 2001, Mandelbaum, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.