Die Leiche im Lotosblütenteich.
Mit einem schönen Satz auf den blauen Lippen.
Ich habe einmal einen ertrunkenen, aufgebahrten halbwüchsigen Jungen im Sarg liegen sehen. Er bekam im Lotosblütenteich, zwischen aufgeblühten rosaroten und weißen Lotosblüten, als er nach der Maurerarbeit baden, sich erfrischen wollte, einen Herzanfall und klammerte sich in seiner Todesangst an einem anderen Jungen fest, dem heutigen Schöndarm Pelé. Der Ertrinkende wollte aus dem Wasser gezogen werden oder den anderen mitnehmen auf den Grund des Flusses, der aber konnte sich losstrampeln, die Wasseroberfläche und das rettende Ufer erreichen mit einer Lotosblüte zwischen den Zähnen. Er hat ein Loch im Herzen! sagten die Dorfleute. Sein Leichnam war geschmückt mit blauem und weißem Flieder. Er ist aufgebläht wie ein Kirchtagskrapf! sagten die Dorfleute, als sie ihn im Sarg liegen sahen und Blumen aus dem Garten auf den Toten legten, gelbe und rote Gladiolen, rote und weiße Rosen. Das Aufbahrungszimmer roch nach Flieder und nach verfaulendem Menschenfleisch, und als der schwarzgekleidete Priester mit den schwarzgekleideten Ministranten kam, roch das Aufbahrungszimmer nur mehr nach Weihrauch.
(S. 59)
© 2003, Suhrkamp, Frankfurt am Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.