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Ich beuge die Finger meiner rechten Hand einwärts zur Handfläche, bis meine rechte Hand zu einer Faust geballt ist (ein leises Knacken der Gelenke). Mein Daumen liegt jetzt locker auf den übrigen, zu einer Faust eingeknickten Fingern. Jetzt hebe ich die Hand auf die Höhe meines Gesichts und schlage meine Knöchel gegen die Tür des Schlafzimmers: einmal, zweimal, dreimal. Ich neige meinen Kopf, ich lege mein Ohr an das Holz der Tür: aus dem Inneren des Raums dringt kein Geräusch. Die rechte Faust noch erhoben, lasse ich meine linke Hand auf die Klinke der Tür fallen, die nach innen aufschwingt, ohne daß ich ihr einen zusätzlichen Stoß versetzen muß. Ich betrete das Schlafzimmer. Ich höre ein hohes Sirren aus den Wänden; ich höre das Ticken einer hölzernen Uhr als ein Klicken von ausgefahrenen Katzenkrallen auf dem blechernen Fensterbrett. Im Halbdunkel der Abenddämmerung kniet eine Frau mit langem, grell rot eingefärbtem Haar, das in sanften Wellen über ihre weich gerundeten, weißen Schultern fällt, auf meinem zerwühlten Bett. Sie scheint auf ihren Fersen zu sitzen, ihre Arme dicht aneinander gerade zwischen ihren leicht gespreizten Oberschenkeln ausgestreckt, die Hände nebeneinander flach auf die Matratze gestützt, mit weit auseinander gespreizten Fingern. Ihre schweren Brüste werden zwischen ihren Ellenbeugen fest aneinandergequetscht: die weiße Haut spannt sich über das hervorgepreßte Fleisch, von einem Netz aus dünnen, hellblauen Äderchen durchzogen. Ihr Oberkörper schwankt leicht (kaum merklich) vor und zurück, im selben Rhythmus des an- und abschwellenden Tosens der Windstöße in den Blättern des Kastanienbaums vor dem Fenster. Ihre Lippen scheinen sich flatternd zu bewegen (ein leises Schmatzen), als spräche sie lautlos vor sich hin... womöglich ist dies eine optische Täuschung, hervorgerufen vom Schwanken des Schattens meiner noch immer erhobenen Faust auf ihrem Gesicht... Ihre Lider sind halb über ihre Augäpfel gesenkt: vielleicht hat sie eine berauschende Flüssigkeit zu sich genommen: auf dem Nachttischchen neben dem Bett steht ein zur Hälfte mit einer klaren Flüssigkeit gefülltes (halb geleertes) Wasserglas, in dem drei oder vier oder fünf leuchtend rote Blütenblätter einer Blume treiben, an deren Namen ich mich im Augenblick nicht erinnern kann: ein erstickend schwerer Geruch nach nassem Tierfell drückt mir die Augen zu. Ich schließe die Augen; und jetzt erst spüre ich das kühle Metall der Schere in meiner warmen linken Hand. (S. 33)
© 2008 Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten.
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